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180 - Die Enkel der Astronauten

180 - Die Enkel der Astronauten

Titel: 180 - Die Enkel der Astronauten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell und Mia Zorn
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Sweet Charley, Dirty Charley und Cantalic. Die Warwouman blieb einen Augenblick vor der Nachbarzelle stehen, spähte durch die Gitter auf die am Boden liegende Schwangere, schnaubte verächtlich und spuckte aus.
    Danach kam sie zu Matthew Drax’ Zelle. Sie öffnete die Gittertür. »Es ist so weit, Kerl. Dein letzter Weg ist ungefähr dreihundert Schritte lang. Koste ihn aus.« Sie packte ihn und stellte ihn auf die Beine. »Oder lass es bleiben.«
    ***
    Uluru, 27. August 2011
    Alle drei fuhren aus dem Schlaf hoch.
    Das Feuer war längst erloschen. Sie warfen die Decken ab, standen auf und blickten in den Nachthimmel hinauf.
    Tausende von Sternen funkelten am Firmament. Die drei Männer verharrten reglos – als würden sie lauschen.
    »ER regt sich«, flüsterte der jüngste der Wächter.
    »Ja«, sagte der Älteste. »ER spürt, dass etwas kommt.«
    »Vom Himmel?«
    Der Älteste nickte und deutete zu den Sternen hinauf.
    »Von irgendwo dort oben.«
    »Was ist es denn, das da er kommen spürt? Das große Feuer?«
    Wieder nickte der Älteste. »Etwas, das zu finden ER einst geschickt wurde.«
    ***
    Saturnbahn, nach vielen Millionen Jahren
    (Liob’lan’taraasis ist hier – wer berührt mich?)
    Das Ziel. Wohin sein Lauschen sich auch tastete – es war allgegenwärtig. In all dem Rauschen, Wispern und Raunen, das ihn umgab. In jeder Bilderwoge, die an ihm vorüber glitt.
    In jeder Gedankenbrandung, die ihn durchperlte. In jedem Empfindungsstrom, den er berührte. Das Ziel. Alle konzentrierten sich darauf.
    Alle, die wach waren. Wach? Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er dachte, dass er empfand. Nach so unvorstellbar langen Zeiträumen des Schlafes wieder denken und empfinden – er konnte es kaum fassen.
    Was aber bedeutete es, erwacht zu sein? Es konnte nur eines bedeuten: Der Wandler war am Ziel!
    (Sind wir am Ziel?) , dachte er aufs Geratewohl. (Ist unsere lange Reise endlich zu Ende? Wer hat mich berührt, dass ich erwachte?)
    Wie eine warme Magmafontäne streifte ihn der Gedankenstrom einer fremden Aura. Ehrfurcht durchschauerte ihn. Es war der Sol selbst, dessen mentale Nähe er spürte.
    (Etwas hat viele von uns berührt und geweckt, Liob’lan’taraasis), rauschte es aus der Aura des Sols. (Wir sind im Zielsystem kurz vor dem Zielplaneten, doch nun droht ein massereicher Planet uns einzufangen. Offenbar ist der Wandler nicht in der Lage, die Kurskorrektur selbst vorzunehmen. Ich spüre kein Pulsieren, keine Aktivität.)
    (Können wir den Kurs korrigieren, Ora’sol’guudo?) Eine andere Stimme .
    (Ja, Est’sil’bowaan. Wenn alle, die erwacht sind, ihre Auren verbinden, wird uns das gelingen.)
    ***
    Cambridge, Massachusetts, 27. August 2011
    Vier Männer und drei Frauen bestritten den Nachtdienst am Smithsonian Astrophysical Observatory in Cambridge, Massachusetts. Seit der neue Komet auf der Bildfläche erschienen war, arbeitete man hier rund um die Uhr.
    Ein fünfter Mann stand mitten im Raum – mittelgroß, dürr und mit einem blonden Haarzopf. Ein Mann, der keinen Augenblick stillstand: Professor Dr. Jacob Smythe.
    Auf dem Hauptmonitor an der Frontseite des großen Raumes funkelten Sterne. Knapp über dem westlichen Horizont leuchtete ein spindelförmiger Lichtfleck – »Christopher-Floyd«, der Komet, den zwei Laienastronomen zwei Tage zuvor entdeckt hatten. Da passierte er gerade die Bahn des Saturn.
    Smythe verlangte den aktuellen Neigungswinkel des neuen Himmelskörpers. Insgeheim hoffte er, der Ringplanet würde den Vagabunden einfangen. Er zog einen Schokoriegel aus der Brusttasche seines Hemdes.
    »Der Bahnneigungswinkel beträgt exakt zwölf Grad, neunzehn Minuten und siebenunddreißig Sekunden, Sir«, sagte ein Astronom, der an der Konsole direkt unter der Projektionsfläche saß.
    Smythe traute seinen Ohren nicht. Er lief zu dem Mitarbeiter, beugte sich über dessen Schulter und beäugte die Tabelle auf dem Monitor in der Konsole. »Es stimmt… Verdammt, es stimmt tatsächlich! Gestern waren es noch mehr als dreizehn Grad!«
    Die relativ drastische Veränderung des Neigungswinkels war ungewöhnlich, ja, eigentlich ausgeschlossen. Ein Flugzeug konnte seinen Kurs so deutlich ändern, ein Schiff, eine Raumfähre, ein Wildgansschwarm – aber kein Komet! Der Astronom machte das Gravitationsfeld des Saturn dafür verantwortlich, doch diese Erklärung vermochte Smythe nicht zu beruhigen. »Unmöglich können die Gravitationskräfte des Planeten den Neigungswinkel so deutlich verändern!«

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