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18 - Eine Taube bringt den Tod

18 - Eine Taube bringt den Tod

Titel: 18 - Eine Taube bringt den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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ihr Ohr. Schweigend saß Fidelma auf dem Bettrand und betrachtete sinnend den weißen Haselnuss-Stab, den sie hatte retten können, den Amtsstab ihres Vetters Bressal. Sie drehte und wendete ihn in ihren Händen und legte ihn endlich neben der Bettstatt ab.  
    »Ich glaube, das Symbol mit der Taube bedeutete Bruder Metellus irgendetwas«, unterbrach sie plötzlich die bedrückende Stille, die sich zwischen sie gelegt hatte.
    Ihre Feststellung überraschte Eadulf, ergab sie sich doch lediglich aus dem Ausdruck, den sie für einen kurzen Moment auf dem Gesicht des Römers zu erkennen geglaubt hatte. Er war nichtüberzeugt und fragte deshalb zurück: »Bist du dir sicher?«
    Ohne auf seine Frage einzugehen, fuhr sie fort: »Dir ist doch klar, dass ich nicht eher nach Cashel zurückkehren kann, als bis ich den Mörder meines Vetters ausfindig gemacht und ihn vor Gericht gebracht habe. Auch kann ich Murchads Mannschaft auf der Ringelgans nicht einfach im Stich lassen, den jungen Wenbrit und die anderen, die sie gefangen genommen haben, wenn ihnen nicht gar Schlimmeres widerfahren ist.«
    Er hatte längst befürchtet, was ihr durch den Kopf ging, und sah sie ernst an.
    »Vielleicht ist es zunächst wichtiger, nach Hause zu gelangen, heim zu Alchú, unserem Sohn, und zu deinem Bruder, der größere Macht hat, der Sache nachzugehen. Er könnte Krieger, eine Abordnung zum König der Bretonen entsenden; die sind allemal besser in der Lage, die Mörder dingfest zu machen.«
    Fidelma schüttelte entschieden den Kopf. Ihr Gesicht verriet Entschlossenheit.
    »Ich nehme mir das nicht leichtfertig vor. Natürlich ist es wichtig, so rasch wie möglich nach Hause zu unserem Sohn zu gelangen. Viel zu lange sind wir schon fort. Aber überlege doch mal, welche Schande ich auf mich laden würde, wenn ich heimkehre und nicht das Geringste unternommen habe, um herauszufinden, wer hinter dieser grauenvollen Tat steckt. Die Spötter würden über mich herfallen und erst recht über meinen Bruder, den König. Man könnte ihn sogar zwingen, abzudanken … der Zweig unserer Dynastie, der Eóghanacht, wäre gebrandmarkt für immer und ewig.«
    Eadulf hatte lange genug in den fünf Königreichen gelebt, um Fidelmas Vorstellungen nicht als übertrieben abzutun. Er kannte die tief verwurzelte Vorstellung ihres Volkes, dass die Ehre eines jeden, nämlich das, was man enech , das »Gesicht«, nannte, in keiner Weise beschmutzt werden durfte. Wenn man etwas Schandbares beging, könnte ein Barde, so glaubte man, Spottverse schreiben, die einem Schamröte ins Gesicht trieben, und die roten Flecken würden für jedermann sichtbar bleiben. Eine solche Verspottung konnte Menschen sogar den Tod bringen. Selbstverständlich war Eadulf überzeugt, dass Fidelma nicht an die übernatürlichen Kräfte von Dichtern glaubte, aber bevor der Neue Glaube im Land um sich griff, war der Aberglaube weit verbreitet, und immer noch gab es viele, die daran festhielten, auch wenn andere den Gedanken mit halbherzigem Humor verdrängten. Selbst in den Gesetzen, für die Fidelma als Anwältin eintrat, stand geschrieben, das Verfassen eines ungerechten Spottgedichts sei mit Geldbuße oder anderen Strafen zu ahnden. Auch war es rechtswidrig, eine Person nach ihrem Tod zu verspotten. Handelte es sich jedoch um eine gerechtfertigte Satire, musste ein König oder Adliger den Spott über sich ergehen lassen; brachten sie den Barden vor Gericht und das Gericht entschied, dass dessen Worte der Wahrheit entsprachen, büßten die Kläger ihren Ehrenpreis ein.
    Eadulf war klug genug, sich nicht kritisch zu Fidelmas Ehrauffassung zu äußern. »Was gedenkst du also zu tun?«, fragte er stattdessen.
    Unschlüssig zuckte sie mit den Schultern.
    »Irgendjemand an den Ufern hier muss doch etwas wissen über das Schiff, das uns angegriffen hat. Ich warte den rechten Zeitpunkt ab und frage dann Bruder Metellus, wie er die Taube deutet. Es gibt bestimmt jemand, der weiß, in welche Richtung die Schiffe gesegelt sind oder wohin man die Ringelgans geschleppt hat.«
    »Das Meer ist leider groß.«
    »Wir haben schon größere Gefilde abgesucht und sind erfolgreich gewesen.«
    Eadulf verkniff sich einen Seufzer. Er konnte so viele Bedenken äußern, wie er wollte, sie würde keines gelten lassen. Das wusste er. Hatte sie sich erst einmal entschieden, blieb sie dabei, ungeachtet aller Schwierigkeiten.
    »Sowie wir morgen das Festland betreten, wirst du vermutlich als Erstes in der Abtei St. Gildas

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