1807 - Larissas Blut-Party
Stahl und der Bestatter in den Kombi. Erwin Schwarz fuhr, Harry setzte sich neben ihn.
Sie fuhren zuerst ab.
Ich setzte mich auf ihre Reifenspuren, die in dem weichen Boden deutlich zu sehen war. So richtig toll ging es mir nicht. Ich war gespannt darauf, was die nächsten Stunden bringen würden. An eine ruhige Nacht glaubte ich nicht …
***
Sie war unterwegs. Sie musste unterwegs sein, denn es gab keine andere Möglichkeit für sie. Wenn sie in ihrer primitiven Hütte geblieben wäre, hätte man sich auf sie gestürzt. Vor allen Dingen der Typ mit den blonden Haaren hatte etwas an sich, das sie als grauenvoll und gefährlich empfand.
Larissa irrte durch den Wald. Es war ihr Revier, hier kannte sie sich aus, und sie hatte zudem den Vorteil, in der Dunkelheit sehen zu können. Sie war ein Vampir. Sie brauchte das Blut der Menschen. Sie würde es sich holen müssen, wenn sie weiterhin existieren wollte. Bisher hatte sie es gut gehabt. Da hatte sie sich um das Besorgen des Blutes keine Gedanken machen müssen. Man hatte ihr den kostbaren Saft gebracht. Das war nun vorbei. Jetzt musste sie wieder auf die Jagd gehen. So wie sie es früher getan hatte.
Früher?
Mein Gott, das war schon so lange her. Es verschwamm im Halbdunkel der Vergangenheit. Sie konnte sich nicht genau daran erinnern, wie es passiert war.
Sie war in eine Falle gelaufen. In die Falle einer Frau mit blonden Haaren. Die hatte sie fasziniert, und Larissa war mit ihr gegangen. Die Blonde hatte sie dann in ein Bett gezerrt, und Larissa hatte an alles gedacht, nur nicht an das, was sie wirklich erlebt hatte. Sie war gebissen worden.
Hart und brutal in den Hals. Und dann war aus zwei Wunden das Blut in den weit aufgerissenen Mund der Frau gesprudelt, die ihr Blut getrunken hatte.
Kurz bevor sie weggetreten war, hatte sie ihr weiteres Schicksal erkannt.
Die Blonde hatte ihr Blut getrunken und aus ihr eine Vampirin gemacht. Damit musste sie sich abfinden, und das hatte sie auch getan. Sie war einen neuen Weg gegangen und hatte sich im Wald verkrochen. In der Nacht war sie dann auf Suche nach Beute unterwegs gewesen. Das Blut der Menschen hatte sie nie getrunken in der ersten Zeit. Sie hatte selbst wie ein Tier gelebt und andere Tiere gejagt. Die hatte sie dann getötet und das noch warme Blut getrunken.
So hatte sie sich über Wasser halten können. Es waren immer wieder Tiere, die sie tötete, doch das war ihr bald nicht genug. Es ging wider ihre Natur. Sie brauchte anderes Blut. Das Blut der Menschen, und das würde sie sich holen.
Ihr erster Ausflug endete in einem Sargladen. Bei einem Bestatter, der zwar mit Toten zu tun hatte, aber nicht mit Untoten. Er war auch Chef in einem Totenwald, wo die Asche der Menschen in der Erde begraben wurde. Dort war sie dem Bestatter begegnet, der mit ihr einen Deal gemacht hatte.
Er besorgte ihr das Blut. Sie selbst musste nicht auf die Jagd gehen. Es war das Blut verschiedener Menschen, das schmeckte sie sogar heraus. Die Leute, die ihr Blut spendeten, wussten nicht, für wen es war. Ihnen hatte man erzählt, dass ihr Blut einem Krankenhaus zugute kam. Es war geglaubt worden.
Jetzt nicht mehr.
Ab jetzt war alles anders. Es gab Menschen, die ihr Geheimnis aufgedeckt hatten. In diesem Wald würde es bald von fremden Menschen wimmeln, die nach ihr suchten.
Sie musste weg. Fliehen. Und das noch in dieser Nacht. Aber sie wusste nicht, wohin sie fliehen sollte.
Also würde sie sich Rat holen müssen. Es gab nur einen, bei dem sie das konnte. Und das war Erwin Schwarz, der Bestatter, ihr Freund, der so viel für sie getan hatte.
Zum Glück wusste sie, wo er wohnte. Sie würde hinlaufen und auf ihn treffen.
Allerdings gab es da ein Problem. Die beiden Männer, die sie bei Schwarz im Wald gesehen hatte. Sie würden sich so leicht nichts vormachen lassen.
Larissa lief durch den Wald. Eine Pause brauchte sie nicht. Eine wie sie lief wie eine Maschine.
Sie wich den Ästen und Zweigen aus, verließ den Wald und trabte kurz danach über einen Feldweg, der am Waldrand entlang lief und durch Reifenspuren gezeichnet war.
Larissa war allein. Sie wollte auch allein bleiben und den Vorteil der Überraschung nutzen. Schon bald hatte sie die normale Straße erreicht und lief schneller. Es gab bei ihr keinen Anflug von Panik oder von Erschöpfung. Sie war die Blutsaugerin und den normalen Menschen um vieles überlegen.
Um sie herum war es dunkel. Sie lief immer weiter auf die schwache Lichtquelle an der rechten Seite
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