18 - Eine Taube bringt den Tod
ist jetzt hier.« Es klang überzeugt. Nach einer kleinen Pause verständigte er sich rasch mit Lowenen. Offensichtlich gab er ihm eine Zusammenfassung ihres Gesprächs. Der Alte blickte betrübt drein und stellte eine Frage.
»Er möchte wissen, was ihr zu tun gedenkt«, übersetzte Bruder Metellus.
Fidelma machte ein ernstes Gesicht. »Ehe wir nicht eine Möglichkeit finden, auf das Festland zu gelangen, sind uns die Hände gebunden. Uns nützt nur ein Hafen, wo wir vielleicht jemand finden, der willens ist, uns zu meines Bruders Königreich zu schaffen. Aber fürs Erste können wir nichts ausrichten, wir stehen bis auf einige wenige persönliche Dinge und die von euch geliehenen Kleider ohne alles da.«
»Wie weit wäre es bis zum nächstgelegenen Punkt auf dem Festland, von wo aus man zu einem Hafen käme?«, fragte Eadulf.
»Nördlich von hier, ungefähr zehn Meilen über das Wasser, liegt die Abtei Gildas«, gab Bruder Metellus rasch zur Antwort. »Der Abt dort ist mein Vorgesetzter. Bei günstigem Wind könnten wir es an einem halben Vormittag schaffen. Ich bin die Strecke mehrfach gesegelt. Wenn ihr euch noch einmal meinem kleinen Boot anvertrauen wollt, können wir uns morgen früh auf den Weg machen. Um heute noch loszufahren, ist es zu spät. Ihr seht ja selbst, der Himmel wird schon dunkel.«
»Ich möchte nicht, dass du dir unseretwegen abermals Beschwerlichkeiten zumutest, Bruder Metellus«, meinte Fidelma zurückhaltend. »Du hast bereits viel für uns getan, hast unser Leben gerettet, als es schon verloren schien.« Ein unbestimmtes Gefühl sagte ihr, dass Bruder Metellus, was das Zeichen anging, das Eadulf am Schiff gesehen haben wollte, seine Vorbehalte hatte. Das Sinnbild der Taube musste für ihn eine Bedeutung haben, und doch hatte er sie beide vor Gefangennahme und Tod bewahrt.
»Ist es nicht genau das, was wir im Dienste Christi tun sollen?« Er winkte achselzuckend ab. »Abgesehen davon ist es an der Zeit, dass ich mich mal wieder auf dem Festland sehen lasse. Die Abtei versorgt mich mit dem Nötigen für meinen Dienst, und ich brauche etliches.«
Rasch wechselte er einige Worte mit Lowenen, ehe er sich ihnen erneut zuwandte.
»Wie ihr seht, lebe ich hier so beengt, dass ich euch nicht für die Nacht beherbergen kann. Aber Onenn, Lowenens Frau, hat eine Bettstatt für euch … Sie gehörte einst ihrem Sohn. Der ist vergangenes Jahr beim Fischen vor Beg Lagad ertrunken. Ich gehe davon aus, ihr …« Verlegen blieb er mitten im Satz stecken.
»Wir können dir versichern, dass wir Mann und Frau, Eheleute sind«, beantwortete Eadulf die ungestellte Frage. »Wir gehören nicht zu denen, die das Zölibat für Klosterangehörige verfechten.«
»So was habe ich mir schon gedacht«, erwiderte der römische Mönch mit einem Stoßseufzer. »Was mich angeht, so glaube ich an die Lehren des heiligen Benedikt. Keuschheit ist ein Zeichen dafür, dass wir es mit dem Glauben ernst meinen.« Er blickte Fidelma an. »Mir ist aufgefallen, dass du dich als Fidelma von Cashel vorstelltest und nicht als Schwester Fidelma. Und Bruder Eadulf hat erwähnt, dass du Anwältin an euren Gerichtshöfen bist. Ist es bei euch statthaft, gleichzeitig sowohl das eine als auch das andere zu tun?«
Fast ein wenig von oben herab erwiderte Fidelma: »Ich bin die Schwester von Colgú, König von Muman, dessen Hauptstadt Cashel ist. Es ist eins der Länder, die die fünf Königreiche von Éireann ausmachen, das Land, das meine Heimat ist. Es ist das größte von den fünf Königreichen«, ergänzte sie nicht ohne Stolz. Von ihren Erfahrungen in Rom her wusste sie, dass man Römern gegenüber am besten eine leichte Arroganz an den Tag legte. »Mein vorrangiges Anliegen ist es, dem Gesetz und meinem Volk zu dienen. Bei uns kann man dieser Berufung nachgehen und gleichzeitig einem Kloster dienen.«
Bruder Metellus neigte den Kopf und schien fast ein wenig amüsiert, als er erwiderte: »Ich bin sicher, ich spreche im Namen unseres Gemeindeältesten Lowenen, wenn ich sage, dass es uns eine Ehre ist, dich und Bruder Eadulf auf unserer kleinen Insel als Gäste beherbergen zu dürfen. Was mich betrifft, so war ich leider nur ein armer Schafhirt auf den Hängen der Monti Sabatini, ehe ich mich entschied, Anhänger Christi zu werden und seinem Pfad zu folgen.«
Fidelma war sich nicht sicher, ob der Mann sich über sie lustig machte oder nicht. Noch ehe sie sich entscheiden konnte, hatte er sich wieder dem Alten zugewandt und ihm
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