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18 - Eine Taube bringt den Tod

18 - Eine Taube bringt den Tod

Titel: 18 - Eine Taube bringt den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Seelen der Toten auf ihre Überfahrt in die Anderswelt«, verkündete er feierlich.
    Eadulf lief es kalt den Rücken herunter, während es um Fidelmas Mundwinkel nur zuckte.
    »Und wenn wir es wagten, nachts herauszugehen, würden wir dann Geistern begegnen?«, fragte sie unschuldig.
    Iarnbud schüttelte den Kopf. »Seit Anbeginn der Zeit kennen die Fischer, die an diesen Küsten leben, den Kurs in die Anderswelt«, belehrte er sie. »Die Fischer spüren, an welchem Tag es ihnen zufällt, eine heilige Pflicht zu erfüllen. Um Mitternacht des bestimmten Tages pocht es an ihre Tür, und sie müssen zur Küste gehen. Dort erblicken sie seltsame Boote; es sind nicht ihre Boote, sondern fremde, leere Gefährte. Sie müssen sie besteigen und die Segel setzen, und selbst wenn es keinen Wind gibt, entsteht ein unerklärlicher Lufthauch und treibt sie hinaus auf die See und an der Küste entlang nach Westen zu einem Ort, den wir Bae an Anaon nennen.«
    »Die Bucht der Seelen«, übersetzte Bruder Metellus. »Sie soll am äußersten Ende des Königreichs Bro-Gernev liegen, das an unsere Westgrenze stößt.«
    Iarnbud stimmte dem bedächtig zu. »Dort ist es unheimlich; die Stadt Ker Ys versank da in den Wogen, nachdem Abt Winwaloe ihre Bewohner wegen ihres Festhaltens am alten Glauben verflucht hatte.«                  
    Nur mit Mühe konnte Fidelma an sich halten angesichts all der ernsten Mienen. »Dieser Abt muss ungemein mächtig gewesen sein, wenn es ihm gelang, mit einem Fluch eine ganze Stadt zu ersäufen«, stellte sie nichtsdestotrotz fest.
    Iarnbud rügte ihre ungebührliche Äußerung mit ärgerlichem Schnauben. »Er war der Sohn Fracans, eines Fürsten von Dumnonia in Britannien, der vor den Sachsen aufs Festland fliehen musste. Die große Abtei Landevenneg im Reiche Bro-Gernev wurde von ihm gegründet.«
    »Was hat das mit der Bucht der Seelen zu tun?«, ereiferte sich Eadulf, den jede Beschuldigung seiner Landsleute reizte.
    Diesmal lächelte der Kelte fast hämisch. »Ich will damit nur sagen, dass die Bucht geheimnisvoll ist, es gibt dort rätselhafte Strömungen unter den Wogen und dunkle Mächte über ihnen. Die Flut bricht mit so sagenhafter Gewalt herein, dass Schiffer diese brodelnden Gewässer meiden.«
    »Aber wo ist der Zusammenhang mit deiner Warnung, wir sollten nächtens nicht an den Strand hier gehen?«, drängte Fidelma voller Ungeduld. Iarnbuds Bestreben, die Geschichte dramatisch auszuschmücken, konnte sie nichts abgewinnen.
    In dessen bleichem Gesicht zuckte es schmerzlich. »Dazu komme ich gleich«, erwiderte er unwirsch.
    »Du hast von den Fischern gesprochen, die von einem seltsamen Wind in die Bucht der Seelen getrieben werden«, gab Bruder Metellus das Stichwort und grinste Fidelma an.
    Iarnbud presste die Lippen zusammen; er war vergrätzt, dass die Zwischenrufe seiner Erzählung die Spannung nahmen.
    »Sobald sich die Fischer der Bucht der Seelen nähern, hören sie gedämpfte Stimmen, und ihre Boote werden schwerer, so schwer, dass das Schanzkleid der Boote kaum einen Fingerbreit über der Wasserlinie steht. Doch ist niemand in den Booten zu sehen, und die Gefährte werden westwärts getrieben, so rasend schnell, dass sie binnen kurzem anlegen können. Sie kommen an eine Stelle, wo eigentlich kein Land sein dürfte, und doch geraten sie an eine Insel, und bald werden die Boote leichter, so leicht, als wären sie leer. Und während die Boote sich heben, hören die Bootsführer eine Stimme, die die Unsichtbaren auffordert, ihre Namen zu nennen – und Männer, Frauen, Kinder sagen, wie sie heißen. Sie alle sind die Seelen der Toten, die ihre Zeit abgewartet haben, bis die Todesgötter sie in die Anderswelt befördern, auf die Insel der Seligen. Dann kommt wieder Wind auf, die Schiffe fahren zurück, die Fischer gehen von Bord und nach Haus, und die sonderbaren Schiffe verschwinden bis zum nächsten Mal, wenn die Fischersleute an dieser Küste aufgefordert werden, wiederum die Seelen der Toten zu befördern.«
    Mit einem tiefen Seufzer beendete Iarnbud seine Geschichte und lehnte sich zurück.
    Eadulf lachte auf. »Mir scheint, die Fischer sind in der Geschichte völlig überflüssig. Wenn diese Mächte der Finsternis die Schiffe und den Wind bereitstellen, um die Seelen in die Anderswelt zu befördern, und auch die Rückfahrt sichern, warum benötigen sie dann lebendige Fischer, um ihre Boote zu bemannen? Diese Mächte könnten die Angelegenheit doch mit ihren eigenen

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