Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
Vom Netzwerk:
be­stimmt nichts, blei­ben Sie um Got­tes wil­len ru­hig!«
    Aber so sehr ich mir auch selbst im­mer wie­der ein­re­den woll­te, daß es nichts an­de­res sei als der nächt­li­che Traum ei­nes Fie­ber­kran­ken. Es woll­te mir nicht ge­lin­gen.
    »Es kommt!« keuch­te Ro­sen.
    Sei­ne in sinn­lo­ser Furcht er­wei­ter­ten Au­gen folg­ten ei­nem un­sicht­ba­ren We­sen, das sich ihm auf der Die­le krie­chend nä­hern muß­te, denn sie wa­ren mit schau­er­li­chem Ent­set­zen nach dem Bo­den ge­rich­tet. Lang­sam hob er die be­waff­ne­te Hand, hoch über sei­nem Haupt zum Hieb aus­ho­lend, sei­ne Brust at­me­te schwer, sei­ne grau­en Haa­re sträub­ten sich.
    Ich wuß­te, da war et­was. Hör­te ich’s doch über den Bo­den nä­her­kom­men, schar­ren­de Fin­ger­nä­gel. Doch ich sah nichts, so sehr ich mei­ne Bli­cke an­streng­te. Aber ich fühl­te, oh, ich fühl­te es deut­lich, daß wir bei­de nicht mehr al­lein im Zim­mer wa­ren. Die­se Au­gen­bli­cke ver­ges­se ich nie mehr in mei­nem Le­ben. Das Grau­sen schüt­tel­te mich. Ich muß­te mich am Tisch fest­hal­ten, mir ver­sag­te der Atem. Ich war na­he dar­an, um­zu­sin­ken, mei­ne Sin­ne wa­ren an­ge­spannt, gleich ei­ner Bo­gen­seh­ne, die zu rei­ßen droht.
    Plötz­lich fuhr die Waf­fe Ro­sens wie ein Blitz her­ab, aber schon im nächs­ten Au­gen­blick stieß er einen gel­len­den, gräß­li­chen Schrei aus, tau­mel­te rück­wärts, als sei ihm et­was ge­gen die Brust ge­sprun­gen, und stürz­te zu Bo­den. Sei­ne Fin­ger lie­ßen den Sä­bel los, mit bei­den Hän­den faß­te er in die Luft nach ir­gend et­was, das auf sei­ner Brust zu hocken schi­en. Er zerr­te und riß an ei­nem un­sicht­ba­ren Geg­ner, sein Schrei­en ging rasch in Rö­cheln über.
    Ich war nicht im­stan­de, mich zu be­we­gen, mei­ne Glie­der wa­ren wie mit Blei aus­ge­gos­sen. Ich sah die­sen fürch­ter­li­chen Kampf an, oh­ne ret­ten oder auch nur hel­fen zu kön­nen.
    Nach ei­ni­gen Se­kun­den fie­len Ro­sens Ar­me schlaff längs dem Kör­per her­ab. Bald war al­les ru­hig. Er be­weg­te sich nicht mehr. Da beug­te ich mich über ihn. Sei­ne Au­gen wa­ren weit aus ih­ren Höh­len ge­tre­ten und ver­glast, der Mund war ge­öff­net, wie bei ei­nem Er­stick­ten.
    Nun er­mann­te ich mich, mehr und mehr schwand das be­drücken­de Ge­fühl der Ab­hän­gig­keit von ei­ner au­ßer mir lie­gen­den, stär­ke­ren Kraft.
    Ich rann­te an die Klin­gel und stemm­te mich mit al­ler Ge­walt ge­gen die ver­schlos­se­ne Tür. Auch von au­ßen half je­mand. Sie sprang auf, der al­te Die­ner stürz­te her­bei. Er half mir den Re­gungs­lo­sen auf­he­ben und nach dem Bett tra­gen, auf das wir ihn nie­der­leg­ten. Ro­sen war tot. Der un­tröst­li­che Die­ner ver­si­cher­te im­mer wie­der, daß sein Herr nie­mals krank ge­we­sen sei, nie­mals über ir­gend­wel­che Schmer­zen ge­klagt hät­te.
    Auch die an­de­ren Dienst­bo­ten lie­fen zu­sam­men. Ich er­zähl­te ih­nen, was sich zu­ge­tra­gen, sie stan­den gleich mir vor ei­nem Rät­sel. Wir öff­ne­ten al­le Fens­ter, die dump­fe und hei­ße Luft des Zim­mers wei­chen zu las­sen. Die Leu­te sa­hen auf mich mit ent­setz­ten Mie­nen. Sie be­haup­te­ten spä­ter, ich hät­te im Ge­sicht schloh­weiß aus­ge­se­hen wie ei­ne Kalk­wand.
    Ich zog mich in ein Ne­ben­zim­mer zu­rück und ver­ließ die jam­mern­de und schwat­zen­de Die­ner­schaft, mir noch ein­mal das Er­leb­nis in al­len sei­nen Ein­zel­hei­ten zu ver­ge­gen­wär­ti­gen und ei­ne Er­klä­rung zu fin­den. Noch nie­mals hat­te ich einen ganz ge­sun­den Men­schen in so rät­sel­haf­ter Wei­se en­den sehn.
    Es ver­gin­gen meh­re­re Stun­den, der Tag war an­ge­bro­chen, in den Räu­men, die nachts einen so un­heim­li­chen Ein­druck ge­macht, web­te hel­les, freund­li­ches Licht.
    Da öff­ne­te sich die Tür nach mei­nem Zim­mer, der al­te Die­ner rann­te her­ein und stieß zit­ternd die Wor­te her­vor:
    »Ich bit­te Sie, Herr Dok­tor, kom­men Sie her­über! Se­hen Sie, was ge­sche­hen ist.«
    Ich folg­te dem Al­ten nach Ro­sens Schlaf­ge­mach. Wir tra­ten an das Bett.
    Auf dem Hal­se des Un­glück­li­chen zeig­te sich deut­lich die

Weitere Kostenlose Bücher