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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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und ich bin auch ganz na­he dar­an, das Pet­schaft ent­zwei­zu­bre­chen.
    Herr Wer­ner! rief Hann­chen, vor Schre­cken blaß ge­wor­den; ein ver­sie­gel­ter Brief! Von ei­ner Per­son, die ge­ra­de in Sie so großes Zu­trau­en ge­setzt hat­te. Viel­leicht in ei­ner wich­ti­gen Sa­che. Der Sie ver­spro­chen hat­ten, al­les ge­nau zu be­sor­gen.
    Sie ha­ben ganz recht, her­zi­ges Kind, er­wi­der­te der jun­ge Mann. Der Teu­fel selbst ist manch­mal in ei­ner ehr­li­chen Lau­ne und reißt in eig­ner Per­son das Hand­geld dem ar­men Sün­der und Höl­len-Re­kru­ten wie­der weg. So mach­te er es mit mir. Mit ei­nem­mal lag ne­ben dem ro­ten Sie­gel, hart an mei­nem Fin­ger ein dür­rer, des­sen To­ten­käl­te ich fühl­te. Wie ich auf­sah, stand ein ab­scheu­li­ches häß­li­ches Weib vor mir, buck­lig, mit grü­nen Au­gen und ver­zerr­ten Mie­nen. Die­se hob jetzt ih­re lan­gen dür­ren Ar­me dro­hend ge­gen mich auf und schrie: Was machst du da, mein Sohn? – Ich bin nicht Eu­er Sohn! rief ich in Schreck und Bos­heit, was wollt Ihr von mir?
    Brief auf­bre­chen? schrie sie wie­der und faß­te mich an. Ich wehr­te mich und stemm­te mich ge­gen einen Baum. Nun ward es mir deut­lich, daß sie mir sel­ber den Brief weg­neh­men woll­te, und sie hat­te ihn schon in ih­rer klap­per­dür­ren Hand. Aber ich wehr­te sie ge­wal­tig ab, und so ris­sen wir uns hin und her, so daß der Brief da­bei zu Scha­den kam, ich fühl­te, wie er auf­ge­gan­gen war, und mit ei­nem­mal ra­schel­te das Blatt hin­un­ter in die al­ten Rui­nen der Klau­sen­burg hin­ein, denn über die­ser stan­den wir dicht und hart am Ab­grund in un­se­rer Bal­ge­rei. So wie ich mir noch das fre­che Weibs­bild recht aus­schel­ten will, ist sie auch schon auf und da­von. Ich kann nicht be­grei­fen, wo sie ge­blie­ben ist, so daß ich fast wie der ge­mei­ne Mann dar­an glau­ben möch­te, daß dort Ge­spens­ter um­gehn. Nun liegt der auf­ge­ris­se­ne Brief da drun­ten, wer weiß zwi­schen wel­chem Stein, Moos und Gras; mor­gen früh bei Ta­ge will ich nur gleich in das al­te Schloß und nach­su­chen. Fin­de ich ihn nicht, so muß ich al­les der Si­do­nie be­ken­nen, oder auch, wenn ich ihn so auf­ge­ris­sen wie­der an­tref­fe.
    Aber, lie­ber Herr Wer­ner, Sie le­sen ihn dann nicht; nicht wahr?
    Ge­wiß nicht, Hann­chen, sag­te der jun­ge Mann, Sie ha­ben ganz recht, und ich blei­be im­mer nur ein un­nüt­zer Bur­sche. – Nun will ich al­so da­hin­ten in der Wald­schen ke über­nach­ten, da­mit ich mor­gen früh ge­nug auf den Bei­nen bin.
    Man hör­te aus dem in­nern Zim­mer ei­ne Klin­gel. Mein Va­ter be­darf mei­ner Hil­fe, sag­te das Mäd­chen: der Him­mel ge­lei­te Sie, lie­ber Lud­wig.
    Schla­fen Sie ge­sund, sag­te der Bur­sche: ich se­he wohl, daß Sie mir nie­mals gut wer­den kön­nen. Die letz­ten Wor te sag­te er, in­dem er schon in der Tü­re war.
     
    Nach­den­kend und von selt­sa­men Emp­fin­dun­gen be­wegt, war Theo­dor un­ten am Fu­ße des Schlos­ses an­ge­langt. In die­sem Zu­sam­men­hange hat­te er noch nie­mals die selt­sa­me Ge­schich­te sei­ner Vor­fah­ren und An­ver­wand­ten ge­kannt. Sei­ne Ju­gend ging noch ein­mal in sei­nem Ge­mü­te auf, und mit Trau­er und Ban­gen dach­te er an sei­ne Zu­kunft. Nun fiel ihm wie­der ein, wo­hin er ge­he und wes­halb, und die­se Auf­ga­be, wel­che ihm ei­ne ver­ehr­te Ge­lieb­te zu­ge­teilt hat­te, er­schi­en ihm lä­cher­lich und läp­pisch. Viel­leicht, sag­te er zu sich selbst, hat sie Men­schen dort­hin ge­sen­det, die mich er­schre­cken sol­len, denn ih­rem Leicht­sinn und Über­mu­te ist al­les mög­lich. Sie will mich wohl gar dem Spott ei­nes An­selm preis­ge­ben, je­nem Wi­der­wär­ti­gen, mit dem sie im­mer so vie­le Ge­heim­nis­se hat, selbst dann, wenn sie mir schmei­chelt und freund­lich ge­gen mich ist. Ich muß mich ge­gen al­les waff­nen.
    Die Nacht war selt­sam wech­selnd. Bald hell, bald fins­ter: die Wol­ken jag­ten sich durch den Him­mel, san­ken bald in die schwar­zen Wäl­der an den ho­hen Berg­wän­den hin­ein, bald er­ho­ben sich von der an­dern Sei­te neue mäch­ti­ge Rauch­säu­len, um als Wol­ken em­por­zu­schwe­ben. Oft trieb der

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