18 - Eine Taube bringt den Tod
entscheidenden Punkten hatten Krieger der königlichen Leibgarde und der Burg Brilhag Posten bezogen.
Die Stimmung im Saal war äußerst gereizt. Als König Alain sich räusperte, wurde das Raunen in der Menge zunächst stärker und ebbte dann ab. Er begann seine Rede in der Sprache der Einheimischen und erreichte mit seinem angenehmen Bariton auch den Letzten im Raum. Dann sprach er auf Latein weiter.
»Da die meisten von uns des Lateinischen mächtig sind, bitte ich darum, dass wir uns in dieser Sprache verständigen. Wer damit seine Schwierigkeiten hat, möge sich zu jemandem setzen, der die Sprache beherrscht, damit ein jeder dem folgen kann, was gesagt wird. Ich mache dieses Zugeständnis, weil wir einen Gast unter uns haben, der das Plädoyer halten und das auf Latein tun wird, da ihm unsere Sprache fremd ist.«
Fidelma war im Begriff, sich zu erheben, aber Kaourentin kam ihr zuvor, bekundete dem König knapp seine Ehrerbietung und brachte mit kratziger Stimme seine Einwände vor.
»Im Sinne unserer Gesetzgebung, die für die unter deiner Herrschaft stehenden Königreiche gilt, Alain Hir, muss ich gegen die Verfahrensweise Einspruch erheben. Es ist bei uns üblich und auch von alters her stets so gehandhabt worden, dass kein Fremdländischer, und schon gar nicht einer, der unserer Sprache nicht mächtig ist, vor unseren Richtern ein Plädoyer halten, geschweige denn Anklage erheben darf. Ich habe dir gestern Abend nach meiner Ankunft bereits meine Bedenken vorgetragen«, fügte er abschließend in vorwurfsvollem Ton hinzu.
»Du hast gestern Abend deine Einwände wortreich vorgebracht«, räumte Alain von seinem erhöhten Sitz aus ein, »und ich habe sie wohlerwogen. Die außergewöhnlichen Umstände haben mich jedoch zu dem Entschluss gebracht, Fidelma aus Hibernia darlegen zu lassen, warum man ihr zugestehen sollte, hier vor uns zu reden.« Er hob die Hand und ließ damit keine weitere Widerrede zu.
Fidelma stand auf, nickte dem König freundlich lächelnd zu und holte den Amtsstab aus Haselnuss hervor, den ein techtaire oder Botschafter mit sich führt. Sie hatte ihn auf der Ringelgans an sich genommen, nachdem er dem sterbenden Bressal aus der Hand geglitten war, und seither stets bei sich getragen.
»Das hier ist das untrügliche Wahrzeichen eines Botschafters, das wir in Hibernia heilig halten, das aber entweiht wurde. Es fiel Bressal, der als friedlicher Botschafter zu euch kam und ruchlos ermordet wurde, aus der Hand. Seine Mission bestand darin, ein Abkommen zwischen eurem Königreich und dem meinigen zu schließen. Als Schwester meines Bruders Colgú, dem König von Muman im Land Hibernia, übernehme ich jetzt den Stab und die Handlungsvollmacht.«
»Wir erkennen deinen Rang und deine Vollmacht als Gesandte an«, erklärte König Alain.
»Deine Güte und Weisheit sind unermesslich, Alain, König der Bretonen. Ich danke dir«, begann sie. »Darf ich bitte klarstellen, dass ich nicht hier bin, um Anklage zu führen. Ich bin Rechtsanwältin in meinem Land, das bedeutet aber nicht, dass ich auch nach eurem Recht und Gesetz Anklage erheben darf, denn beide sind mir völlig fremd. Ich möchte nur, dass ihr mir gestattet, einige Tatsachen darzulegen, wie sie sich mir offenbart haben. Solltet ihr sie bestätigen und der Meinung sein, dass sie auch nach eurem Recht geahndet werden müssen, will ich alles Weitere euch überlassen. Und zwar dir, Kaourentin, damit du die Sachverhalte entsprechend der Gesetzgebung eures Landes prüfen und ein gerechtes Urteil fällen kannst.«
Argwöhnisch sah sie der Alte an.
»Tatsachen, die du aufgrund deiner Nachforschungen ermittelt hast? Hast du dabei auch die eine oder andere Person befragt?«
»Ja, natürlich.«
»Woher hast du dir das Recht genommen, Leute zu befragen? Auch hier sagt unser Gesetz, dass kein Fremder in eins unserer Königreiche kommen darf, um mit List und Tücke Aussagen zu erpressen und sie dann vor Gericht als Beweismaterial zu nutzen.«
»List und Tücke? Eine merkwürdige Auslegung der Dinge«, meinte Fidelma.
»Wie auch immer, es ist eine Frage unserer Gesetzgebung. Du gibst also zu, dass du nicht berechtigt warst, Nachforschungen dieser Art anzustellen?«
»Ich habe kein Wort davon gesagt, dass ich dazu nicht berechtigt gewesen wäre.« Sie warf Riwanon einen bedeutsamen Blick zu, die daraufhin leicht errötete.
»Sie hatte meine Vollmacht, glaube ich«, verkündete Alain Hirs Gattin.
»Du glaubst , sie hatte deine Vollmacht? Wie
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