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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Du fürchtest dich vor einer ganzen Schar von Feinden nicht; du hast den Sihdi es Salßali getötet und Abu 'l Afrid überwunden; du kannst die Darb und Ethar lesen, wie ein Taleb (Gelehrter) im Buch liest. Wenn des Abends am Feuer die Lieder von dem Siret el behluwan (Taten der Helden) und den Siret el modschaheddin (Taten der Kämpfer) ertönen, so wird man auch deinen Namen hören. Allah segne deinen Eingang in mein Lager, obgleich du ihn in einer andern Weise verehrst! Aber Allah illah Allah – Gott ist Gott; er ist derselbe, welchen Namen man ihm auch geben kann. Sage dem andern Emir, der meine Worte nicht versteht, daß er mir und den Meinen willkommen ist!“
    „Ich danke dir, Jamar es Sikkit! Dein Herz ist erfüllt von Güte, und deine Seele ist die Wohnung der Weisheit und des Verstandes. Wir sind bisher zurückgewiesen worden von den Deinen; aber du läßt Gerechtigkeit walten und gibst der Wahrheit die Ehre, wie es der Prophet geboten hat. Geleite uns in dein Zelt, denn es verlangt mich, Worte der Freundschaft zu sprechen mit dem weisesten und berühmtesten Scheik der Hamema!“ antwortete ich.
    „Setzt euch wieder auf!“ bat er. „Solche Gäste sollen ihre Füße nicht bestäuben, wenn sie einziehen in das Duar Sikkits, des Hamema.“
    Wir stiegen also wieder zu Pferd und ritten in das Lager ein. Am Eingang zu demselben erwartete uns Sar Abduk, der Sohn des Scheiks. Seine Miene war eine finstere. Er sah, wie willkommen wir seinem Vater waren, und versteckte seine Verlegenheit hinter einem unwilligen Angesicht.
    „Mein Sohn“, gebot es Sikkit, „heiße meine Gäste willkommen, denn sie sind auch die deinigen!“
    Der Angeredete gehorchte und reichte uns allen die Hand; dann schloß er sich uns an, während wir durch das Lager ritten. Vor dem großen Zelt des Scheiks angekommen, stiegen wir ab, und auf den Wink des Anführers regten sich viele Hände, um unsere Pferde in Empfang zu nehmen und Matten zu den nötigen Sitzen herbeizuschaffen. Das alles hatte einen reicht patriarchalischen Anstrich. Hätten Palmen dagestanden, so wäre man versucht gewesen zu glauben, daß man im Hain Mamre bei Abraham bewillkommt werde. Jamar winkte einen jungen Beduinen herbei.
    „Man schlachte von meinen Lämmern und bereite für meine Gäste ein Mahl, wie es dem Hungrigen gefällt!“ befahl er.
    Ich aber hielt es für geraten, dagegen noch zu protestieren: „Erlaube, o Scheik, daß nicht eher eine Speise über unsere Lippen komme, als bis die Sache erledigt ist, wegen der wir zu dir gekommen!“
    „Herr“, antwortete er, „ich sehe, daß du handelst wie ein Mann, dem Allah die Kraft des Willens und der Tat verliehen hat. Ich würde geradeso tun wie du, und dein Wunsch soll erfüllt werden.“ Er wandte sich zu seinem Sohn: „Man rufe Saadis, den Krumir, herbei!“
    In dem Gesicht des jungen Mannes zuckte es eigentümlich, und erst nach einer kleinen Weile antwortete er:
    „Er ist nicht hier.“
    Wir traten alle bei diesen Worten einen Schritt näher. Der Alte runzelte die Stirn und sagte: „Nicht hier? Wo ist er?“
    „Fort.“
    „Allahi! Warum?“
    „Weil er hörte, daß diese Männer angekommen seien.“
    „Was hat er mitgenommen?“
    „Das Mädchen!“
    „Und auch die beiden Pferde, auf denen er kam?“
    „Ja.“
    „Allah 'l Allah, ïa Allah! Und du hast ihn fortgelassen!“ brauste der Scheik auf. „Ist dein Verstand finster geworden, daß deine Gedanken solche falsche Pfade wandeln? Du vernichtest meinen Namen und zerstörst den Ruhm meines Hauses. Du bist der Älteste meiner Söhne, aber der Jüngste unter ihnen hätte klüger gehandelt!“
    Sar Abduks Augen funkelten. „Konnte ich ihn zurückhalten?“ fragte er zornig. „Er war unser Gast und unser Bruder. Was gingen mich die Sachen dieser Männer an, die mich vom Pferd rissen und mir mit dem Messer drohten!“
    „Wer hat das getan?“
    „Ich“, antwortete ich. „Sar Abduk nannte uns Giaurs, welche Allah verdammen müsse und die man anspeien solle. Würdest du dies dulden, Scheik? Allah hat mir die Kraft der Arme gegeben, wie sie kein Hamema besitzt; ich nahm den Lästerer vom Pferd und legte ihm das Messer an die Kehle, um ihm zu zeigen, was er eigentlich verdient habe. Aber weil er der Sohn es Sikkits war, gab ich ihn wieder frei. Anstatt mir zu danken, verklagt er mich, daß ich gütig und barmherzig gegen ihn war.“
    Der Scheik blickte lange vor sich nieder. Kein Zug seines ehrwürdigen Angesichts verriet die Gedanken, die ihn

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