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18 - Eine Taube bringt den Tod

18 - Eine Taube bringt den Tod

Titel: 18 - Eine Taube bringt den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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gezimmerten Anlegestelle hatte sich eine Gruppe von Männern, Frauen und Kindern eingefunden, die sie neugierig erwarteten. Ganz offensichtlich hatten sie beobachtet, was sich auf dem Wasser abgespielt hatte.
    Ein älterer Mann begrüßte Bruder Metellus und sprach ihn mit seinem Namen an. Sie wechselten rasch ein paar Sätze, taten das aber so geschwind, dass Fidelma und Eadulf dem Gespräch nicht folgen konnten.
    Sie hatten am Landesteg angelegt. Hände streckten sich ihnen entgegen, um ihnen aus dem Boot zu helfen, während Bruder Metellus das kleine Gefährt festmachte.                 
    »Kommt, wir dürfen keine Zeit verlieren«, sagte er kurz angebunden, »Wir müssen euch in Sicherheit bringen.«
    »Und was geschieht mit unseren Verfolgern? Sollten wir uns nicht auf eine Verteidigung einstellen?«, drängte Fidelma und schaute aufs Meer, wo die Ruderer in bedrohlicher Nähe zu sehen waren.
    »Willst du die Mannschaft des Banditen dort herausfordern? Nein, um uns gegen die zur Wehr zu setzen, müssen wir uns etwas anderes einfallen lassen«, erwiderte Bruder Metellus grimmig und führte sie durch eine Häusergruppe in Hafennähe, die den Inselbewohnern als Wohnstätte diente.
    Weit waren sie noch nicht gekommen, als vom Wasser her Signale zu ihnen hinüber hallten. Es klang wie eine Reihe aufeinanderfolgender Trompetenstöße.
    Stirnrunzelnd blieb Bruder Metellus stehen, kletterte mit erstaunlicher Behändigkeit auf eine Granitmauer und hielt von erhöhtem Standpunkt Ausschau aufs Meer.  
    »Was gibt es?«, fragte Eadulf.
    »Eure Verfolger rudern nicht weiter … tatsächlich, sie machen kehrt. Die Trompete oder das Horn wird für sie ein Signal gewesen sein.« Er blickte zum Himmel, als wollte er sich den Wind über das Gesicht fächeln lassen. »Der Wind dreht, und bald fällt die Tide … Vermutlich ruft der Kapitän seine Leute zurück, damit das Schiff nicht in den Gezeitenwechsel gerät.«
    »Gibt es einen Standort, von dem aus wir sehen können, was geschieht?«, fragte Fidelma. Ihre Stimme war ruhig und ohne innere Erregung, wenngleich Eadulf ihr ansah, dass ihr der Schreck über den miterlebten kaltblütigen Mord an ihrem Vetter und dem Kapitän noch in den Gliedern steckte.
    Bruder Metellus nickte und sprang leichtfüßig von dem Steinwall. »Kommt. Die Insel ist ziemlich flach, es gibt kaum eine Erhebung, die sich als Aussichtspunkt anbietet; dafür haben wir aber …« Er wies auf einen Bau mit zwei Stockwerken, der die anderen Gebäude der Insel überragte. »Das ist unsere Kapelle, und wir sind dabei, einen Turm als Ausguck draufzusetzen«, erläuterte er.
    Sie traten ein und folgten Bruder Metellus über eine hölzerne Leiter nach oben. Einen Gesamtüberblick auf das Meer hatten sie von dem halbfertigen Aufbau nicht, aber sie konnten dennoch die große Bucht sehen und dahinter, gerade noch mit bloßem Auge wie ein schwarzer Punkt zu erkennen, das Ruderboot, das den beiden großen Schiffen zustrebte. Sie machten die vertrauten Umrisse der Ringelgans aus und daneben das dunklere Schiff, das sie angegriffen hatte. Beide lagen dicht beieinander. Sie hatten den Eindruck, das feindliche Gefährt erbebte, die Segel wurden gesetzt, und langsam löste es sich von dem besiegten. Die Ruderer waren bei der Ringelgans angelangt. Einzelheiten waren bei der Entfernung nicht zu erkennen, aber sie konnten sich gut vorstellen, dass die Männer an Bord geklettert waren und das Boot hochgehievt wurde. Dann blähten sich auch diese Segel, und das Schiff nahm zögernd – seinem Widersacher folgend – Fahrt auf.
    »Sie machen sich davon«, murmelte Bruder Metellus befriedigt. »Richtung Nordwest. Fürs Erste seid ihr sicher.«
    »Sicher!« Fidelma wiederholte das Wort voll bitterer Ironie.
    Erstaunt zog Bruder Metellus die Augenbrauen hoch, doch Eadulf klärte ihn auf: »Sie haben den Kapitän unseres Schiffes und etliche seiner Mannschaft buchstäblich abgeschlachtet; selbst Fidelmas Vetter, Bressal von Cashel, der als Gesandter bei eurem König, Alain Hir, war, haben sie gnadenlos niedergemetzelt. Dass er seinen Amtsstab vorweisen konnte, hat sie überhaupt nicht gerührt. Ungeheuerlich ist das.«
    Schweigend überdachte Bruder Metellus das Gehörte und gab einen tiefen Seufzer von sich.
    »Ich glaube, ihr solltet erst einmal mitkommen, damit wir euch mit trockenen Sachen versorgen können. Auch ein Schluck zu trinken täte euch gut, um den Nachgeschmack des Meerwassers aus dem Mund zu spülen.

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