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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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jugendliche Paare zueinander gesellte. Auch die Überraschung tat das ihrige, um die Freude zu erhöhen, denn erst im Einsteigen erfuhr man, welches Paar das zweite in jedem Wagen wurde. Marie sah gleich beim Beginn des Tanzes mit klopfendem Herzen, daß sie mit der Gräfin in einem Wagen fahren werde, indem sie, von dem Rittmeister, welcher sein Pferd einem Freunde übergeben hatte, aufgefordert, unmittelbar dem Baron folgte. So beklommen ihre seltsamen Verhältnisse sie machten, so mußte es sich doch jetzt entscheiden, ob sie der Gräfin völlig unbekannt bleiben, oder in eine nähere Beziehung zu ihr treten würde, denn es konnte nicht fehlen, daß Erlhofen und der Rittmeister, zumal da beide Ordner des Festes waren, die Damen einander vorstellen würden. Dies geschah auch, sowie sie im Wagen saßen; kaum hatte Erlhofen Mariens Namen genannt, als die Gräfin auch sogleich angelegentlichst fragte, ob sie aus Dresden sei und den Oberst Rasinski, ihren Bruder, gekannt habe.
    Als Marie beides bejahte, fragte die Gräfin auch nach ihrem Bruder und nach ihrer Mutter, und ob beide anwesend seien. »Meine Mutter,« sprach Marie etwas betreten, »ist zwar in Teplitz, allein durch Kränklichkeit gehindert, diesem Feste beizuwohnen; mein Bruder aber befindet sich wieder auf Reisen, so daß ich selbst in diesem Augenblicke seinen Aufenthalt nicht anzugeben wüßte.«
    Die Gräfin sprach die Hoffnung aus, wenigstens die Bekanntschaft der Mutter zu machen, da sie sich vier Wochen in Teplitz aufzuhalten gedenke. »Dresden,« bemerkte sie nach einigen Augenblicken, »ist für meinen Bruder überhaupt ein sehr glücklicher Ort gewesen, so kurze Zeit auch sein Aufenthalt daselbst gedauert hat. Denn er hatte auch zwei Freunde dort gewonnen, welche aus Neigung zu ihm in seinem Regimente Dienst genommen haben und einige Zeit zu Warschau in meinem Hause wohnten. Gewiß werden Sie sie kennen: Graf Lomond und Herr von Soren.«
    Marie geriet in eine quälende Unruhe; einmal war jede Verstellung, jede, selbst die unschuldigste Unwahrheit ihrem Herzen so fremd, daß sie sogar in so dringenden Fällen davor zurückbebte, und dann wußte sie ja auch nicht, wieweit Bernhard und Ludwig mit ihr bekannt zu sein angegeben haben mochten. Fast unhörbar, über das ganze Gesicht erglühend, erwiderte sie daher: »O ja, ich kenne sie sehr entfernt.« Der Gräfin entging ihre Verlegenheit nicht, indes gab sie derselben eine andere Deutung; sie glaubte nämlich aus Mariens auffallender Bewegung die Vermutung ziehen zu dürfen, daß ihr Herz bei dieser Bekanntschaft stärker beteiligt sei, als ein junges Mädchen verraten darf. Mit einem leichten, ebenso schnell, als es entstand, unterdrückten Lächeln ließ sie daher das Gespräch fallen und ging zu andern Gegenständen über. Mit der Gewandtheit einer Frau von Welt wußte sie sich sogleich, ohne einen auffallenden Sprung zu machen, auf das angenehmste über das heitere Fest zu verbreiten, dessen Teilnehmerin sie so unvermutet geworden war. Marie fragte dagegen nach der Tochter der Gräfin, für welche sie die junge Lodoiska hielt. »Ihretwegen,« erwiderte diese, »besuche ich hauptsächlich das Bad. Weniger weil ihre Gesundheit den Gebrauch desselben notwendig macht, als weil sie einer Zerstreuung bedurfte, die sie jetzt in unserer, dem Kriegsschauplatze zu nahe gelegenen Vaterstadt Warschau nicht finden kann. Nichts konnte mir daher erwünschter sein, als gleich bei meiner Ankunft auf eine so überaus heitere Weise begrüßt zu werden. Ich habe auch bemerkt, daß dieses Vorzeichen, wenn wir es so nennen wollen auf Lodoiska einen ungemein glücklichen Eindruck gemacht hat. Sie gibt viel auf dergleichen, denn sie ist überhaupt eine liebe Träumerin. Leider neigt sie seit einigen Monaten so sehr zur Schwermut, daß ich fast daran verzweifelte, ihren Anteil für die heitern Genüsse des Lebens wieder rege zu machen. Allein nichts wirkt mehr auf den Menschen als das Ungehoffte, Unvermutete, worin er keine Veranstaltung, keine Absichtlichkeit, sondern eine Fügung, ja gewissermaßen eine Wendung seines eigenen Geschicks sieht und daher mit einem ungleich stärkern Glauben und Vertrauen daran geht, als wenn er mühselige menschliche Bestrebungen darin zu erkennen wähnt.«

Drittes Kapitel.
    Unter solchen Gesprächen, bei welchen man sich wenigstens in den nächsten Beziehungen kennen lernte, war der Zug seinem Ziele näher und näher gekommen. Schon sah man das Städtchen Aussig, wie es sich an dem Ufer

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