18 - Orangen und Datteln
Lage und nach und nach schien die Jagd nach dem Räuber sein Interesse immer mehr in Anspruch zu nehmen. Er hatte sich durch den Krumir gegen uns einnehmen lassen, schien aber im Verlauf unseres Rittes die Buße gar nicht hart zu finden.
Mein wackerer Achmed saß in wahrhaft fürstlich stolzer Haltung zu Pferd. Ein so edles Tier hatte er noch nie unter sich gehabt, und es war ihm die Ungeduld, den Krumir zu Gesicht zu bekommen, sehr leicht anzumerken. Bei einer etwaigen Hetzjagd blieb er sicherlich nicht der letzte.
Es war eine Stunde vor Sonnenuntergang, als wir das Duar verließen. Sar Abduk wollte sich als Führer an unsere Spitze setzen, mußte aber zurückbleiben, denn die Spur war mir zuverlässiger als das, was ihm der Krumir über seine beabsichtigte Route mitgeteilt hatte. Diese Mitteilung konnte recht leicht eine Lüge sein.
Die Fährte wurde gefunden, und da wir die kurze Strecke recht ausgiebig benutzen wollten, so flogen unsere Pferde nur so über die Ebene dahin. Sie konnten sich später erholen und so trieben wir sie zur höchsten Eile. Als die in jenen Gegenden so kurze Dämmerung hereinbrach, hatten wir den vier Meilen langen Weg bis zum Sihdi Aisch zur Hälfte zurückgelegt.
Nun brach die Nacht herein; el Mogreb wurde gebetet, und dann brannten wir die Fackeln an. Natürlich kamen wir nun langsamer vorwärts und erreichten den Dschebel Aisch erst nach weiteren zwei Stunden. Hinter demselben, also westlich von ihm, sendet der Tarfaui seine klaren Wellen nach Süden zu. Er entspringt, wenn ich mich recht besinne, auf dem Höhenzug, welcher sich südlich von dem Dschebel Schambi von Nordost nach Südwest erstreckt, geht an Feriana vorüber, macht bei Gassa einen scharfen Bogen nach Westen und läuft dann in den kleinen Schott Baadscha, welcher im Süden des Dra el Hauna liegt.
Als wir den Tarfaui erreichten, war die Spur auf einmal verschwunden. Ich ahnte sofort eine List, welcher der Indianer und der Westmann Nordamerikas zuweilen anwendet, um ihre Verfolger irrezuleiten, stieg ab, ließ mir die Fackel geben und leuchtete damit in das Wasser. Richtig! Beim Schein derselben zeigten die klaren Wellen sehr deutlich die Hufspuren zweier Pferde. Der Krumir hatte sich das Bett des Wassers zum Pfad gewählt. Um die Fährte nicht zu verlieren, brauchten nur die beiden Ufer sorgfältig beobachtet zu werden.
Eine volle Stunde lang hatte es dem Verfolgten im Wasser gefallen; dann war er aus demselben herausgegangen, um eine direkt westliche Richtung einzuschlagen. Ungefähr eine deutsche Meile westlich vom Tarfaui fließt nämlich parallel mit ihm ein anderes Flüßchen nach Süden, welches sich mit ihm oberhalb Gafsa vereinigt. Dieses Nebenflüßchen hatte der Krumir aufgesucht und war in dem Wasser desselben fortgeritten wie in demjenigen des Tarfaui, dann hatte er es wieder verlassen, um die Richtung nach dem Uëlad Schahia aufzunehmen.
Nun aber waren unsere Fackeln alle verbrannt, und da die Mitternacht nahte, und wir und die Pferde doch einiger Ruhe bedurften, machten wir Lager, stellten eine Wache aus und versuchten, zu schlafen. Es gelang allen, nur Ali en Nurabi nicht, den das wiederholte Mißlingen unserer Anstrengungen in eine Aufregung versetzt hatte, welche keinen Schlummer aufkommen ließ. Als die Schläfer beim Anbruch des Tages geweckt wurden, hatte er noch kein Auge zugetan.
Das Morgengebet wurde gesprochen; man trank einen Schluck Wasser, aß einige Datteln, sattelte die Pferde, und der Ritt begann von neuem.
Wir näherten uns jenen weniger besuchten Ländereien, in denen die Grenze zwischen Algerien und Tunesien noch heut eine streitige ist. Die hüben und drüben lebenden Beduinen befehden sich unablässig; es ist eine blutige unheimliche Gegend, in welcher die Blutrache alljährlich mehr Opfer frißt, als man glauben möchte. Wir mußten hier sehr vorsichtig sein.
Der Krumir war es auch. Dieser Mann entwickelte eine geradezu erstaunliche Ortskenntnis, und es zeigte sich, daß er seinen Ehrennamen el Chabir in der Tat verdiente. Die kleinste Vertiefung, der einzelnste Felsen oder Busch war von ihm benutzt worden, unbemerkt zu bleiben, Deckung gegen das Auge eines Unbefugten zu suchen. Und dabei hatte er alle Hindernisse mit einer vorhergesehenen Sicherheit überwunden, welche Bewunderung verdiente und das sicherste Zeugnis dafür ablegte, daß er diese Gegenden nicht zum ersten Mal durchritt. Dazu mußten wir die Schwierigkeiten rechnen, welche ihm Mochallah jedenfalls bereitete; es
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