18 - Eine Taube bringt den Tod
Reiter!«, verkündete er mit gedämpfter Stimme. »Allein, in straffem Galopp.«
Es brauchte nur eine Armbewegung von Bleidbara, und seine Männer gingen auf beiden Seiten des Waldwegs in Deckung. Er selbst und Eadulf verbargen sich im dichten Unterholz. Schon hörten sie das dumpfe Aufschlagen von Pferdehufen auf dem aufgeweichten Boden. Der Reiter saß nach vorn gebeugt, lag fast auf dem vorgestreckten Nacken des Tieres. Er hatte es sichtlich eilig. Schon aus einiger Entfernung erkannte Eadulf an der Kleidung, dass das kein gewöhnlicher Krieger war. Ein bunter Umhang, den er über den Schultern trug, flatterte im Wind, der blanke Helm war verziert, die Rangabzeichen auf dem safrangelben Waffenrock konnte Eadulf jedoch nicht recht erkennen. Er war mit einem Schwert gerüstet, hatte aber weder Schild noch Lanze.
Als der Reiter auf ihrer Höhe war, peitschte Bleidbara sein Pferd nach vorn und versperrte ihm den Weg. Auch die anderen Krieger preschten vor. Das Ross des Fremden scheute und tänzelte kurz auf den Hinterbeinen.
»Aus dem Weg!«, rief der Mann ärgerlich und griff zum Schwert. »Im Namen des Königs, aus dem Weg!«
Bleidbara wich nicht von der Stelle.
»Wer bist du?«, fragte er ruhig.
»Ein Bote von König Alain, unterwegs in seinem Auftrag. Aus dem Weg, sage ich!« Der Tonfall war sehr von oben herab.
»Ich bin der Befehlshaber der Leibwache auf der Burg Brilhag«, tat Bleidbara kund. »Du bewegst dich in gefährlichem Gebiet, mein Freund.«
»Nicht, wenn der mac’htiern von Brilhag meinem König treu ergeben ist«, lautete die Antwort.
»Brilhag ist ihm treu ergeben, aber in den Wäldern hier lauern Feinde.«
»Das brauchst du mir nicht zu erzählen. Ein Stück weiter zurück wäre ich einem Trupp Banditen fast in die Hände gefallen. Sie schossen mit Pfeilen auf mich, aber mein Pferd war schneller als sie. Seid ihr ihnen hinterher?«
»Hast du sie gesehen?«
»Drei Mann, mehr nicht.«
»Wir suchen sie.«
»Haltet euch an diesen Pfad hier. Als ich auf sie traf, schlugen sie in einer kleinen Lichtung an einem Fluss ein Lager auf.«
Die Auskunft machte Bleidbara stutzig.
»Um diese Zeit und ein Lager aufschlagen? Bis es dunkel wird, sind es doch noch ein paar Stunden. Wir könnten mühelos nach Brilhag zurückreiten und kämen immer noch vor der Dämmerung an.«
»Genau dort muss ich hin, im Auftrag des Königs. Treffe ich auf der Burg Königin Riwanon an?«
»Ja«, bestätigte Bleidbara.
»Das ist gut. Ich soll ihr die Nachricht überbringen, dass ihr Gatte, König Alain, morgen vor Einbruch der Dunkelheit in Brilhag eintreffen wird. Mit ihm reiten Lord Canao und ein Begleitschutz von Kriegern.«
»So reite nur zu, mein Freund.« Bleidbara gab ihm den Weg frei.
Kurz darauf tauchte Boric auf, der wieder vorausgeritten war. »Der Bote hatte recht. Auf einer kleinen Lichtung weiter vorn haben drei Männer ihr Lager aufgeschlagen.«
»Warum schon so zeitig? Das verstehe ich nicht«, meinte Bleidbara. »Bis zur Nacht kann man noch ein gut Stück Wegs zurücklegen.«
»Ich fürchte, sie haben ihre Gründe«, entgegnete Boric mit vielsagender Miene. »Die Männer sind nicht allein – sie haben die Kammerzofe von Königin Riwanon bei sich.«
»Dann lebt Ceingar also noch?« Eadulf stellte manchmal überflüssige Fragen.
Der Fährtenleser nickte.
»Eigentlich wollte ich ihnen nur folgen, bis wir wissen, wo sie ihr Lager haben«, sagte Bleidbara nachdenklich. »Aber wenn die Dinge so stehen, müssen wir wohl handeln.«
»Der Meinung bin ich auch«, erklärte Eadulf. »Es gibt nur eins – wir müssen das Mädchen retten.«
»Wie weit ist das?«, fragte Bleidbara, und nachdem er eine genaue Beschreibung bekommen hatte, gab er seinen Kriegern die nötigen Anweisungen. »Wir lassen die Pferde hier und schleichen uns leise zu Fuß heran. Wir umzingeln ihr Lager und unternehmen einen Überraschungsangriff. Wollen hoffen, dass sie es nicht auf einen Kampf ankommen lassen. Seid vorsichtig. Diese Männer gehen erbarmungslos vor und morden, wo sie können.«
Er sah Eadulf an. »Ob du lieber hierbleibst und auf die Pferde achtgibst?«
Eadulf wies den Vorschlag entschieden zurück. »Ich komme selbstverständlich mit.«
Mit gebotener Vorsicht zogen sie los. Auf der Lichtung weiter vorn verriet ihnen das knisternde Geräusch von brennenden Ästen, dass sie sich der richtigen Stelle näherten. Auf ein stummes Signal von Bleidbara hin zerstreuten sie sich links und rechts, um das Lager
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