18 Geisterstories
Elisabeth gesprungen, welche in Ohnmacht lag. Der Arzt und ich kamen herbei, als der Kranke das Gespenst wie mit Riesenkraft auf das Ruhebett niederwarf, welches von dem schweren Fall in seinen Fugen knackte. Er stand aufrecht. Wie eine Wolke, wie eine dunkle Decke lag es auf dem Bett und als wir nun ganz nahe traten, war auch jeder Schein verschwunden. –
Franz fühlte sich nun wie in allen Gebeinen zerbro chen, seine letzte Kraft war vernichtet, er war nach drei en Tagen verschieden, und der Arzt fand blaue Flecken auf Rippen und Brustbein. Sie erwachte aus ihren irren Fantasien nicht wieder und folgte zwei Tage später dem geliebten unglücklichen Gatten in sein frühes Grab. –
Nun? fragte ich den Arzt, als wir uns wieder vom Schrecken, der Trauer und der Betäubung etwas erholt hatten. Die Kur ist nicht geraten. Sie, der Kaltblütige, haben gesehn, wogegen Sie erst mit voller Überzeugung schworen. Ein Bild Ihres Innern oder des meinigen, da wir Ernestine nie gesehen haben, war es gewiß nicht: den Kranken sahen und hörten wir mit dem Gespenste ringen. Eine innere Fantasie hat ihm, dem Gestorbenen, gewiß Brust und Rippen nicht so erkrachen machen.
O mein schönes System! seufzte der Doktor; da entsteht nun eine schreckliche Lücke, ein herber Widerspruch mit allen meinen Überzeugungen und Erfahrungen, die ich wahrlich nicht zu versöhnen oder zu ergänzen weiß. Aber, mein teurer verständiger Freund, im Namen der Menschheit und bei deren Wohl beschwöre ich Sie, halten Sie ja die ganze Sache geheim, verschweigen Sie gegen jedermann die Geschichte, denn sonst eröffnen wir ja dem Aberglauben Türen und Tore. Der Menschheit und der Wissenschaften wegen müssen wir die seltsame Geschichte vertuschen.
So habe ich denn auch bis jetzt geschwiegen, denn dies ist das erstemal, daß ich Ihnen hier diese wunderbare Gespenstergeschichte erzählt habe.
– Es entstand eine lange Pause. Endlich sagte Graf Blinden: Und Sie haben wirklich die Sache so gesehn?
Wie ich sie erzählt habe, antwortete Blomberg, und das kann ich vor jedem Gericht, wenn es nötig wäre, beschwören. Aber, bester Graf, Gespenster kann man nicht unter die Lupe und das Mikroskop bringen und sie noch weniger sezieren und anatomieren. Ich sah das Gespenst, wie man es beschrieben hatte, auf dem Ruhebette war es nur noch eine unkenntliche Masse und bald darauf völlig verschwunden. Die Nutzanwendung und Moral der Sa che überlasse ich andern, und ich selbst wünsche auch nicht, eine solche Erfahrung zum zweiten Male zu machen.
Ich könnte mich wohl entschließen, sagte der junge Theodor, mit dieser Geisterwelt in Verbindung zu treten, denn jede Erfahrung, die wir machen, bereichert unsre Seele, und eine so seltsame, denke ich mir, muß die merkwürdigsten Folgen erzeugen.
Gar keine, rief Blomberg, dergleichen bleibt ganz einzeln stehn und erklärt weder vorwärts noch rückwärts irgend etwas. Wer nicht ganz besonders zum Denken und Philosophieren ausgerüstet ist, hüte sich ja vor dem Konsequenz-Machen. Ein Einfall bleibt unschuldig oder geistreich, aber die schlimmsten aberwitzigen Systeme haben sich immer aus ganz richtigen Wahrnehmungen entwickelt. Eine stille fragmentarische Dummheit bleibt unschädlich, aber aus dem Besten, Wahrsten und Richtigsten haben geistreiche Männer wohl schon das Absurdeste durch strenge Konsequenz und logische Kunst hergeleitet.
Mag sein, antwortete Theodor, ich habe aber gewiß auch nicht unrecht, wenn ich behaupte, daß das Gelüst nach einer Bekanntschaft mit über- oder doch außerirdischen Wesen ein natürliches und verzeihliches sei, und ich wüßte nicht, was ich darum gäbe, um auf irgendeine Weise in jene Zirkel
Weitere Kostenlose Bücher