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180 - Die Enkel der Astronauten

180 - Die Enkel der Astronauten

Titel: 180 - Die Enkel der Astronauten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell und Mia Zorn
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der Reddoas beschäftigt war. Natürlich hatte er keine Chance gegen die fünf Kämpfer. Schon klappte der zweite Wächter – die anderen nannten ihn Dirty Charley – ein in den Boden eingelassenes Holzgitter hoch. Sie zogen ihn eine enge Stiege hinunter in ein großes Erdloch, stießen ihn über einen schmalen Gang und schließlich in eine von mehreren Zellen, in die das Erdloch durch Metallgitter unterteilt war. Mit Ketten verschlossen sie die Zellentür.
    »Lasst mich raus hier!«, schrie eine heisere Frauenstimme. »Aufmachen!«
    Matthew Drax war halb betäubt vor Wut und Schmerz.
    Aus den Augenwinkeln registrierte er eine große, wuchtige Gestalt in der Nachbarzelle. Sie stand an der Gittertür, rüttelte daran und schrie: »Schließt auf! Ich befehle euch: Schließt auf und lasst mich raus! Los, Kerle, macht schon! Wenn ihr den nächsten Winter mit heilen Knochen erleben wollt, lasst mich raus!«
    Schritte entfernten sich rasch, Scharniere quietschten, Metallgittertüren schlugen auf Türrahmen, Stimmen und Schritte verloren sich irgendwo über dem Erdloch auf dem Hof.
    Matt Drax ließ sich auf den Rücken fallen. Schwer atmend zerrte er an seinen Fesseln und starrte zur Decke.
    Wut brannte in seinen Eingeweiden. Vor allem Wut auf sich selbst: Welcher Teufel hatte ihn geritten, den grobschlächtigen Weibern und ihren Hampelmännern in diese Siedlung zu folgen? Wie hatte er nur so naiv sein können! Er verfluchte diese gewalttätige Cantalic, er verfluchte die lächerlichen Charleys, er verfluchte diese arrogante, größenwahnsinnige Warqueen, und vor allem verfluchte er sich selbst.
    Lange lag er so da und haderte mit sich selbst. Das Violett des Himmels über dem Gitter des Erdlochs verfärbte sich allmählich in tiefes Nachtblau. Auf einmal wurde Matt bewusst, dass die Frau in der Nachbarzelle nicht mehr schrie. Er wandte den Kopf: Sie stand an der Gitterwand, die ihre und seine Zelle trennte, und beobachtete ihn.
    Ihr Gesicht konnte er nicht sehen, doch die Konturen ihres Körpers waren trotz der Dämmerung noch deutlich zu erkennen: Eine wilde, drahtige Mähne ließ ihren Kopf riesig erscheinen, ihre Glieder waren grobknochig und kräftig, wie Säulen erschienen ihm ihre Schenkel. Sie hatte hünenhafte Schultern, einen gewaltigen Busen und einen unglaublich fetten Bauch.
    »Ich bin nicht fett, Kerl«, knurrte sie heiser und mit tiefer Stimme. »Ich bin schwanger.«
    Matthew Drax schloss die Augen und seufzte. Eine Telepathin! Das hatte ihm gerade noch gefehlt!
    »Cantalic ist ein Arschloch, da hast du Recht, doch kein böses Wort über meine Mutter, hörst du? Sie ist eine mächtige Magica und eine gute Warqueen, merk dir das, Kerl!«
    »Schon klar. So gut, dass sie ihre schwangere Tochter in ein Erdloch sperrt.«
    »Du hast ja keine Ahnung, Kerl! Was suchst du am Uluru? Ist es nur diese Frau?«
    Drax versuchte nicht an Aruula, nicht an den Ayers Rock zu denken, und dachte prompt und farbenprächtig an beides. »Was suchst du in diesem Erdloch? Hat der Uluru dich am Ende auch gerufen?« Er schoss die Frage einfach so ins Blaue ab, doch offenbar ging sie nicht ganz daneben, denn die Frau knurrte böse und fluchte zischend vor sich hin.
    »Nimm mir die Fesseln ab.« Drax rollte sich nahe an die Gittertrennwand. »Gemeinsam finden wir vielleicht einen Weg zur Flucht.«
    »Du kannst mich mal.« Das war das letzte Wort, das sie in dieser Nacht mit ihm sprach. Matt kramte Lieder, Psalmen und Gedichte aus seiner Erinnerung, die er in seiner Kindheit und Jugend gelernt hatte. Um seinen Geist vor ihrer Neugier zu schützen, konzentrierte er sich ganz und gar darauf, in Gedanken die alten Texte zu rezitieren. Und als ihm keine mehr einfielen, ging er in Gedanken durch seine Heimatstadt Riverside und zählte die Fenster in den Hausfassaden und die Gartenstühle in den Vorgärten.
    Darüber schlief er ein.
    Drei oder vier Mal weckte ihn das Gebrüll der Frau in dieser Nacht. Jedes Mal sank er wieder zurück in den Schlaf. Zuletzt weckte ihn das Licht der Morgensonne, das durch das obere Bodengitter ins Erdloch fiel.
    Kurz darauf hörte er Schritte oben auf dem Hof.
    Irgendwelche Verschläge wurden geöffnet, denn es klapperte und quietschte. Dann knurrten, blökten und quäkten Tiere. Bald darauf entfernten sich die Geräusche.
    Ein paar Minuten später wieder Schritte. Diesmal kamen sie näher. Das Gitter wurde hochgeklappt und sechs oder sieben Gestalten stiegen ins Erdloch herunter.
    Drax erkannte Big Charley,

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