18 - Orangen und Datteln
mir so gutmütig Rede stand. Und jetzt, als er die beiden Männer zum erstenmal genau ansah, hatte es den Anschein, als ob er ein wenig verlegen würde.
„Ich kenne sie“, antwortete er.
„So wirst du dich wohl hüten, uns feindlich zu behandeln, bevor die Befehle deines Vaters vernommen hast.“
„Was wollt ihr von uns?“
„Beantworte meine Frage: Ist Saadis el Chabir bei euch, der Krumir vom Ferkah ed Dedmaka?“
„Ja.“
„Er hat uns zwei Pferde und ein Mädchen geraubt. Wir verlangen, daß du ihn und seinen Raub an uns auslieferst!“
„Er ist unser Führer gewesen auf vielen unserer Wanderungen; er hat heut wieder Salz mit uns gegessen und Wasser mit uns getrunken; wir werden ihn keinem Menschen ausliefern!“
„So wirst du die Verantwortung aller Folgen übernehmen müssen!“
„Ich übernehme sie. Ihr seid unsere Feinde; ihr steht unter der Blutrache, denn ihr habt einen Hamema getötet im Duar von Seraïa bent.“
„Er war ein Räuber; er wollte dieses Pferd, auf welchem ich sitze, rauben und einen unserer Männer töten.“
„Sein Blut muß dennoch gerächt werden!“
„Aber nicht von euch. Er gehörte nicht zu euch, sondern zum Ferkah Uëlad Mateleg, das nur in sehr weiter Verwandtschaft zu euch steht.“
„Aber er ist ein Hamema. Wir werden euch festhalten und an die Uëlad Mateleg ausliefern.“
„Und wenn alle Hamema zusammenträten, um uns zu halten, es würde ihnen nicht gelingen, das sage ich dir. Aber wir werden freiwillig bei euch bleiben, denn wir wollen die Ankunft deines Vaters erwarten. Führe uns in dein Duar!“
„Das tue ich nicht. Bis der Scheik Jamar es Sikkit über euch entschieden hat, werden wir euch als unsere Feinde betrachten. Wir werden euch bis vor das Duar führen und dort bewachen, bis er kommt.“
„Tue das! Aber ich warne dich, den Krumir entkommen zu lassen. Er mag unter eurem Schutz bleiben, bis der Scheik euch seinen Willen kundgetan hat!“
Die Hamema nahmen uns in ihre Mitte und führten uns bis vor das Duar, welches mitten in der freien Ebene lag. Aber im Südosten sahen wir die Spitzen des Dschebel Gwassera, im Süden die Höhen des Dschebel Maschura und zwischen den beiden den einsamen Kamm des Dschebel Segedel am Horizont sich erheben.
Wir lagerten uns nieder und ließen unsere Pferde rund um uns grasen. Eine weit überlegene Anzahl bewaffneter Hamema umstellte uns; aber keiner von ihnen nahte sich, um ein Wort mit uns zu sprechen oder uns einen Schluck Wasser zu bringen, dessen wir so sehr bedurften. Unser Gespräch drehte sich ganz allein um die Sorge, daß man uns den Krumir entschlüpfen lassen werde, eine Sorge, welche leider nicht ganz unbegründet war. So verging eine Stunde nach der andern; die Sonne sank vom Zenit immer weiter herab, und mit ihr sank auch unsere Geduld. Da endlich sahen wir an einer Bewegung der uns umstellenden Hamema, daß sich auf der Ebene draußen irgend etwas ereigne. Ein Trupp von ihnen verschwand aus der Nähe und kehrte bald mit drei Reitern zurück, unter denen wir Omar Altantawi erkannten; der dritte war jedenfalls der so sehnlichst erwartete Scheik Jamar es Sikkit. Er war ein Siebenziger von hohem, noch ungebeugtem Wuchs; sein faltiges Angesicht war von der Sonne bis zur Lederfarbe verbrannt, und sein dichter, schneeweißer Bart hing ihm bis über die Brust herab.
Wir erhoben uns von der Erde. Er sprang mit seinen zwei Begleitern vom Pferd und erhob bewillkommnend die Hände. „Seid mir gegrüßt, ihr Brüder meines Freundes. El Schems (die Sonne) leite eure Wege und el Kamar (der Mond) bewache die Ruhe eurer Nächte. Eure Väter freuen sich über euren Wandel, und eure Söhne nehmen sich die Taten eures Armes zum Vorbild. Welcher von euch ist der Scheik Ali en Nurabi, der Anführer der Sebira?“
„Ich bin es“, antwortete der Genannte.
„Reiche mir deine Hand. Deine Seele ist betrübt von einem großen Verlust; aber tröste dich, denn ich werde dir wiedergeben alles, was man dir genommen hat! Welcher ist Mohammed er Raman, der Scheik der Mescheer?“
„Ich bin es!“
„Reiche auch du mir deine Hand, denn du bist der Bruder dessen, den ich liebe! Du sollst mir willkommen sein heut und allezeit! Wer sind die beiden Emire aus dem Frankenland?“
„Diese beiden sind es“, antwortete Omar Altantawi. „Dieser redet die Sprache der Gläubigen, jener aber nicht.“
Der Alte blickte mich lange vom Kopf bis herab zu den Füßen an; dann sagte er: „Emir, ich habe viel von dir vernommen.
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