18 Geisterstories
gesagt, ich kenn deinen Opa von früher. War schon damals ein verdammt sturer Teufel, und das ist er wohl geblieben. Dem sein Leiden nennt man Starrsinn in Potenz.«
»Kann sein«, meinte ich. »Aber da können wir nix dagegen tun, und der Doc und der Herr Hochwürden auch nicht.«
Die Waldhexe rümpfte die Nase. »Ach, die beiden! Was wissen die schon?«
»Eben drum bin ich hergekommen. Vielleicht können Sie uns weiterhelfen.«
»Na, dann laß mich mal nachdenken.«
Die Waldhexe zog eine Maiskolbenpfeife aus der Tasche und steckte sie an. Ich weiß nicht, was für ein Kraut sie rauchte, aber der Gestank bog einem Christenmenschen fast die Zehennägel auf. Mir war ganz komisch zumute, und am liebsten hätte ich mich verkrümelt. Der Wald wirkte schummerig, und ein kalter Wind raschelte in den Blättern.
»Irgendwas gibt’s doch sicher«, drängte ich. »Einen Talisman oder einen Zauberspruch …«
Sie schüttelte den Kopf. »Alles kalter Kaffee. Das hier ist eine von diesen neumodischen Sachen, wo sich im Kopf abspielen, und da brauchen wir auch neumodische Mittel. Dein Opa, der lacht sich schief, wenn den einer verhexen will. Wie er selber sagt – er stammt aus Missouri. Dem muß bloß einer beweisen, daß er tot ist.«
»Aber wie?«
Die Waldhexe kicherte trocken. »Ich hab’s!« Sie blinzelte mir zu. »Klar, mein Sohn, genau das ist es! Renn nicht davon, ich bin gleich wieder da!« Und sie huschte zurück in ihre Höhle.
Ich stand da, spürte, wie mir der Wind in den Nacken blies, und hörte auf das Rascheln der Blätter. Ich wollte gar nicht so genau verstehen, was sie da wisperten.
Dann kam sie wieder ins Freie. Sie hielt etwas in der Hand.
»Nimm das mit!« sagte sie.
»Was ist ‘n das?«
Sie verriet es mir und sagte auch, was ich damit tun sollte.
»Und Sie glauben echt, daß wir es so schaffen?«
»Es ist die einzige Chance.«
Also schob ich das Ding in die Hosentasche, und sie gab mir einen kleinen Klaps. »So, junger Mann, und nun wetz los, damit du noch vor dem Abendessen daheim bist!«
Das ließ ich mir nicht zweimal sagen, wo der eisige Wind so in den Bäumen stöhnte und wimmerte und die Dunkelheit immer näher an mich rankroch.
Ich murmelte ein Vergeltsgott und büchste los. Als ich noch einmal umschaute, stand die Waldhexe am Eingang ihrer Höhle und polierte die Coolidge-Plakette mit einem Stück Efeuwurzel.
Ich rannte durch den Wald, den Hügel rauf und auf der anderen Seite wieder runter. Als ich die Felder erreichte, war alles stockdunkel, und im Bach spiegelte sich der Mond. Ein Habicht, der vor einem Mauseloch auf der Lauer saß, flog erschrocken auf, aber das war mir egal. Ich lief im Zickzack zum Zaun, setzte darüber und riß die Küchentür auf.
Ma stand mit einem Topf am Herd, während Pa seine Suppe löffelte.
»Gott sei Dank!« sagte Ma. »Grad wollt ich dir Pa hinterherschicken.«
»Ich bin gerannt, was ich konnte.«
»Ist ja gut«, warf Pa ein. »Wenn der Zirkus nicht bald aufhört, verlieren wir noch alle den Verstand.«
»Welcher Zirkus denn?«
»Na, es fing an mit Miß Francy. Die Leute im Ort hatten ihr erzählt, daß Opa tot ist, und da wollte sie uns was Gutes tun und ‘n Stew vorbeibringen. Also, sie rauscht an in ihrem Sonntagsstaat, hat ihr schönstes Beileidsgesicht aufgesetzt und trägt die Terrine vor sich her. Und ausgerechnet da sieht sie Opa, der auf der Veranda sitzt und sie durch die Fliegenschwärme so ein bißchen schief angrinst.
In ihrem Schreck reißt sie die Terrine hoch, alles schwappt raus, und ihr teures Kostüm ist über und über mit Grünzeug garniert.
Ich sag dir, die drehte sich um und rannte los, als sei der Leibhaftige hinter ihr her. Dazu kreischte sie, daß der Klobalken zitterte.«
»Schlimm«, meinte ich.
»Es kommt noch schlimmer«, entgegnete Pa. »Als nächster tauchte Bixbee auf. Er hupte draußen. Traute sich nicht an Opa ran. Ich mußte zu
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