180 - Die Enkel der Astronauten
Nur noch Mitglieder des Ahnenclans sollen in Zukunft die Kinder unterrichten. Carlos hat empfohlen, die Anweisung zu ignorieren. Vor zwei Tagen versuchte Joan mit einer Gruppe Bewaffneter die Kinder zum Unterricht abzuholen. ›Die Kinder dürfen nicht darunter leiden, wenn die Eltern auf der falschen Seite stehen‹, sagte sie.« Sean schüttelte den Kopf, als glaube er selbst nicht, was er erzählte. »Die Leute wehrten sich, Bob Frost rief zum bewaffneten Widerstand gegen den Clan auf. Carlos beruhigte die Leute und verfasste einen Brief mit ihnen, Vorschläge zur friedlichen Koexistenz beider Gruppen in Red Toad, und so weiter. Victoria und Frost überbrachten ihn am nächsten Tag Adam und Leuten vom Clan. Sie kamen nicht zurück.«
Sean begann zu zittern. Er nahm einen Schluck von dem warmen Tee, den Marsha ihm reichte.
»Adam behauptet, sie hätten Joan zum Uluru begleitet. Es sei ihr ausdrücklicher Wunsch gewesen, mit diesem ominösen Ahnen persönlich Kontakt aufzunehmen.«
Seans Brauen zogen sich zusammen. »Die Leute tobten. Sie wollen nun das Labyrinth stürmen. Carlos konnte bisher das Schlimmste verhindern. Aber jetzt ist der Kampf unausweichlich.«
***
Blackwood River, November 2522
Sie schleppten Matt Drax zurück zum Eingang des Steinkreises. Dort warfen sie ihn in den Staub, ohne ihn aus seinem Netz zu befreien. Ohnmächtige Wut tobte in seiner Brust. Er beobachtete drei alte, massige Weiber, die bei einer benommenen Warwouman knieten. Sie verbanden ihr den Kopf, wedelten ihr Luft zu und flößten ihr einen Saft ein.
Erst auf den zweiten Blick erkannte er das geschwollene Gesicht: Cantalic. Sein Tritt hatte ihr übel zugesetzt, doch das tröstete ihn nicht über seine verzweifelte Lage hinweg. Böse funkelte sie ihn an, und Matthew Drax begriff, dass er sich eine Feindin gemacht hatte.
Ein paar Minuten vergingen. Unruhe herrschte unter den Warwymen und Kriegern vor dem Gatter, Unruhe auch oben unter den Zuschauern auf den Felstischen.
Dann näherten sich Schritte. Eine Gruppe von etwa einem Dutzend Warwymen eskortierte eine hünenhafte Frau zur Steinkreisarena. Obwohl er ihr Gesicht noch nie bei Licht gesehen hatte, wusste Drax, dass es die Gefangene aus seiner Nachbarzelle war: Blackdawn, die telepathisch begabte Tochter der Großen Marsha. Sie war nicht gefesselt, trug allerdings ein Lederband mit Ringen um den Hals. An den beiden seitlichen Ringen waren zwei starke Führungsleinen befestigt, an denen man sie festhielt.
Bevor sie an Cantalic vorbeiging, packte sie die Führungsseile, hielt sie fest und blieb stehen. Verächtlich blickte sie auf ihre Schwester hinab. Die große Ähnlichkeit fiel Drax auf. Blackdawn war zwar größer und breiter und hatte eine wildere Haarmähne, aber die Gesichter der beiden Walküren waren einander zum Verwechseln ähnlich.
Die Warwymen, die sie führten, wollten weitergehen, doch die Telepathin hielt die Seile fest, riss sogar unwillig daran, sodass eine der beiden Frauen beinahe das Gleichgewicht verlor. »Wenn ich mit dem Kerlchen fertig bin, rechnen wir ab«, zischte sie. Dann spuckte sie vor Cantalic aus und ging weiter zum Gatter. Drax würdigte sie nur eines flüchtigen Blickes.
Jemand öffnete das hohe Gatter zum Steinkreis, und die Wacheskorte führte die Telepathin hinein. Big Charley, Dirty Charley und Sweet Charley griffen in die Maschen von Drax’ Netz und schleiften ihn hinterher.
Das Gatter fiel zu. Die Charleys befreiten Matt aus seinem Netz. Er stand auf und schüttelte sich. Von den Zuschauerfelsen flogen schon wieder Steine und Dreck auf ihn herab. Kinder streckten ihm die Zunge heraus, Frauen drohten mit den Fäusten, Männer verspotteten ihn mit obszönen Gesten. Der Mann aus der Vergangenheit biss die Zähne zusammen und konzentrierte sich auf seine Gegnerin.
Warwymen befreiten die angebliche Verräterin von ihren Führungsseilen. Blackdawn grüßte nach allen Seiten zu den Zuschauerfelsen hinauf. Von dort jubelte man ihr zu. Selbst die vier Tiere jaulten, quäkten und blökten. Ihn beachtete die hünenhafte Frau überhaupt nicht. Matt witterte seine Chance – einen Gegner zu unterschätzen hielt er grundsätzlich für eine Schwäche, aus der man Kapital schlagen konnte.
Die Große Marsha erhob sich, und schlagartig verstummten Jubel, Applaus und Palaver. Sogar die Tiere gaben Ruhe. »Meine Tochter schwört den Reddoas und mir, der Großen Marsha, die Treue«, rief sie.
»Zuverlässige Zeugen jedoch wollen wissen, dass sie
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