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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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ein­ge­führt zu wer­den.
    Theo­dor! rief jetzt Si­do­nie und er­hob sich von ih­rem Sitz, Sie wer­ben um mei­ne Gunst und um mei­ne Hand. Ich darf es hier wohl ge­stehn, weil al­le Welt es weiß. Sie ha­ben mir im­mer ei­ne Pro­be Ih­res Mu­tes ge­ben, Sie ha­ben im­mer et­was für mich tun wol­len. Sie wis­sen, die Sa­ge geht, daß beim Voll­mond in der Mit­ter­nacht es ge­fähr­lich sei, je­ne Ei­sen­stan­ge dort vor der Klau­sen­burg an­zu­zie­hen, die ehe­mals mit der Glo­cke den Pfört­ner rief. Wir ha­ben Voll­mond, in zwei Stun­den ist Mit­ter­nacht, ver­su­chen Sie Ihr Heil, und wenn Sie mor­gen zu­rück­kom­men, so sol­len Sie min­des­tens als Un­ter­pfand je­ne Haar­lo­cke emp­fan­gen, um wel­che Sie mich drin­gend ge­be­ten ha­ben.
    Nicht mehr? sag­te der jun­ge Mann la­chend; mor­gen in der Frü­he sehn Sie mich wie­der, nur be­kla­ge ich im vor­aus, daß ich nichts wer­de zu er­zäh­len ha­ben.
    Er ging, weil die Zeit ihn dräng­te, denn die Rui­ne war fast ei­ne Stun­de ent­fernt. Als er das Zim­mer ver­las­sen hat­te, sag­te An­selm: Mich wun­dert’s, Blom­berg, daß Sie in sei­ner Ge­gen­wart die­se Fa­mi­li­en­ge­schich­ten er­zähl­ten: er ist ja durch ei­ne Sei­ten­li­nie ein Nef­fe des letz­ten Gra­fen Franz, und wenn der so lan­ge schwe­ben­de Pro­zeß zu sei­nen Guns­ten ent­schie­den, wenn je­nes ver­lo­re­ne Do­ku­ment sich wie­der fin­den soll­te, so wür­de er die be­deu­ten­den Gü­ter er­ben und ein rei­cher Ka­va­lier sein.
    Blom­berg schlug sich mit der fla­chen Hand hef­tig vor die Stirn und rief aus: O ver­damm­te, ver­damm­te Ver­geß­lich­keit! Dar­um wur­de er auch ei­ni­ge­mal so nach­den­kend. Frei­lich mag ihn die­ses und je­nes ver­letzt ha­ben, doch kommt in al­len die­sen Er­zäh­lun­gen nichts vor, was ihn be­lei­di­gen konn­te. – Ja, er könn­te reich wer­den, wenn je­ne dunklen Punk­te sich auf­klär­ten. Aber er wird es auch oh­ne­dies in sei­ner jet­zi­gen Stel­lung. Die Mi­nis­ter und der Fürst selbst zei­gen dem jun­gen Mann das größ­te Ver­trau­en, und oh­ne Zwei­fel wird er es weit brin­gen.
    Man sprach noch hin und her, und An­selm vor­züg­lich war in eif­ri­gen Ge­sprä­chen mit Si­do­nie. Es fiel den üb­ri­gen nicht auf, weil er für ei­fer­süch­tig und für den Ne­ben­buh­ler Theo­dors galt. An­selm ver­ließ das Schloß, und die üb­ri­gen be­ga­ben sich oh­ne Furcht zur Ru­he und in ih­re ein­sa­men Kam­mern, weil sie durch die letz­ten Ge­sprä­che wie­der ge­hö­rig wa­ren ab­ge­kühlt wor­den.
     
    In je­nem neu­ern Hau­se am so­ge­nann­ten Ei­ben­stei­ge, wel­ches Franz und sei­ne kran­ke Gat­tin ei­ni­ge Zeit be­wohnt hat­ten, hielt sich jetzt der al­te Förs­ter Matt­hi­as auf, wel­cher schon seit zwei Jah­ren an der Gicht er­krankt fast im­mer auf sei­nem Bet­te lag. So lan­ge war es un­ge­fähr, daß Theo­dor durch die Gunst des Erb­prin­zen sei­ne Stel­le als Ober­jä­ger­meis­ter oder Vor­stand al­ler Fors­ten im klei­nen Lan­de er­hal­ten hat­te. Die­sen be­que­men Platz, wo das Ge­schäft des Al­ten oh­ne Nach­teil von jun­gen Bur­schen be­sorgt wer­den konn­te, hat­te Theo­dor dem Kran­ken aus Wohl­wol­len ge­ge­ben, da­mit er und sei­ne Toch­ter Hann­chen oh­ne Not und Sor­ge le­ben könn­ten.
    Hann­chen war fast im­mer mit dem Va­ter be­schäf­tigt. Bald sang sie ihm et­was, bald las sie ihm vor, dann er­zähl­te sie ihm Ge­schich­ten oder was sie er­fah­ren hat­te, sie be­rei­te­te selbst die Spei­sen, die sei­ne Krank­heit not­wen­dig mach­te, und zeig­te ihm im­mer­dar, um ihn zu zer­streu­en, die größ­te Hei­ter­keit, wenn sie auch selbst an ei­nem stil­len Kum­mer litt.
    Jetzt war, weil der Va­ter schon schlief, im an­dern großen Zim­mer ein jun­ger Mann bei ihr, der sie fast täg­lich be­such­te. Ei­ne Mei­le von dort war ihm durch Theo­dor ei­ne ein­träg­li­che Förs­ter­stel­le ge­wor­den, und frü­her hat­te er bei Matt­hi­as, Hann­chens Va­ter, die Jä­ge­rei er­lernt.
    Ich kann nicht fort, sag­te er jetzt, be­vor Sie mir nicht, lie­bes Hann­chen, ein freund­li­ches Wort ge­sagt ha­ben.
    Lie­ber Herr Wer­ner, ant­wor­te­te Hann­chen, ich bin Ih­re

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