18 - Orangen und Datteln
jetzt beschäftigten, und die Gefühle, welche ihn bewegten. Dann fragte er den Sohn: „Wußtest du, daß Omar Altantawi mich holen wollte?“
„Ja“, antwortete er zögernd.
„So durftest du nichts tun und nichts erlauben, bevor ich selbst gekommen war. Du hast mein Angesicht beschämt und wirst die Strafe büßen müssen. Wohin hat sich der Krumir gewendet?“
„Er will von hier nach dem Dschebel Sihdi Aisch, dann nach dem Uëlad Schahia, um über Seddada, Toser, Nefta, Sihdi Kalifat und Tarsud nach Tuggurt zu gelangen.“
„Hat er dir einen falschen Weg gesagt?“
„Nein.“
„So will ich dir deine Strafe sagen: Du nimmst unsere schnellsten Pferde und so viele Krieger, als du bedarfst, und jagst ihm augenblicklich nach. Wo du ihn triffst, da nimmst du ihn gefangen oder tötest ihn. Nie wieder sollst du vor mein Angesicht kommen, als wenn du das Mädchen und die beiden Pferde zurückbringst. Ich schwöre es bei Allah und Mohammed, dem Propheten!“
„Gefangennehmen oder töten?“ rief der Sohn. „Er ist unser Gast!“
„Nein. Er ist nicht mehr unser Gast. Wäre er es noch, so hätte er seinen Raub zurückgeben müssen, ihn selber aber hätte keiner anrühren dürfen. Nun aber hat er unsere Zelte verlassen; er steht unter seinem eigenen Schutz.“
„Aber er war unser Führer!“
„Er war es, aber er ist es nicht mehr. Er hat zweimal seinen Schwur gebrochen und zweimal die Gastfreundschaft mit einem Raub belohnt, wie ich von Omar Altantawi erfahren habe; er soll von jetzt an sein wie die Hyäne, welcher man keine Kugel gibt, sondern die man mit dem Knüttel totschlägt. Laß die Pferde satteln, denn es ist keine Zeit zu verlieren. Meinen Schwur hast du gehört, und, bei den Gebeinen meiner Väter, ich werde ihn halten!“
Da widersprach Mohammed er Raman: „Laß deine Krieger hier, o Scheik! Glaubst du, wir könnten andern überlassen, wozu wir selbst die Kräfte haben? Sollen wir hier feig und tatenlos sitzen bleiben und vor Ungeduld vergehen? Nein, wir selbst jagen ihm nach. Habe ich recht gesprochen, ihr Männer?“
Wir stimmten ihm unter lauten Zurufen bei. Der Scheik wollte widersprechen: „Ihr werdet ihn nicht finden; ihr kennt die Gegend nicht!“
„Oh, dieser Emir kann die Spuren lesen“, antwortete Ali en Nurabi. „Wir werden auf seiner Ferse sein, bis er in unsere Hände fällt.“
„So ruht euch wenigstens vorher aus, und nehmt das Mahl der Gastfreundschaft von mir an.“
„Verzeihe, Jamar es Sikkit“, antwortete ich. „Du weißt, wie kostbar eine jede Minute für uns ist. Wir müssen fort!“
„So nehmt von mir mit, was euer Herz begehrt. Und dieser, mein Sohn, soll bei euch sein, denn der Scheik der Hamema hat noch nie sein Wort zurückgenommen. Seine Stute ist schnell wie der Blitz; der Räuber kann ihr nicht entgehen. Und noch eine andere habe ich, die noch von keinem zweiten Pferd eingeholt wurde. Ich leihe sie euch, wenn eins eurer Tiere ermüdet ist.“
Das war ein hochherziges, seltenes Anerbieten, und ich zögerte nicht, sofort zuzugreifen: „Dein Herz spendet Wohltat wie die tauende Nacht, o Scheik! Dieser tapfere Achmed es Sallah, mein Freund und Gefährte, hat seine Wadi-Serrat-Stute zu sehr ermüden müssen, so daß ihr vielleicht die Kraft versagt, wenn dieselbe am nötigsten ist. Behalte sie hier, und leihe ihm dafür die deinige. Er wird sie lieben und pflegen, als ob sie ihm gehörte, und sie wieder gegen die seinige umtauschen, wenn wir zurückkehren!“
Es lag mir sehr daran, Achmed bei Ergreifung des Krumirs eine hervorragende Rolle spielen zu lassen, da er sich ja Mochallah verdienen mußte. Deshalb war es notwendig, ihm zu einem Pferd zu verhelfen, welches seinem jetzigen, das bereits über seine Kräfte hatte tun müssen, überlegen war.
„Er mag sie nehmen“, antwortete der Scheik. „Kein Bedawi (Beduine) verborgt seine Stute; aber euer Recht wurde von den Meinen verletzt, und so will ich mich nach Kräften bemühen, euch wieder zu demselben zu verhelfen.“
„Wie lange ist es her, daß der Krumir das Lager verlassen hat?“ fragte ich Sar Abduk.
„Die Sonne hat seitdem den fünften Teil ihres Bogens durchlaufen.“
„Sind Fackeln im Lager?“
„Ja.“
„Man nehme welche mit, damit wir auch des Nachts reiten können!“
So waren wir denn wieder einmal in der Erwartung, den Krumir fest zu haben, betrogen worden. Aber das gütige Verhalten des Scheiks machte jeden Vorwurf zur Unmöglichkeit. Sein Sohn ergab sich ruhig in seine
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