18 - Eine Taube bringt den Tod
es nicht gewollt«, begann sie zerknirscht. Er griff nach ihrer Hand. »Ich weiß. Du hast es mir am Ufer gesagt, nachdem sie mich aus dem Wasser geholt hatten.«
»Ich hab nur getan, was ich für das Beste hielt.«
»Audaces Fortuna iuvat.« Er seufzte. Fortuna begünstigt die, die etwas wagen. »Mitunter stimmt es, doch mitunter … Haben wir uns jetzt Schwierigkeiten eingehandelt?«
Fidelma war immer noch entsetzt, dass ihr hartnäckiges Bestehen auf ihrem Vorhaben Eadulf beinahe umgebracht hätte. Dass sie selbst dabei auch fast ertrunken wäre, schob sie beiseite. Sie hatte sich an ein Trümmerstück des Boots klammern können, bis ihr die Krieger zu Hilfe kamen. Jetzt wollte sie sich die Aufwallung ihrer Gefühle nicht anmerken lassen und versuchte mit einem Blick auf die Brühe abzulenken. Die war noch warm.
»Nein«, sagte sie nur knapp. »Aber du hast noch gar nichts gegessen«, schimpfte sie und hielt ihm die Schale hin, doch er zog ein Gesicht. Daraufhin brachte sie den Löffel an seine Lippen, so, wie man ein Kind füttert. Er gehorchte, öffnete den Mund und ließ sich die warme Flüssigkeit einflößen. Sie begann, ihm das Wesentliche von ihrem Gespräch mit Trifina zu erzählen.
»Glaubst du, sie war ehrlich?«, fragte Eadulf.
Fidelma legte Schale und Löffel beiseite. »Ja, soweit ich mich auf mein Gefühl verlassen kann. Ihre Überraschung war nicht gespielt, als ich ihr von Iuna und Iarnbud erzählte. Geht es dir jetzt besser?«
»Ich kann aufstehen. Die Kopfschmerzen waren übel, doch dank der Mixturen und des Tranks von dem Arzt hier fühle ich mich recht gut.«
»Mutest du dir auch nicht zu viel zu?«
»Ich mag nicht sinnlos im Bett liegen, schon gar nicht, wenn wir handeln müssen.«
»Trifina hat uns trockene Kleidung geschickt.« Sie grinste spitzbübisch. »Wird es uns zur Gewohnheit, in geborgte Sachen zu steigen, weil unsere eigenen im Meer durchnässt wurden?«
»Auf ein drittes Mal sollten wir verzichten«, erwiderte Eadulf mit gespieltem Ernst. »Noch einmal stehe ich das nicht durch.«
Fidelma stand auf und spähte aus dem Fenster, das nach Osten ging, wie sie aus dem Stand der Sonne schloss. Sie blickte über einen schmalen, sandigen Uferstreifen und über einen Wasserarm zu einer anderen Insel, hinter der weitere Eilande aufragten. Dieses »Kleine Meer«, wie die Einheimischen das Morbihan nannten, war voller Inseln. Auf irgendeine davon konnten sich Iuna und Iarnbud geflüchtet haben. Doch warum? Sie atmete tief durch und machte so ihrem Unmut Luft.
Eadulf zog die trockenen Sachen an, wenn das auch nicht so behände ging wie sonst. Er war noch reichlich geschwächt. »Stecken wir wieder in einer Sackgasse?«, fragte er.
»Nicht unbedingt«, beruhigte sie ihn. »Dass Iuna und Iarnbud gemeinsam aufgebrochen sind, muss seinen Grund haben, den gilt es herauszubekommen. Es ist noch hell genug, da werde ich ein wenig die Umgebung hier erkunden. Zwar glaube ich, Trifina war aufrichtig, aber sich zu vergewissern kann nicht schaden. Die Buchten und Winkel abzulaufen, in denen sie sich verstecken könnten, dauert nicht lange.«
Eadulf stöhnte. »Auch wenn ich mich schon besser fühle, zum Inseln erkunden bin ich noch nicht imstande.«
Fidelma sah ihn mitfühlend an. »Bleib in der Villa. Die Insel ist klein, ich bin bald wieder da.«
Vorsichtig trat sie aus dem Zimmer, es konnte ja sein, dass einer der Diener sich in der Nähe aufhielt und auf ihre Wünsche wartete. Doch weit und breit war niemand zu sehen, so ging sie die Treppe hinunter ins Erdgeschoss, den Korridor entlang bis zur Tür, die in den Innenhof führte, von dem aus Trifinas Gemach zu erreichen war. Die war angelehnt, und sie hörte Stimmen. Bekannte Stimmen. Sie blieb stehen und schaute achtsam den Korridor entlang, ob sie von jemandem beobachtet würde. Obwohl man drinnen in der Sprache der Bretonen miteinander redete, erkannte sie die Weisungen erteilende Stimme Trifinas. Sie wäre hineingegangen, aber eine zweite, ihr ebenfalls vertraute Stimme hielt sie zurück. Fidelma war sich ziemlich sicher, wer der andere Sprecher war, dennoch spähte sie durch den Spalt zwischen Türblatt und Türpfosten – tatsächlich, es war Bleidbara. Der junge Krieger schaute ernsthaft drein. Die Situation war eindeutig, Trifina gab ihm Aufträge. Er schien einige Zwischenfragen zu stellen und nickte zu der Antwort. Dann beendete der junge Mann die Unterredung, beugte sich zu Fidelmas Überraschung vor und küsste Trifina in
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