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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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wil­len, wer ist denn je­ner Ent­setz­li­che, der Sie so pei­nigt«, frag­te ich. »Lebt er in Ih­rer Um­ge­bung?«
    »Das kann ich Ih­nen nicht be­ant­wor­ten, – er ist – tot, lan­ge tot.«
    »Tot?« frag­te ich. »Aber beim Teu­fel – –«
    »Ja, tot!« un­ter­brach mich Ro­sen. »Das weiß ich ge­wiß. Ein buck­li­ger, klei­ner, elen­der Schuft war’s. Ich leb­te da­mals in Genf. Ich ver­kehr­te in ei­nem spi­ri­tis­ti­schen Klub, da war er da­bei, und er lief mir nach, er dräng­te sich an mich, ver­folg­te mich förm­lich, zwang mich zu al­lem, was er woll­te, wenn er mir mit der lan­gen, wei­ßen Hand über den Arm strich. Sie, wis­sen Sie, er hat mich zum Dieb ge­macht! – Sag­te er mir: ›Sie wer­den mor­gen das und das tun, das und das für mich steh­len‹, dann tat ich’s, dann stahl ich, oh­ne zu über­le­gen, macht­los. Um­sonst ver­such­te ich ge­gen ihn an­zu­kämp­fen. Da floh ich ei­nes Ta­ges fort. Ich ver­steck­te mich vor Be­kann­ten, Freun­den, vor al­ler Welt, um ihm und sei­nem Ein­fluß zu ent­ge­hen. Ich nahm so­gar einen an­dern Na­men an, kauf­te dies ein­sa­me Gut mit­ten im Wald und ver­ließ es nicht mehr, aus Angst, ich könn­te ihm drau­ßen ir­gend­wo be­geg­nen.
    Und – ich bin ihm doch noch ein­mal be­geg­net.«
    Er brach ab, sprang auf, blick­te sich um, durch­maß das Zim­mer, die Waf­fe in der Rech­ten, blieb plötz­lich hor­chend ste­hen, leg­te das Ohr an die Tür, such­te mit fun­keln­den Au­gen un­ter je­dem Mö­bel um­her und flüch­te­te dann end­lich wie­der an mei­ne Sei­te, in­dem er sich mit der Hand über die Stirn wisch­te.
    Nun wur­de mir noch un­heim­li­cher in der Nä­he des Man­nes, der in sei­nen Wahn­ge­bil­den die Rück­kehr ei­nes längst Ver­stor­be­nen fürch­te­te. Sag­te ich mir auch, daß ich es mit ei­nem Irr­sin­ni­gen zu tun hät­te, so teil­te ich doch merk­wür­di­ger­wei­se die Angst je­nes Un­glück­li­chen. Trotz­dem zwang ich mich in gleich­gül­tigs­tem Ton zu be­mer­ken:
    »Ich wer­de Ih­nen hel­fen. Er­klä­ren Sie mir nur, ob Sie sich wirk­lich vor dem To­ten fürch­ten. Wol­len Sie et­wa an Spuk glau­ben?«
    »Nicht ihn selbst fürch­te ich, den To­ten, nur sei­ne Hand, sei­ne fürch­ter­li­che Hand! Den Buck­li­gen, den schwa­chen Zwerg brau­che ich nicht mehr zu fürch­ten. Aber die­se Hand! Schwö­ren Sie mir zu schwei­gen?«
    Ich nick­te.
    »So hö­ren Sie. Ich bin der Welt ge­gen­über ver­lo­ren, wenn Sie et­was sa­gen, die Leu­te wür­den mich dann für einen Ver­rück­ten oder einen Ver­bre­cher hal­ten. – Aber – es ist viel­leicht al­les gleich. – Hor­chen Sie! Dort ist es schon wie­der, das wei­ße Tier! Jetzt ist’s im Ka­min, ganz be­stimmt im Ka­min!«
    Bei die­sen Wor­ten stürz­te sich Ro­sen an den Holz­korb und warf mit fie­ber­haf­ter Hast ein Kie­fern­scheit nach dem an­dern in die von neu­em auf­lo­dern­de Glut. Ich hör­te nichts an­de­res als das Knacken und Pras­seln des fri­schen Hol­zes und das Zi­schen der Flam­men. Die un­heim­li­che Ge­schäf­tig­keit des Un­glück­li­chen steck­te an. Ich half ihm, und wir war­fen den gan­zen In­halt des Kor­bes ins Feu­er, so daß die Flam­men hoch auf­sprüh­ten.
    Jetzt hat­te Ro­sen zum ers­ten­mal selbst das wei­ße Tier er­wähnt, von dem schon sei­ne Die­ner ge­spro­chen. Was moch­te das sein? Wie kam es in den Vor­stel­lungs­kreis sei­nes kran­ken Hir­n­es, dies ge­spens­ti­sche Tier, des­sen Na­me ihn er­zit­tern mach­te, das so­gar durch die Flam­men zu ihm drin­gen woll­te, und das er nun in ei­nem An­fall von Wut zu ver­bren­nen be­müht war.
    Wie­der horch­ten wir zu­sam­men nach ir­gend­wel­chen Lau­ten, ge­spannt wie ei­ne Schild­wa­che, die in der Nacht das Her­an­schlei­chen ei­nes Fein­des er­war­tet. Bei Gott, hät­ten aus dem Ka­min Schreie ge­klun­gen, Heu­len, Win­seln ei­nes ver­bren­nen­den Tiers, ich hät­te mich nicht ge­wun­dert.
    »Wie das lo­dert! Wie das brennt!« frohlock­te Ro­sen grim­mig. »Ob es dem wi­der­stehn kann?«
    Er hat­te vor dem Ka­min ge­kniet, nun stand er auf. Mit has­tig her­vor­ge­sto­ße­nen Wor­ten, im­mer wie­der sich un­ter­bre­chend und um sich spä­hend, be­rich­te­te er

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