18 Geisterstories
wahre Freundin, Sie haben es selbst gesehn, wie ich mich über Ihre Beförderung, über jene einträgliche Stelle gefreut habe, die Sie schon, so jung noch, verwalten; die ansehnliche Erbschaft, die Ihnen neulich zufiel, macht mich glücklich. Was wollen Sie mehr?
Sie wissen es recht gut, sagte der Jüngling. Aber freilich, ich weiß es wohl, ich begreife es auch, daß Ihr Herz immer noch dahin hängt, so unrecht, undankbar, ja schlecht sich auch der junge Mann gegen Sie und Ihren Vater benommen hat.
Hannchen war glühend rot geworden und rief jetzt im Unwillen: Ludwig! Sie machen mich böse. Graf Theodor ist edel, mein Vater hat ihm alles zu danken, er hat auch Ihr Glück gegründet. Nein, mein Freund, wir müssen nicht ungerecht sein. Es gibt Dinge im Leben, die wir Schicksal nennen müssen. Ich kann mich über den jungen Grafen nicht beklagen, als daß er liebenswürdig ist und mit süßen Reden, Blicken und seiner Anmut mein junges unerfahrenes Herz verstrickte und verwundete. Er hat mir niemals mit ausdrücklichen Worten gesagt, daß er mich liebe, noch weniger hat er um meine Hand geworben. Er war oft hier, immer freundlich, zutätig; nachher ist er weggeblieben. Weshalb soll ich denn also auf ihn schelten?
O liebes Hannchen, rief der Jüngling aus, Sie führen seine Verteidigung nur schlecht. Braucht ein Mann von Ehre das Wort gerade auszusprechen, wenn er weiß und fühlt, was recht ist und sich geziemt? Einen solchen bindet ein bedeutender Blick, ein zärtlicher Händedruck, ein Seufzer und ein zartes Gedicht weit mehr als den trocknen Alltagsmenschen ausgesprochenes Wort und Schwur. Die Liebe zweier edlen Wesen ist keine Verhandlung.
Er ist Graf, sagte das Mädchen, und ich eine Bürgerliche.
Um so schlimmer, rief Ludwig, desto mehr mußte er sich zusammennehmen, damit seine Zärtlichkeit und scheinbare Hingebung keine Wünsche und Hoffnungen erregte. Ich habe es ja selbst mit angesehen, wie er mit Ihnen umging. Wie ein Bräutigam mit seiner Braut, und zwar mit einer solchen Ergebung, als wenn Sie die Vornehme und er der einfache Bürgersmann wäre. Er hat Ihnen Briefchen, Gedichtchen zugesteckt, er hat Ihre Liebe und Zuneigung nicht mißverstehen können. Sehn Sie, darum bleibe ich bei meinem Satz, er hat schlecht an Ihnen gehandelt.
Sie wollen mich durchaus zum Weinen bringen, sagte Hannchen, und dann sagen Sie doch wieder, daß Sie mir gut sind.
Weil ich Ihnen gut bin, rief Ludwig, so übermenschlich gut, daß ich es in ordinäre Worte gar nicht fassen kann. Das ist ja eben mein Elend, daß ich meine Reden nicht so zu setzen weiß wie der Herr Theodor. Und warum, weshalb hat er Ihr schönes Herz so leichtsinnig aufgegeben? Nicht aus Hochmut, nein, so schlecht will ich von ihm nicht denken, sondern aus einer elenden Schwachheit. Ja freilich wird daraus unser Schicksal zusammengeflochten, unsre Strafe, unsre Geißel, wenn wir jedem Gelüste nachgeben, wenn wir uns von jedem Schimmer blenden lassen. Böse wird sie es ihm danken, die Kokotte, die ihn mit ihrem schönen Angesicht und den blonden Locken so gefesselt hat, so den Verstand und die Augen benebelt, daß er nicht mehr aus und ein, und nicht mehr Weiß von Schwarz zu unterscheiden weiß. Und diese Sidonie, – diese Falsche – sie kann keinen Menschen lieben. Erst hat sie sich mit dem Baron Anselm herumgeschleppt, im vorigen Jahre, wie sie auch zum Besuche hier war, nun ist ihr der nicht mehr gut genug. Vom Grafen Theodor denken alle, daß er noch einmal eine große Rolle spielen wird, darum muß der jetzt mit ihr den Vortanz halten.
Man sagt ja, fiel Hannchen ein –
Ja, es heißt, sagte Ludwig, die Verlobung würde bald erklärt werden. Wenn nicht unterdes ein noch Vornehme rer sich meldet. Nun Glück zu! – Und Sie, Hannchen, Sie verschmähen ein ehrliches, treues
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