18 Geisterstories
Herz, weil – ach! ich weiß nicht, was ich rede.
Wie kamen Sie nur heut von jener Seite? fragte Hannchen, um nur ein anderes Gespräch auf die Bahn zu bringen.
Ich hätte bald den Hals gebrochen, sagte Ludwig halb lachend. Sie wissen ja, wie mich die schöne Sidonie manchmal zum Botenlaufen braucht oder mißbraucht. Und ich bin ebenso ein Narr wie der Theodor, daß ich ihr so in allem Folge leiste. Aber es ist wahr, wenn sie einen so bittend ansieht, so kann man ihr nichts abschlagen. Ich hatte schon einen Brief für sie, einen wichtigen, wie es hieß, von einer alten Bürgersfrau da unten im Städtchen, was dort im Grunde liegt, ein einsames fatales Nest. Weiß der Henker, was die alte und junge Hexe für Geheimnisse miteinander haben und warum ich mich zum Zwischenträger brauchen lasse. Aber kurzum, wie ich den Brief hinaufbrachte, bat Sidonchen so schön und sagte, sie könnte sich keinem als mir allein anvertrauen, und dieser Gang nach dem dummen Städtchen sollte auch mein letzter Gang sein. So läßt man sich denn immer wieder beschwatzen, und ich nehme ihren Brief an, das Antwortschreiben an die alte Gertraud. Die Schöne sagt mir denn so mit ihrem allerliebsten Lächeln recht viel Süßes, daß sie wohl wisse, wie sie mich nicht belohnen könne, wie es schimpflich sei, mir, dem wohlhabenden Manne, etwa Geld anzubieten, sie wolle mir bei Gelegenheit eine Börse stricken oder mit eignen Händen eine schöne Weste sticken, wobei ich ihrer gedenken solle, und so weiter. Kurz, ich ging in dem schlechten Regen wetter und bei dem Winde, und ärgerte mich nur der fata le weite Weg, der an manchen Stellen, wenn es regnet, grundlos ist. Da fiel mir denn ein, daß, wenn man den Wald und die Klippen hinter dem alten Nest, der Klausenburg, hinaufklimmt, man zwei ganze Stunden näher geht, auch von dort aus, über den Hochwald, auf den Fußsteigen die Wege steiler, aber besser sind, als dort unten im Moorgrunde. Gedacht, getan. Ich renne hier vorbei, und da der Regen wieder anfängt, ist es mir lieb, hinter der alten Klausenburg mich durch den Wald und über die alten Steine hinweg, emporzuquälen. Aber der Buchenwald schützte mich doch ziemlich vor dem Regen. Nun war es schon finster geworden, da wir aber Mondschein haben, war mir Tag und Nacht gleich. Wie ich nun oben bin, tritt der Teufel selbst sichtbar auf mich zu.
Was sagen Sie, Ludwig? sagte Hannchen betreten.
Nun, nun, antwortete er, das heißt nur: so zu sagen; es ist nur so eine Redensart. Denn wie ich da droben stand und mich unter einer Buche vor dem Regen niederduckte, fiel mir ein: Hannchen ist nicht glücklich, Hannchen wird mich doch vielleicht niemals lieben, sie hängt nun einmal an dem Theodor. Wie nun, wenn ich diesen Brief Sidonies, die verdächtige Korrespondenz, dem jungen Grafen auslieferte? Vielleicht, daß er die schöne Verführerin dann fahren ließe und zu meinem Hannchen zurückkehrte. Sehen Sie, solche verteufelte Einfälle hat der ehrlichste Mensch auch zuzeiten. Aber, dachte ich wieder, wenn das Schreiben nur Liebes und Gutes enthält, das ihr wohl gar Ehre macht? Und wird er als Edelmann wohl den Brief so geradehin aufreißen? Vielleicht wenn er ihn ungesehn so auf der Straße fände, aber nicht, wenn er ihn aus meiner Hand bekommt, und ich nun sein Mitwisser bin. Er läuft mit dem Schreiben vielleicht so gerade zur Sidonie hin und sagt ihr, welch ein Spitzbube ich bin. Ja, ja, zur Schelmerei gehört auch Geschick und wenigstens eine Art von Sicherheit, daß sie zum Ehrlichen hin ausschlagen könnte. Freilich also, wenn ich wüßte, was in dem fatalen Brief stünde, dann wäre es eine ganz andere Sache. Wenn der Herr Theodor dadurch etwas recht Boshaftes erführe, wenn sich ein Komplott entdeckte, – wenn – wenn – und mein Seel, da nesteln meine Finger schon an dem Siegel herum,
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