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180 - Die Enkel der Astronauten

180 - Die Enkel der Astronauten

Titel: 180 - Die Enkel der Astronauten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell und Mia Zorn
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er.
    Stumm vor Wut und Verzweiflung stapften sie zurück zu ihren Leuten in den oberen Ebenen. Dort riefen sie die anerkannten Wortführer zusammen und berieten stundenlang, wie sie Naomi vor dem Clan des Ahnen schützen konnten. Rodriguez plädierte dafür, die Sprengladungen zu zünden.
    »Das könnte die ganze Stadt zerstören«, sagte Carlos nachdenklich.
    »Wenn wir ihnen Naomi nicht ausliefern, werden sie uns sowieso töten!« Sean war zu allem entschlossen.
    »Wir haben keine andere Möglichkeit, als unsere Leute zu evakuieren und dann die unteren Ebenen zu sprengen!«
    »Doch! Es gibt eine!« Marsha trat aus der Dunkelheit des Höhleneingangs. Sie stand dort schon lange und hatte die Gespräche der Männer aufmerksam verfolgt.
    »Marsha! Wieso bist du hier?« Als Sean seine Frau sah, wurde er leichenblass. »Ist etwas mit Naomi?«, fragte er erschrocken.
    »Sie ist im Shuttle. Rodriguez’ Männern sind bei ihr! Es ist keine Zeit für Erklärungen. Nimm das hier!« Marsha reichte ihm die rote Schatulle.
    Sean starrte das verplombte Kästchen an.
    »Allmächtiger! Der Pilz!«, flüsterte er heiser.
    ***
    Red Toad, 11. September, 2024
    Sean tastete nach dem Röhrchen in seiner Tasche. Marsha hatte ihm eingebläut, nicht an den Pilz zu denken, während er mit Adam sprach. Ein paar Dutzend Würfelchen des Gegenmittels SARI trug er in einem Ledersäckchen um den Hals. Er selbst hatte bereits einen Würfel der bitteren Substanz eingenommen.
    Die Wachen der Ahnenclans führten ihn zum Eingang des Ulurusaales . Dort erwarteten ihn Adam und Snake.
    »Wo ist Naomi?« Der Schamane belauerte ihn herausfordernd. Sein Körper war mit roter Farbe beschmiert und seine Haare mit Federn geschmückt. Die Spitze seines Speeres reflektierte den Fackelschein.
    »Sie ist mit Marsha auf dem Weg hierher!« Sean konzentrierte sich auf die Bilder in seinem Kopf. Das Shuttle, der Schnee, Marshas nackter Körper, die weißen Kuppeln von Kata Tjuta.
    Menschen drängten sich durch den Felsengang an ihm vorbei. Zweihundert Meter weiter warteten sie in einer langen Schlange vor einem schmalen Durchgang. Sie trugen Bündel mit Decken, Kleidern und anderen Habseligkeiten.
    »Sie verlassen Red Toad!«, erklärte Adam. »Hinter der kleinen Höhle dort hinten beginnen die Stollen, die zum Uluru führen. Diesen Weg wird auch deine Tochter nehmen.«
    Sean spähte an den beiden Anangu vorbei in den Ulurusaal . Er war brechend voll. Die Menschen im Felsensaal hatten ihn erkannt, viele Augenpaare waren auf Sean gerichtet. »Auch von dort führt ein Stollen zum Uluru«, sagt Adam. »Komm.« Mit einer Kopfbewegung winkte er Sean hinter sich her. »Wir warten hier drinnen auf Marsha und Naomi.« Sean folgte ihm. Snake blieb am Eingang zurück. Die Leute des Clans bildeten eine Gasse zur Mitte der Höhle. Dort standen Joan, Inga und Victoria Swaff. Während Sean hinter Adam auf die Frauen zustolperte, schloss sich die Gasse hinter ihm.
    Angst trieb ihm Schweißperlen auf die Stirn. Ich komme hier nie wieder raus!
    Adam drehte sich ruckartig um. Misstrauisch fixierten seine blauen Augen den schwitzenden Mann. Sean dachte krampfhaft an seine erste Luftkampfübung, er sah sich tanzend vor seinem Schlafzimmerspiegel in New York, fühlte die weichen Brüste seiner Frau auf seiner Haut, rief den Augenblick des Shuttlestarts auf die innere Bühne seines Gedächtnisses. Seine Hände versuchten das Röhrchen in seiner Tasche zu öffnen – der Verschluss klemmte. Seine Gedanken brachen aus, wanderten zum Gegenmittel im Säckchen um seinen Hals, und die Augen des Schamanen bohrten sich in sein Hirn. Sean presste die Lippen zusammen. Warum ließ sich das verdammte Röhrchen so schwer öffnen?
    Adams Blick glitt an Sean herab und blieb an der Tasche seiner Jacke hängen. Plötzlich begriff er. Mit einem kehligen Laut riss er seinen Speer hoch und holte aus – die Spitze durchbohrte Bernsteins Brust. Im selben Augenblick spürte Sean, wie die Kappe vom Röhrchen sprang. Während er stürzte, riss er es aus der Tasche. Er sah es zwischen den Füßen der Clanleute über den Boden rollen. Sein letzter Gedanke galt Naomi.
    Adam fluchte, als er das leere Röhrchen entdeckte.
    Wütend riss er das Ledersäckchen von der Brust des Toten. Während er einen weißen Würfel in den Mund steckte, brach um ihn herum das Chaos los.
    In Bruchteilen von Sekunden hatte sich der Pilz im Ulurusaal ausgebreitet. Die Menschen taumelten und tanzten wild umher. Snake und andere Männer

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