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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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aus.
    „So war dieser Schimmel wohl ein sehr gutes Pferd?“ fragte er. „Der, welcher ihn gestohlen hat, muß ein besserer Reiter sein als diejenigen, welche ihn verfolgten.“
    „Und dennoch haben sie ihn erreicht, wie du jetzt siehst. Saadis el Chabir, wo hast du das geraubte Pferd?“
    „Ich?! – Hat dir der Smum, der böse Wind der Wüste, das Gehirn ausgetrocknet, daß du diese Frage aussprechen kannst?“
    Da legte der würdige Oberst der Mameluken seine Hand an den Griff des Yatagans und rief: „Kelb, Ibn el Kelb – Hund, Sohn eines Hundes, kennst du mich?“
    „Ich kenne dich, denn ich habe dich in el Marsa (Bad am Ostende von Tunis) auf der Straße Sihdi Morgiani und auch vor dem Dar el Bei (Haus des Beis) an der Spitze der Sklaven gesehen. Du stammst aus den Ländern des Nordens, wo die Ungläubigen wohnen, die Allah verdammen möge. Bist du noch so rhassihm (fremd, grün, unwissend) im Land der Gläubigen, daß du es wagst, einen Krumir von dem Ferkah ed Dedmaka einen Hund zu nennen? Weißt du nicht, daß du nur den als Dieb behandeln darfst, den du unmittelbar nach dem Diebstahl auf dem gestohlenen Pferd sitzend findest? Und selbst wenn du den Fliegenschimmel heut bei mir gesehen hättest, so würde ich ihn nicht gestohlen, sondern geschenkt erhalten, getauscht oder gekauft haben. Wärest du nicht der Gast dieser Männer, bei denen ich Wasser getrunken habe, so würde dich mein Messer treffen. Aber sagst du nur noch ein einziges Schimpfwort zu mir, so wird augenblicklich deine Seele zu ihren Vätern versammelt sein. Ein Sohn der Krumirs läßt sich nicht zum zweiten Mal ungestraft beleidigen. Merke dir das!“
    Diese Drohung hatte keinen Einfluß auf den tapferen Krüger-Bei. Er trat seinem Gegner einen Schritt näher und fragte: „Wagst du, zu lügen, daß du das Pferd gestohlen hast?“
    „Ich brauche nicht zu lügen und brauche auch nichts einzugestehen. Rede, mit wem du willst, nur nicht mit mir!“
    „Nun wohl, dieser Wunsch soll dir erfüllt werden, aber glaube ja nicht, daß du mir entkommst!“ Und sich an Ali en Nurabi wendend, fuhr er fort: „Also dieser Saadis el Chabir steht wirklich unter Eurem Schutz?“
    „Ja; er kann drei Tage lang frei und unbelästigt bei uns umhergehen, als ob er zu uns gehörte. Am vierten Tag, zur Zeit des Fetscher (auch el Fagr genannt – erstes Gebet zur Zeit des Zwielichtes vor der Morgenröte), erhält er sein Pferd zurück, um uns zu verlassen. Aber zur Zeit der Morgenröte jagen wir ihm nach, und wenn wir ihn ereilen, so nehmen wir sein Blut. So wurde es beschlossen.“
    „Er wird vorher entfliehen!“
    „Er hat geschworen, nicht zu fliehen.“
    „Welchen Schwur hat er geleistet?“
    „Bei Allah, dem Propheten, und allen heiligen Kalifen.“
    „So wird er seinen Schwur halten. Ich aber habe keinen Teil an eurem Beschluß; ich habe ihm nicht versprochen, ihm zwischen dem Zwielicht und der Morgenröte Zeit zum Entkommen zu lassen. Ich werde ihn an der Grenze eurer Weideplätze erwarten, um ihn festzunehmen und nach Tunis zu bringen.“
    „Dies müssen wir dir gestatten“, antwortete der Bei; „aber ehe du ihn nach Tunis bringst, wird er bereits von unsern Kugeln gefallen sein. Jetzt aber tretet ein in das Zelt; ich rieche den Duft des Schafes, welches für euch geschlachtet wurde.“
    Der Krumir schritt mit erhobenem Haupt davon, wir aber gingen in das Zelt, wo wir von Mochallah und ihrer Mutter bedient wurden. Weder der Scheik noch einer der Seinigen war bei dem Mahl gegenwärtig. Die Sitte verbot ihnen, zu essen, bevor der getötete Genosse begraben war.
    „Was hat dieser Kolonel der Leibwache mit dem Scheik verhandelt?“ fragte mich Sir Percy während des Essens.
    Ich erklärte ihm den Vorgang.
    „Hm!“ brummte er. „Miserabler Spitzbube, dieser Krumir! Soll uns nicht entwischen, dieser Kerl! Yes! Ich schaffe ihn mit nach Tunis.“
    „Ich denke, Ihr wollt Euch mir anschließen?“
    „Ah, richtig! Ihr wollt ja nach dem Süden, und ich gehe mit. Aber vorher können wir doch helfen, den Menschen zu fangen!“
    „Werden sehen. Ich traue weder ihm noch seinem Schwur. Vielleicht passiert irgend etwas, noch ehe die drei Tage abgelaufen sind.“
    Wir waren eben mit dem Mahl zu Ende, als sich draußen ein lautes, vielstimmiges Klagegeheul erhob. Man stand im Begriff, den Toten zu beerdigen. Als Gäste hatten wir die Verpflichtung, uns mit anzuschließen; daher verließen wir das Zelt und gingen vor das Lager, wo sich sämtliche Bewohner

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