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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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kurz:
    »Ich floh aus Genf, reis­te hin und her, ver­steck­te mich end­lich hier. Meh­re­re Jah­re ver­gin­gen, schon glaub­te ich mich vom Buck­li­gen be­freit zu ha­ben, kann­te doch kei­ner mei­ner Freun­de mein Ver­steck. Da ei­nes Abends, es sind heu­te ge­ra­de sieb­zehn Jah­re her, packt mich plötz­lich ei­ne selt­sa­me Un­ru­he. Ich hö­re je­mand kom­men, die Tür öff­net sich, ich wen­de mich um, der Buck­li­ge steht hin­ter mir. Al­lein, un­an­ge­mel­det war er ins Zim­mer ge­langt. Ich ahn­te vor­her, daß er kom­men wür­de, ich fühl­te durch Stun­den sein Na­hen am ma­gne­ti­schen Ein­fluß. Sei­ne Au­gen, sein tri­um­phie­ren­des La­chen ver­rie­ten mir, daß er mich aber­mals zu ir­gend­ei­nem ver­bre­che­ri­schen Plan be­nut­zen woll­te. Dar­um streck­te er auch wie­der die Hand nach mir aus, mich von neu­em in die Ge­walt sei­nes Wil­lens zu brin­gen.
    Da sprin­ge ich auf und flüch­te hin­ter den Tisch und sto­ße die­sen ge­gen den Ein­dring­ling. Ich konn­te mei­ne Leu­te nicht zu Hil­fe ru­fen, sie wa­ren al­le zu­fäl­lig an je­nem Abend, es war Sonn­tag, zum Tanz in den Krug ge­gan­gen. Der Buck­li­ge hat­te es si­cher so ab­ge­paßt, um mich mut­ter­see­len­al­lein an­zu­tref­fen.
    Das Scheu­sal sprang be­hend wie ei­ne Kat­ze hin­ter dem Tisch her­vor und faß­te mit sei­nen Af­fen­fin­gern nach mei­nem Arm.
    ›Neh­men Sie sich in acht‹, schrie er, ›Sie sind mein, dies­mal las­se ich Sie nicht wie­der los!‹
    Da rei­ße ich die Waf­fe von der Wand und haue mit al­ler Kraft nach die­ser Hand. Der Un­hold fuhr mit ei­nem Schrei zu­rück. Ich hat­te, oh­ne es zu wol­len, mit ei­nem Hie­be die Hand vom Arm ge­trennt. Als ich das Blut sah, die vor Wut und Schmerz ver­zerr­te ab­scheu­li­che Frat­ze, da warf ich mich in jä­her Ver­zweif­lung vollends auf ihn und stieß ihm, ehe er aus­wei­chen konn­te, den Stahl in den Leib. Dann riß ich den Buck­li­gen em­por, pack­te ihn und warf ihn mit­ten in die hoch auf­lo­dern­den Flam­men des Ka­mins. Rasch häuf­te ich al­les Holz auf den Leich­nam. Ich knie­te vor dem Feu­er nie­der und ruh­te nicht eher, als bis der letz­te Rest die­ses fürch­ter­li­chen Men­schen ver­brannt war, der mich jah­re­lang ge­quält, der mich ru­he­los um­her­ge­trie­ben und nun – zum Mör­der ge­macht hat­te. – Reue emp­fin­de ich nicht über mei­ne Tat. Ihm ist nur recht ge­sche­hen, er hat­te sein En­de hun­dert­fach ver­dient.
    Als das Feu­er nie­der­ge­brannt war, sam­mel­te ich sorg­fäl­tig al­le Kno­chen­res­te, um sie in ei­ner Kis­te zu ber­gen und zu ver­nich­ten. Ich fand sie al­le, al­le, es war ei­ne schreck­li­che Ar­beit. Nur die rech­te Hand fehl­te. Ich wand­te mich um, such­te im Zim­mer, sie war ver­schwun­den. Ich muß­te sie al­so auch ins Feu­er ge­wor­fen ha­ben und hat­te das viel­leicht in der Auf­re­gung die­ser Mi­nu­ten ver­ges­sen. Noch ein­mal durch­such­te ich den gan­zen Ka­min, je­des Aschen­häuf­chen, nichts! Im­mer nichts! Da faß­te ich mich an die Stirn und mein­te wahn­sin­nig zu wer­den.«
    Der Kran­ke beug­te sich zu mir und starr­te mir ins Au­ge.
    »Se­hen Sie, je­ne Hand, je­ne furcht­ba­re Hand ist al­so nicht mit ver­brannt. Sie ist heim­lich, ge­räusch­los fort­ge­kro­chen, wäh­rend ich am Ka­min be­schäf­tigt war. Sie ist flüch­tend in ir­gend­ei­ne Ecke ge­rannt, viel­leicht dort zu je­nem Fens­ter hin­aus­ge­klet­tert, denn das Fens­ter stand of­fen. Ich ha­be al­le Mö­bel von der Wand ge­rückt, zit­ternd un­ter je­den Schrank, je­den Stuhl ge­leuch­tet. Ich bin wie ein Ir­rer noch ein­mal auf die schau­der­haf­te Kis­te los­ge­stürzt, die die schwarz­ge­brann­ten Kno­chen ent­hielt. Ich ha­be sie ein­zeln her­aus­ge­nom­men, sie al­le ne­ben­ein­an­der ge­legt, bis das gan­ze Ge­rip­pe vor mir auf der Die­le lag. Ich wisch­te mir hun­dert­mal die Au­gen, im­mer fehl­te die rech­te Hand.
    Dann die Asche des Ka­mins. Ich ha­be sie trotz der sen­gen­den Hit­ze in klei­nen Tei­len durch mei­ne Fin­ger glei­ten las­sen, um­sonst al­les, um­sonst. Die Hand fehl­te.
    Wie soll ich Ih­nen schil­dern, was ich da­mals aus­ge­stan­den ha­be?
    Nie­mand

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