180 - Die Enkel der Astronauten
Unsichtbaren vom Uluru gemeinsame Sache zu machen. Ja, schlimmer noch: Cantalic beschuldigt sie, sich mit einem der Unsichtbaren gepaart zu haben. Was in ihrem Bauch heranwächst, sei ein Feind.« Sie öffnete die Augen und starrte Matt an. »Bis jetzt habe ich es vermieden, das Todesurteil über sie zu verhängen. Doch nun gibt es eine Chance für sie, ihre Unschuld zu beweisen.«
»Genau wie für mich.«
»Genau wie für Sie, Commanderdrax, Kerl.« Die Große Marsha seufzte. »Ich hoffe natürlich, dass Blackdawn Sie töten wird.«
»Natürlich.«
***
Red Toad, Australien, September 2012
»Nicht pressen, Marsha!« Joans Stimme klang streng.
Marsha bäumte sich auf. »Es geht nicht, ich muss!«
Inga tupfte ihr mit einem feuchten Tuch den Schweiß von der Stirn. »Hecheln, du musst hecheln, Kleines!«
Marsha gehorchte. In kurzen Intervallen stieß sie die Luft aus. Der krampfartige Schmerz verebbte.
Seit zwölf Stunden war Marsha in der Geburtshöhle von Red Toad. Die Wehen kamen alle zwei Minuten. Wie Wellen durchfluteten sie ihren Unterleib und schoben das Kind immer weiter in den Geburtskanal. »Ich will nicht mehr!«, jammerte sie und ließ sich erschöpft in das Kissen sinken. Hilflos diesem schmerzhaften Akt der Geburt ausgeliefert, kam sie sich selbst schon vor wie ein kleines Kind.
Warum bist du nicht hier? Sie war wütend auf Sean. Vor zwei Tagen waren er und Carlos mit einem Suchtrupp Richtung Norden aufgebrochen. Anangu berichteten von einer Gruppe Frauen und Kinder, die dort ziellos durch das Outback irrten.
»Geh nicht!«, hatte sie ihn bekniet. »Ich will dich bei mir haben, wenn unser Kind kommt.«
Aber er ließ sich nicht überreden. »Versteh doch. Ein paar Tage diesem Loch hier entfliehen und dabei etwas Sinnvolles tun. Du würdest diese Gelegenheit auch beim Schopfe packen! Oder?«
Natürlich würde sie. Jeder hier litt unter dem beengten Raum und den düsteren Zukunftsaussichten. Viele Menschen in Red Toad standen noch immer unter Schock. Einige drängten darauf, wieder in ihre Häuser zurückzukehren. Doch die Ungewissheit, ob ihre Städte und Häuser überhaupt noch existierten, und die anhaltende Dunkelheit und die Unwetter auf der Erdoberfläche hielten die meisten von derartigen Selbstmordkommandos ab – bis jetzt.
Marsha spürte, wie sich im Kreuzbein die nächste Wehe vorbereitete. Sie setzte sich auf. Inga stützte sie im Rücken. Joan lächelte sie ermutigend an. »Es dauert nicht mehr lange.«
Marsha stöhnte. Der Schmerz trieb ihr die Luft aus den Lungen. Sie dachte wieder an Sean. »Lass mich nicht alleine mit diesem Adam!«, hatte sie kurz vor seinem Aufbruch gebettelt.
Sean hatte sie böse angeschaut. »Marsha! Nicht schon wieder dieses Thema! Was sollte Adam wohl mit unserem Kind anfangen?«
Immer noch lief ihr ein Schauer über den Rücken, wenn sie an ihre erste Begegnung mit Adam van Larven dachte. Einige Tage danach hatte sie Sean von ihrem Erlebnis mit ihm berichtet. Es war auch das erste Mal gewesen, dass sie ihm von ihren telepathischen Fähigkeiten erzählte.
Er hatte ihr aufmerksam zugehört und sie in den Arm genommen. »Ich werde auf euch aufpassen.« Dabei streichelte er zärtlich über ihren Bauch. »Dieser Adam ist zwar merkwürdig, aber bestimmt nicht bösartig. Ihr hattet ein unglückliches erstes Zusammentreffen. Gib ihm noch einmal eine Chance.« So versuchte er ihre Bedenken zu zerstreuen. Über ihre Begabung der Gedankenverständigung verlor er kein Wort.
Marsha wusste inzwischen, dass Adam in Red Toad großes Ansehen genoss. Er war das Bindeglied zwischen den Anangu und den Weißen. Selbst Carlos Ortiz, der hier unten auch eine führende Rolle einnahm, begegnete ihm mit großem Respekt. Dennoch ging Marsha Adam aus dem Weg. Das war nicht immer möglich.
Einmal wollte sie Reis aus den Vorratskammern der unteren Ebene holen. Aus einem der Gänge hörte sie jemanden nach ihr rufen. Neugierig folgte sie der Stimme und gelangte in den Felsendom. Adam hockte in der Mitte des Raumes und schnitzte an einem Speer.
Warum verleugnest du deine Gabe? Er schaute nicht auf und bediente sich der Gedankensprache.
Marsha wollte ihre Stimme benutzen. Aber es gelang ihr nicht, Ihre Zunge lag schwer wie Blei in ihrem Mund.
Was willst du von mir?
Adam hob den Kopf. Wenn es so weit ist, folge mir.
Marsha wollte weglaufen. Aber eine unsichtbare Hand griff nach ihr. Du kannst deiner Bestimmung nicht entfliehen! Adam stand auf. An ihr vorbei gehend verließ er
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