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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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wah­re Freun­din, Sie ha­ben es selbst ge­sehn, wie ich mich über Ih­re Be­för­de­rung, über je­ne ein­träg­li­che Stel­le ge­freut ha­be, die Sie schon, so jung noch, ver­wal­ten; die an­sehn­li­che Erb­schaft, die Ih­nen neu­lich zu­fiel, macht mich glück­lich. Was wol­len Sie mehr?
    Sie wis­sen es recht gut, sag­te der Jüng­ling. Aber frei­lich, ich weiß es wohl, ich be­grei­fe es auch, daß Ihr Herz im­mer noch da­hin hängt, so un­recht, un­dank­bar, ja schlecht sich auch der jun­ge Mann ge­gen Sie und Ih­ren Va­ter be­nom­men hat.
    Hann­chen war glü­hend rot ge­wor­den und rief jetzt im Un­wil­len: Lud­wig! Sie ma­chen mich bö­se. Graf Theo­dor ist edel, mein Va­ter hat ihm al­les zu dan­ken, er hat auch Ihr Glück ge­grün­det. Nein, mein Freund, wir müs­sen nicht un­ge­recht sein. Es gibt Din­ge im Le­ben, die wir Schick­sal nen­nen müs­sen. Ich kann mich über den jun­gen Gra­fen nicht be­kla­gen, als daß er lie­bens­wür­dig ist und mit sü­ßen Re­den, Bli­cken und sei­ner An­mut mein jun­ges un­er­fah­re­nes Herz ver­strick­te und ver­wun­de­te. Er hat mir nie­mals mit aus­drück­li­chen Wor­ten ge­sagt, daß er mich lie­be, noch we­ni­ger hat er um mei­ne Hand ge­wor­ben. Er war oft hier, im­mer freund­lich, zutä­tig; nach­her ist er weg­ge­blie­ben. Wes­halb soll ich denn al­so auf ihn schel­ten?
    O lie­bes Hann­chen, rief der Jüng­ling aus, Sie füh­ren sei­ne Ver­tei­di­gung nur schlecht. Braucht ein Mann von Eh­re das Wort ge­ra­de aus­zu­spre­chen, wenn er weiß und fühlt, was recht ist und sich ge­ziemt? Einen sol­chen bin­det ein be­deu­ten­der Blick, ein zärt­li­cher Hän­de­druck, ein Seuf­zer und ein zar­tes Ge­dicht weit mehr als den trock­nen All­tags­men­schen aus­ge­spro­che­nes Wort und Schwur. Die Lie­be zwei­er ed­len We­sen ist kei­ne Ver­hand­lung.
    Er ist Graf, sag­te das Mäd­chen, und ich ei­ne Bür­ger­li­che.
    Um so schlim­mer, rief Lud­wig, de­sto mehr muß­te er sich zu­sam­men­neh­men, da­mit sei­ne Zärt­lich­keit und schein­ba­re Hin­ge­bung kei­ne Wün­sche und Hoff­nun­gen er­reg­te. Ich ha­be es ja selbst mit an­ge­se­hen, wie er mit Ih­nen um­ging. Wie ein Bräu­ti­gam mit sei­ner Braut, und zwar mit ei­ner sol­chen Er­ge­bung, als wenn Sie die Vor­neh­me und er der ein­fa­che Bür­gers­mann wä­re. Er hat Ih­nen Brief­chen, Ge­dicht­chen zu­ge­steckt, er hat Ih­re Lie­be und Zu­nei­gung nicht miß­ver­ste­hen kön­nen. Sehn Sie, dar­um blei­be ich bei mei­nem Satz, er hat schlecht an Ih­nen ge­han­delt.
    Sie wol­len mich durch­aus zum Wei­nen brin­gen, sag­te Hann­chen, und dann sa­gen Sie doch wie­der, daß Sie mir gut sind.
    Weil ich Ih­nen gut bin, rief Lud­wig, so über­mensch­lich gut, daß ich es in or­di­näre Wor­te gar nicht fas­sen kann. Das ist ja eben mein Elend, daß ich mei­ne Re­den nicht so zu set­zen weiß wie der Herr Theo­dor. Und warum, wes­halb hat er Ihr schö­nes Herz so leicht­sin­nig auf­ge­ge­ben? Nicht aus Hoch­mut, nein, so schlecht will ich von ihm nicht den­ken, son­dern aus ei­ner elen­den Schwach­heit. Ja frei­lich wird dar­aus un­ser Schick­sal zu­sam­men­ge­floch­ten, uns­re Stra­fe, uns­re Gei­ßel, wenn wir je­dem Ge­lüs­te nach­ge­ben, wenn wir uns von je­dem Schim­mer blen­den las­sen. Bö­se wird sie es ihm dan­ken, die Ko­kot­te, die ihn mit ih­rem schö­nen An­ge­sicht und den blon­den Lo­cken so ge­fes­selt hat, so den Ver­stand und die Au­gen be­ne­belt, daß er nicht mehr aus und ein, und nicht mehr Weiß von Schwarz zu un­ter­schei­den weiß. Und die­se Si­do­nie, – die­se Falsche – sie kann kei­nen Men­schen lie­ben. Erst hat sie sich mit dem Ba­ron An­selm her­um­ge­schleppt, im vo­ri­gen Jah­re, wie sie auch zum Be­su­che hier war, nun ist ihr der nicht mehr gut ge­nug. Vom Gra­fen Theo­dor den­ken al­le, daß er noch ein­mal ei­ne große Rol­le spie­len wird, dar­um muß der jetzt mit ihr den Vort­anz hal­ten.
    Man sagt ja, fiel Hann­chen ein –
    Ja, es heißt, sag­te Lud­wig, die Ver­lo­bung wür­de bald er­klärt wer­den. Wenn nicht un­ter­des ein noch Vor­neh­me rer sich mel­det. Nun Glück zu! – Und Sie, Hann­chen, Sie ver­schmä­hen ein ehr­li­ches, treu­es

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