180 - Die Enkel der Astronauten
aussehenden Anangu entdeckte. Sie packte Joan am Arm und rief ihr etwas zu, doch ihre Worte wurden von dem dumpfen Grollen des Donners verschluckt. In das Tosen des Unwetters mischte sich ein eigenartiger Ton. Es klang wie das Heulen eines Jets. Die Frauen hoben die Köpfe. Etwas näherte sich ihnen.
Nach einigen Minuten ging das Heulen in ein tiefes Brummen über. Plötzlich verstummte es. Aus den Wolkenfetzen torkelten Lichter auf sie zu. Wie ein Riesenrochen rauschte das Space Shuttle an Inga und Joan vorbei. Sein Heck traf zuerst auf. Sand und kleinere Felsen wirkten wie eine Bremse. Gleich einem Kinderkreisel drehte sich das Shuttle mehrfach um die eigene Achse. Funken sprühten. Krachend lösten sich die Fahrwerke. Hitzekacheln, Trümmerteile und Geröll wirbelten mit dem Staub durch die Luft. Metall ächzte, scheuerte über Gestein. Endlich kam das Raumschiff zum Stehen.
***
Als Marsha wieder zu sich kam, hörte sie Stimmen. »Sie ist nur ohnmächtig! Was ist mit dem Mann?«
»Er hat sich vermutlich einige Rippen gebrochen! Inga und Snake bringen ihn nach Red Toad hinunter!«
Marsha schlug die Augen auf. Sie war noch im Shuttle.
Eine Frau beugte sich zu ihr herunter. Schwarze Haarsträhnen fielen aus der Kapuze ihrer Thermojacke, die über und über mit rotem Sand bedeckt war. »Mein Mann«, stöhnte Marsha. »Er hat eine Schusswunde an der Schulter!«
»Alles in Ordnung. Ganz ruhig! Wir haben ihn untersucht. Er hat ganz sicher keine Wunde!« Die grünen Augen der Frau schauten sie besorgt an. »Sagen Sie mir Ihren Namen!«
»Marsha Hunt.« Ihre Zunge war schwer, und ihr Kopf dröhnte.
»Mein Name ist Joan McHendrix, und das ist Adam van Larven.« Hinter der Frau tauchte das Gesicht eines jungen Anangu auf. Marsha stockte der Atem. Sie starrte ihn an, als wäre er ein Gespenst. Es war der Mann, der ihr im Shuttle begegnet war!
Die Frau war aufgestanden und schaute sich suchend um. »Wo ist das Kind?«
»Was für ein Kind?«, fragte Marsha verwirrt. Instinktiv legte sie ihre Hände schützend auf ihren Bauch.
»Sie ist schwanger, Joan«, sagte der Anangu. »Sie hat noch nicht entbunden. Unser Plan hat sich geändert. Wir bringen auch sie nach Red Toad!« Er nickte Marsha kurz zu und verließ das Shuttle.
Irritiert schaute Marsha die Frau an. »Was für ein Plan hat sich geändert?«
»Keine Sorge. Nichts ändert sich. Wir bringen Sie auf die Krankenstation unserer unterirdischen Stadt. Können Sie aufstehen?«
Die Gedankenfetzen der Frau hämmerten gegen Marshas Schläfen. Diese Joan log. Sie wollten sie ursprünglich zu einem Ort namens Uluru bringen.
Warum? Und wer war dieser Kerl? Marsha starrte durch das Cockpitfenster nach draußen. Im Lichtkegel des Shuttles erschien Adam. Wind und Regen trieben ein wildes Spiel mit den dunklen Locken des Anangu. Mit unbewegter Miene schaute er in die Dunkelheit.
Marsha schloss die Augen und konzentrierte sich. Es dauerte nicht lange bis sie in seine Gedanken eintauchen konnte. Er schien sich mental mit jemandem zu streiten.
Ich weiß, dass die Zeit drängt! Ich bringe die Frau und das Kind, wenn der dreizehnte Mond vollendet ist!
***
Blackwood River, November 2522
»Halt!« Wie ein Donnerschlag hallte die tiefe Stimme über die Arena. Sofort verstummten Getuschel, Palaver und Stimmengewirr. »Lasst die Tiere noch einen Augenblick angebunden!« Die Große Marsha stand vor ihrem erhöhten Sessel und reckte die Rechte in den Himmel. »Bringt den Kerl noch einmal zu mir herauf!«
Ein Murren ging durch die Menge, die Zuschauer waren enttäuscht. Ein paar Kinder fingen an zu plärren, da und dort hörte Drax, wie leise Flüche ausgestoßen wurden. Sein Herz schlug ihm in der Kehle; er wusste nicht, wie ihm geschah.
Ein Netz fiel über ihn, schnürte seinen Körper ein und riss ihn zurück in den roten Staub. Das Gatter wurde geöffnet, und die beiden Wächterinnen, sowie Sweet Charley und Little Charley kamen in die Arena. Sie packten die Maschen des Netzes, schleppten ihn aus dem Steinkreis und von außen an den Felsen vorbei bis zu dem Stein, auf dem der Sessel der Großen Marsha stand.
Dort ging es eine breite, in den Fels gehauene Treppe hinauf. Matthew Drax sah die kahl geschorenen Diener der Warqueen und ihre leere Sänfte. Vor ihrem erhöhten Stuhl legten sie den ins Netz geschnürten Mann aus der Vergangenheit ab. »Lasst mich mit ihm allein«, dröhnte der Bass der Magica. Schritte entfernten sich.
Drax richtete sich auf, um der Frau
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