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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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sehr verwickelt sein dürften, und es uns auf Gehalt nicht ankommt, da wir keines zahlen, so besetzen wir diese Stelle zwei-, drei-, vierfach, indem wir alle Festordner zugleich dazu ernennen und es uns vorbehalten, ihnen ihre speziellen Befehle zu erteilen.«
    Man war mit dieser Anordnung des neuerwählten Monarchen vollkommen zufrieden und schien überhaupt geneigt, sich dem Herrscherpaar im Gehorsam zu fügen. Der erste Befehl lautete, man solle einen Spaziergang auf den Marienberg antreten, welcher, dicht bei der Stadt gelegen, einen reizenden Blick über das Elbtal gewährt und nicht schwer zu ersteigen ist. Dabei wollte man dann das Weitere besprechen. Paarweise machte man sich auf und trat den Weg an. Es war ein heiterer Zug, der sich leicht und munter, anfangs durch die Gassen des Städtchens zwischen den gaffenden Einwohnern hindurch und dann über den Rasen unter schattigen Bäumen dahinbewegte. Tücher, Bänder und Gewänder flatterten im Luftzuge, die farbigen leichten Sonnenschirme schimmerten durch das Grün der Gebüsche. Den Krümmungen des Bergpfades folgend, fing man schon an, zwischen den Weinmauern und Gartenhecken, welche den Abhang lebendig durchschneiden, aufwärts zu steigen. Man sah die Reihen dreifach übereinander, in hin und wieder laufender Bewegung, bis sie höher hinauf in der Biegung des Pfades und dem Dunkel des mit Gebüschen gekrönten Gipfels verschwanden. Erlhofen schritt, mit der Gräfin am Arm, an der Spitze seines Volks; von Zeit zu Zeit stand er still, teils um ausruhen zu lassen, teils um auf die schönen Blicke, welche man in das Tal hatte, aufmerksam zu machen. Der Gipfel war bald erreicht; er gewährte, wenngleich nicht eine weite Aussicht, doch einen ungemein reizenden Überblick der nächsten Landschaft. In die Gassen des Städtchens sah man so hinein, als stände man auf einem Turme. »Wir können unsere Monarchie von hier oben deutlich übersehen,« sprach der Baron und deutete mit dem Finger auf den Gasthof am Markt, in dessen Fenster man hineinblicken konnte; »auch unsere Heeresmacht können wir zählen, die sich dort in Form einer Wagenburg im Schatten des Rathauses am Markt aufgestellt hat. Ich sehe aber nicht ein, weshalb ich nur unsere nächsten Besitztümer der Monarchie einverleiben will! Was heißt besitzen? Meiner Meinung nach besitzt man alles das, was man genießt, wenigstens solange man es genießt. Dadurch erweitern sich die Grenzen unsers Gebiets bis ins Unermeßliche; das Elbtal, dessen schöner Anblick uns heute erfreuen soll, gehört uns nun ganz unbestreitbar, und was man wider unsere Herrschaft über die Sonne, die uns heute die Luft mild erwärmen muß, und über den Mond, dem ich's besonders aufgetragen habe, uns nach Hause zu leuchten, einwenden will, kann ich mir kaum vorstellen.«
    »Die schönere Hälfte unsers Besitztums,« erwiderte die Gräfin, indem sie sich freundlich umsah, »scheint mir der lebendige Teil unserer Herrschaft zu sein; ich werde mich als eine wahre Landesmutter am meisten in dem Wohlsein meines Volks glücklich fühlen.« – »Wahrlich!« rief Erlhofen, »ihr habt recht, Majestät! Wenn ich hier unsere Untertanen betrachte, so möchte ich fast behaupten, kein Monarch in Europa beherrsche eine so gebildete, reiche und so folgsame Bevölkerung. Denn wir haben in unserm Staate zwar Mangel an den notwendigsten Einrichtungen, allein aus sehr guten Gründen. Es fehlt uns an Polizei, weil wir keine Vagabunden haben, oder vielleicht alle zusammen welche sind; von einem Gerichtshof wissen wir nichts, aus Mangel an Verbrechen, und ein Advokat könnte unter uns nicht leben, weil, solange unser Thron steht, noch kein Prozeß geführt ist. Armenanstalten fehlen, weil kein Bettler sich zeigen will als höchstens einer um einen Kuß; und da, hoffen wir, wird man sich im Notfall wohltätig zeigen.«
    »Nicht zu voreilig, lieber Monarch,« erwiderte die Gräfin lächelnd, »nicht gar zu früh laßt uns über den guten Zustand unsers Reiches frohlocken. Wer weiß, ob nicht bald Zwiespalt und Aufruhr in demselben ausbricht; wenigstens dürfte Ihre letzte Annahme einen Gerichtshof nötig machen, einen Liebesgerichtshof, versteht sich.« – »Da führen wir selbst den Vorsitz, Königin,« rief der Baron lebhaft, »und ich wollte nur, daß schon ein klagbares Liebespaar vor uns stände.«
    Unter diesen Gesprächen hatte man sich einen anmutigen Punkt ausgesucht, der auf weichem Moose unter schattiger Umbüschung einen einladenden Ruheplatz

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