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18 - Eine Taube bringt den Tod

18 - Eine Taube bringt den Tod

Titel: 18 - Eine Taube bringt den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Fehler, die Unterhaltung zu beleben. Wenn wir alle nur dasitzen und mit allem einverstanden sind, wäre das doch sehr langweilig.«
    »Unsere großen Lehrer haben Wissen vermittelt, indem sie mit gegensätzlichen Meinungen die Studierenden herausforderten, sie zu widerlegen«, ergänzte Iarnbud.
    »So ist man auch in unserem Lande verfahren«, bestätigte Fidelma. »Doch gelegentlich behindert dieses Vorgehen den Wahrheitssucher, der auf Tatsachen angewiesen ist.«
    Iarnbud lehnte sich in seinem Armsessel zurück und betrachtete sie einige Augenblicke prüfend. »Die Tatsachen sind ganz einfach. Der Neue Glaube breitet sich im Lande aus. Die Fürsten haben ihn sich zunutze gemacht, und es sind große Zentren entstanden wie die Abtei hier, die Gildas errichtete. Diese Zentren des Neuen Glaubens bestimmen nun das Leben der Menschen. Doch Glaubensvorstellungen, die tausend Jahre bestanden, lassen sich nur schwer ausmerzen. Die alten Götter und Göttinnen leben weiter in den Tiefen der großen Wälder nördlich von hier, immer noch werden sie verehrt, und man betet zu ihnen. Auch diejenigen, die heute Christus folgen und das Knie beugen vor seinen Symbolen, respektieren in ihrem Denken die alten Götter und die Bräuche der Vorfahren.«
    Eadulf fühlte sich unbehaglich. In seiner Jugend war er mit den Göttern der Sachsen aufgewachsen, mit Wodan, Donar, Tyr und Freya, bis ein Wandermönch aus Hibernia ihn zum Neuen Glauben bekehrt hatte. Doch in Zeiten starker Erregung rief auch er die alten Götter an. Gegen Iarnbuds Darlegung ließ sich nichts einwenden.
    Der spürte das Unbehagen des Angelsachsen und lächelte vielsagend. »Du verstehst mich wohl recht gut, Sachse«, brummte er und wandte sich an Fidelma. »Du bist zu Schiff hierher gereist. Ist dir aufgefallen, wie sich Seeleute und Fischer verhalten? Haben sie den Glauben aufgegeben, dass ihnen die alten Götter des Meeres Schutz gewähren? Gewiss nicht. Sie verehren sie und opfern ihnen, besonders der Mondgöttin, der Beherrscherin der Meere. Aus Furcht vor ihr nennen die Seeleute sie nicht einmal bei ihrem wahren Namen, sobald sie die Schiffsplanken betreten.«
    Fidelma räumte ein, dass das auch auf die Fischer in ihrer Heimat zutraf. Viele verhüllende Namen wurden als Umschreibungen für die Mondgöttin gebraucht, zum Beispiel »Die Strahlende«, »Die Glanzvolle«, »Die Königin der Nacht« oder »Die prächtige Stute«. Es fröstelte sie, und sie schaute sich um. Ob Iarnbud sie insgeheim auslachte?
    Eadulf war bemüht, seine gereizte Stimmung zu überspielen. »Was kümmert uns das heute! Fast alle haben jetzt den Neuen Glauben angenommen.«                  
    »Der Neue Glaube ist nichts als ein Deckmantel, unter dem sich die Anhänglichkeit zum Althergebrachten verbirgt«, behauptete Iarnbud und sah Eadulf an. »Als deine sächsischen Horden auf der Insel Britannien landeten, hatten die Britannier sich längst zum Neuen Glauben bekehrt und haben euch anfänglich willkommen geheißen und wollten mit euch über Frieden reden, nach dem Glaubensgebot ›Du sollst nicht töten‹. Doch deine Leute haben ihren Schlachtengott Wodan angerufen, haben sie niedergemacht oder außer Landes getrieben.«
    Eadulf biss die Zähne zusammen. »Bin ich verantwortlich für die Taten meiner Vorfahren?«, murmelte er. »Ich lebe hier und heute.«
    »Und die sächsischen Königreiche bekehren sich jetzt alle zum Neuen Glauben«, unterstützte ihn Fidelma.
    Iarnbud musste lachen. »O ja, von den Mönchen aus Hibernia wurden sie bekehrt. Hast du jemals erlebt, dass Britannier die Sachsen bekehren? Die Britannier sind da klüger. Eines Tages werdet ihr Hibernier das noch bereuen.«
    Trifina räkelte sich träge und gähnte. »Ihr müsst mich bitte entschuldigen«, sagte sie und erhob sich. »Es wird spät, und ich muss mich zurückziehen.« Sie blickte in die Runde und entschwand.
    Eadulf wartete, bis ihre Tritte auf den Stufen verhallt waren, und fragte dann Iarnbud: »Was hast du im Sinn mit deiner Äußerung, die Britannier wären klüger?«
    »Als Gregor, der Bischof von Rom, den Benediktiner Augustinus nach Britannien entsandte, um die Angelsachsen zu bekehren – keine hundert Jahre ist das her –, hielt der es für angebracht, die Bischöfe der Britannier zu sich zu rufen. Augustinus war ein hochmütiger Kerl und glaubte, was die Sachsen ihm über die Britannier erzählten, nämlich, dass sie unzivilisierte Wilde seien. Er schlug sein Lager im Grenzgebiet

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