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180 - Die Enkel der Astronauten

180 - Die Enkel der Astronauten

Titel: 180 - Die Enkel der Astronauten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell und Mia Zorn
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uns gerettet. Er ist unser aller Beschützer. Marsha und das Kind gehören ihm.«
    Seans Faust schnellte nach vorne, doch sein Arm wurde zur Seite gerissen. Snake stand dicht vor ihm. Ein Dolch glänzte in seiner Hand.
    »Schluss jetzt!« Carlos drängte sich zwischen die Männer. »Mit welchem Recht stellst du solche Forderungen?«, wandte er sich an Adam.
    »Ich bin das Auge des Ahnen! Die Frau ist eine Gedankenmeisterin, auch wenn sie das leugnet. Ihr Kind wird einst zur Magierin heranwachsen. Ihr wollt einen Beweis?« Adam hob die Rechte. Hinter den Ältesten erschien Inga und reichte Adam den in Decken gehüllten Säugling.
    »Was zum Teufel…!« Sean stürzte an Carlos vorbei. Im selben Augenblick entblößte Adam einen winzigen Fuß des Kindes und hielt ihn nach oben. Auf der Ferse leuchtete ein Mal. Es hatte die Form einer Tschurunga, und deutlich war ein Symbol zu erkennen: das Auge des Ahnen über einem Berg.
    Ausrufe des Erstaunens erhoben sich in den vorderen Reihen. Hinter Adam kreuzten die Stammesältesten ihre Arme vor der Brust. Sie stimmten einen monotonen Gesang an. Victoria Swaff und Carlos schauten sich hilflos an. Sean Bernstein aber riss seine Tochter aus Adams Armen. »Wage nicht noch einmal, sie anzufassen! Sonst bringe ich dich um!«
    ***
    Kata Tjuta, August 2015
    Ein Schneesturm tobte über die Ebene. Die Felsenkuppeln Kata Tjutas waren weiß. Der postapokalyptische Winter hatte das Land im eisigen Griff.
    Eine Stunde Fußmarsch entfernt vom Ostzugang von Red Toad lag das Wrack der Atlantis II unter einer meterdicken Schneedecke. Nur ein geübtes Auge konnte den Zugang erkennen. Im vorderen Teil des Shuttles würfelten drei Kolumbianer darum, wer die erste Wache halten sollte. Hinten saßen Marsha und Sean eng aneinander geschmiegt auf einem Lager aus warmen Fellen. Sean war vor wenigen Stunden eingetroffen. Er hatte Lebensmittel und frische Kleidung gebracht. Im Kerzenlicht beobachtete er seine schlafende Tochter.
    Liebevoll strich er ihr eine dunkle Locke aus dem kleinen Gesicht.
    Naomi drehte sich auf den Bauch. Ihr Fuß rutschte unter der Decke hervor. Nachdenklich betrachtete Sean das Mal auf der kleinen Ferse. Die Erinnerung an den Rattenüberfall legte sich wie ein enger Reif um sein Herz.
    Wie aus dem Nichts waren sie eines Nachts über die Schlafenden von Red Toad gekommen. Sie ignorierten die Vorräte und griffen die Menschen an. Wildes Geschrei erfüllte die Stadt. Überall Blut, weinende Kinder, schreiende Mütter und fluchende Männer. Mit Schuhen und Knüppeln droschen sie auf die wild gewordenen Tiere ein. Panik brach aus, die Leute trampelten sich gegenseitig tot. Fackeln und Gewehre wurden ausgeteilt. Es dauerte Stunden, bis die letzte Ratte tot oder verschwunden war.
    Wie betäubt saßen die Verletzten und ihre Angehörigen später in der Krankenstation und den Gängen davor. Im Ulurusaal wurden die Toten aufgebahrt. Achtzehn Männer und Frauen, die in der Panik zertrampelt worden waren, und fünf Kleinkinder, denen die Ratten die Kehlen durchbissen hatten.
    Es kam, was kommen musste. Irgendjemand sprach vom Fluch des Ahnen, der über die unterirdische Stadt gekommen war, und bald war die Schuldige gefunden: Marsha, die sich geweigert hatte, mit ihrem Kind zum Uluru zu gehen. Man wollte sie gefangen nehmen und Adam ausliefern. Im letzten Moment gelang ihr und Sean die Flucht. Seither lebte Marsha mit ihrer kleinen Tochter im Shuttle. Rodriguez’ Männer bewachten sie.
    »Wie lange kannst du bleiben?« Marsha griff nach einer Thermoskanne und goss ihnen dampfenden Tee in die Becher.
    »Ich breche morgen früh wieder auf«, antwortete Sean bedrückt. »Carlos bat mich, nicht länger als nötig zu bleiben. Die Situation in der Stadt spitzt sich zu.«
    »Es hat sich also nichts geändert«, seufzte Marsha.
    Vor einigen Monaten hatten Mitglieder des Ahnenclans die Zugänge zum Saal versperrt. Ihre Rituale seien nichts für die Augen und Ohren von Ungläubigen. Carlos und Victoria Swaff veranlassten daraufhin eine außerordentliche Sitzung des Rates. Es kam zu keiner Einigung. Der Rat wurde aufgelöst.
    Marsha betrachtete ihren Mann. Seine Wangenknochen stachen aus dem fahlen Gesicht hervor. Er wirkte nervös und ausgebrannt. Besorgt nahm sie seine Hand. »Willst du mir nicht erzählen, was passiert ist?«
    »Victoria Swaff und Bob Frost sind verschwunden.«
    Seans Stimme klang unwirklich. Marsha starrte ihn fassungslos an. »Es begann mit einem Beschluss des ›Neuen Rates‹:

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