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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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du dich sel­ber über­trof­fen, Ad­die. Mein Lieb­lings­ge­richt – Grün­kohl mit Fisch­köp­fen!« Er war schon dran, sich ei­ne Por­ti­on auf­zu­la­den, als er das Ding ne­ben sei­nem Tel­ler ent­deck­te.
    »Ja, zum Hen­ker, was soll ‘n das?« pol­ter­te er.
    »Das ist ei­ne ganz nor­ma­le Ser­vi­et­te«, er­klär­te ich.
    »Ganz nor­mal?« Opa riß die Au­gen auf. »Ich hab’ noch nie im Le­ben ei­ne schwar­ze Ser­vi­et­te ge­se­hen.«
    Pa guck­te Ma an. »Wir dach­ten, es sei ein be­son­de­rer An­laß«, sag­te er. »Wenn du ver­stehst, was ich mei­ne …«
    Opa schnauf­te ver­ächt­lich, »‘ne schwar­ze Ser­vi­et­te? Ich weiß ge­nau, was du an­deu­ten willst, aber mir ist das schie­te­gal.«
    Und er schau­fel­te sich den Tel­ler voll und hieb rein.
    Wir an­de­ren sa­ßen ein­fach da und guck­ten uns an.
    »Was hab’ ich dir ge­sagt?« flüs­ter­te mir Pa ver­är­gert zu.
    Ich schüt­tel­te den Kopf. »Wart’s ab!«
    »Langt zu!« er­mahn­te uns Opa. »Sonst rä­um ich al­lein ab.«
    Und das tat er. Sei­ne Ar­me wa­ren steif, die Fin­ger hat­ten Mü­he mit der Ga­bel, und die Kie­fer­mus­keln woll­ten nicht so recht – aber er aß. Und re­de­te.
    »Ich und tot? Hät­te nie ge­glaubt, daß mal je­mand wa­gen wür­de, mir so was ins Ge­sicht zu sa­gen! Und dann aus­ge­rech­net die Fa­mi­lie! Ich geb ja zu, daß ich hin und wie­der stur bin, aber ich hab’s noch nie zu weit ge­trie­ben. Wenn ich po­si­tiv wüß­te, daß mich der Sen­sen­mann ge­holt hat, war ich der letz­te, der sich da­ge­gen sträu­ben wür­de. Ich leg kei­nem was in den Weg, schon gar nicht den ei­ge­nen Leu­ten. Bloß be­wei­sen müßt ihr mir, daß ich nicht mehr le­be. Das ist al­les, was ich ver­lang – einen win­zi­gen Be­weis.«
    »Du, Opa …«, un­ter­brach ich ihn.
    »Was gibt’s Jun­ge?«
    »Ent­schul­di­ge, aber dir tropft der gan­ze Grün­kohl übers Kinn.«
    Opa leg­te die Ga­bel weg. »Tat­säch­lich. Dan­ke, mein Jun­ge.«
    Und ehe er so recht merk­te, was er tat, wisch­te sich Opa den Mund mit der Ser­vi­et­te ab.
    Als er fer­tig war, warf er einen Blick drauf. Er guck­te ein­mal und dann noch ein­mal. Schließ­lich leg­te er ganz sacht die Ser­vi­et­te auf den Tisch, stand auf und ging zur Trep­pe.
    »Lebt wohl«, sag­te er.
    Wir hör­ten, wie er mit schwe­ren Schrit­ten die Trep­pe rauf und den Kor­ri­dor ent­lang zu sei­nem Zim­mer tapp­te. Die Ma­trat­ze quietsch­te, als er sich ins Bett leg­te.
    Dann war al­les still.
    Nach ei­ner Wei­le schob Pa den Stuhl zu­rück und ging nach oben. Kei­ner sag­te ein Wort, bis er wie­der­kam.
    »Na?« Ma guck­te ihn an.
    »Al­les in Ord­nung«, er­klär­te Pa. »Er hat den Löf­fel für im­mer weg­ge­legt. Ist jetzt dro­ben, wo er’s schö­ner hat. Amen.«
    »Ge­lobt sei der Herr!« mur­mel­te Ma. Dann schau­te sie mich an und deu­te­te auf die Ser­vi­et­te. »Tu das Ding bit­te weg!«
    Ich nahm sie mit spit­zen Fin­gern. Su­sie schau­te uns er­staunt an. »Sagt ei­nem hier kei­ner, was los ist?«
    Ich gab kei­ne Ant­wort, son­dern trug die Ser­vi­et­te raus und warf sie in den Bach. Hat­te we­nig Sinn, die An­ge­le­gen­heit rum­zu­po­sau­nen. Aber die Wald­he­xe hat­te recht be­hal­ten, als sie sag­te, Opa wür­de sei­nen Be­weis krie­gen, so­bald er sich den Mund ab­wisch­te.
    Auf so ‘ner schwar­zen Ser­vi­et­te sieht man näm­lich die klei­nen wei­ßen Ma­den am al­ler­bes­ten.

Der Spuk von Ram­min von
Hanns Heinz Ewers
     
     
    Mit wah­rem Fa­na­tis­mus such­te der in Düs­sel­dorf ge­bo re­ne Hanns Heinz Ewers (1871-1943) in sei­nen ›selt­sa­men‹ Ge­schich­ten das Ge­spens­ti­sche und Dä­mo­ni­sche, das Gro­tes­ke und Ma­ka­be­re. Die bes­ten die­ser Ge­schich­ten, in der Nach­fol­ge E.A. Poes ge­schrie­ben, sind in den Bän­den ›Das Grau­en‹ und ›Die Be­ses­se­nen‹ ge­sam­melt er­schie­nen und er­reich­ten un­wahr­schein­lich ho­he Auf­la­gen. Um die Be­deu­tung des Ewerss­chen Wer­kes ver­ste­hen zu kön­nen, muß man den Mut ha­ben, sich in je­ne Sphä­re bö­ser Alp­träu­me und sa­ta­ni­scher Fan­tas­ma­go­ri­en hin­ein­zu­wa­gen, in der er mit Vor­lie­be grau­en­haf­te Ein­drücke sam­mel­te und flugs in im­mer

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