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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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furchtbaren Verlust gehabt. Von dem Bataillon, mit dem der Marschall Ney angreifen ließ, sind zwei Dritteile geblieben. Sie gerieten ins Flanken- feuer der russischen Batterie; eine einzige Kugel traf so furchtbar, daß sie zweiundzwanzig Mann niederschmetterte. Wir konnten es von der Höhe nur zu deutlich mit ansehen.« – »Zu fallen ist die ernste Bestimmung des Soldaten«, erwiderte Rasinski. »Aber hören Sie! Tirailleurfeuer!«
    »Der Kaiser hat befohlen, daß das erste Korps den Feind necken soll, um ihn vielleicht auf das diesseitige Ufer des Flusses zu locken.«
    Während dieses Gesprächs war man teils zwischen Biwakfeuern und gelagerten Truppen hindurch, teils hinter marschierenden Kolonnen herumreitend, bis zu dem Lager der Garden gelangt, wo sich das Zelt des Kaisers auf einer waldigen Anhöhe befand. Man sah ihn eben mit einer bedeutenden Eskorte abreiten, mutmaßlich um die Umgegend zu rekognoszieren. Rasinski sprengte im gestreckten Galopp nach; Ludwig und Bernhard folgten in einer angemessenen Entfernung. Etwa eine halbe Stunde ritt der Kaiser mit seinem Gefolge von einem Hügelgipfel zum andern. Von dem, das verhandelt wurde, konnten Ludwig und Bernhard indessen nichts vernehmen, da sie nebst mehreren andern Ordonnanzen und jüngern Offizieren wenigstens dreißig bis vierzig Schritte hinter den Marschällen ritten. Jetzt hielt der Kaiser und sprach mit dem Marschall Ney und dem Könige von Neapel; dann winkte er Rasinski zu sich hervor, dem er einen ausführlichen Auftrag zu geben schien, denn er redete lange und mit lebhafter Bewegung zu ihm. Gleich darauf ritt dieser zurück, rief Ludwig zu seiner Begleitung ab und hieß Bernhard dem Kaiser und seiner Umgebung ferner folgen, und dann vor dem kaiserlichen Zelte halten, bis er schriftlichen oder mündlichen Befehl zur Überbringung an Rasinski empfangen würde.
    Mit der sinkenden Nacht kehrte der Kaiser in sein Zelt zurück. Es folgten ihm nur die Marschälle Berthier, Ney, Murat, Davoust und der Vizekönig von Italien. Zwei Mann von der alten Garde standen Schildwache vor dem Zelte; Bernhard und drei Ordonnanzoffiziere hielten dicht am Eingang, um Befehl zu erwarten. Im Laufe einer Viertelstunde wurden die drei abgefertigt; Bernhard blieb allein ohne fernere Bestimmung und mußte in Geduld abwarten, was geschehen werde. Es war still geworden; die ermüdeten Truppen lagen in ihre Mäntel gehüllt und schliefen. Man fing an leises Geräusch bis auf große Ferne zu hören. So konnte Bernhard jetzt unterscheiden, daß lebhaft im Gezelt gesprochen wurde, doch war es ihm unmöglich, den Gang des Gesprächs zu verfolgen. Nur einzelne Worte unterschied er, am häufigsten aber die Namen Smolensk und Moskau. Gern wäre er einige Schritte näher geritten, doch die beiden bärtigen Grenadiere mit ihren hohen Bärenmützen, welche mit gemessenen Schritten, mit edlem, kriegerischem Anstande vor dem Zelte auf und ab gingen, hielten ihn durch einen ernsten Blick ihrer schwarzen Augen in ehrerbietiger Ferne zurück. »Man spricht von der Schlacht, die wir vielleicht morgen liefern,« fing endlich Bernhard an; »könnt ihr dem Gespräch folgen, Freunde?« – »Die Schildwache des Kaisers hört nichts, Kamerad«, erwiderte der eine der beiden Grenadiere mit einem strengen Blick. – »Sie spricht auch nicht«, setzte der andere mit dem Tone des Verweises hinzu. Kaum waren diese Worte gewechselt, als die Marschälle Ney und Davoust, beide anscheinend sehr in Wallung, mit raschen Schritten das Zelt verließen und eine verschiedene Richtung des Wegs einschlugen, ohne voneinander Abschied zu nehmen. Es war augenfällig, daß sie sich in äußerst gereizter Stimmung gegeneinander befanden. Indessen wurde das Gespräch im Zelte noch lebhafter. Bernhard unterschied deutlich die Stimme des Kaisers, der laut und mit Heftigkeit sprach. Der Vizekönig von Italien verließ einige Minuten später das Zelt. Die Wachen standen starr mit angezogenem Gewehr, als er vorüberging. Doch der sonst so freundliche, wohlwollende Mann versäumte es, den Ehrengruß zu erwidern; er schien im Innern so bewegt, so ganz erfüllt und beschäftigt, daß die äußerlichen Gegenstände ihm durchaus verschwanden. Bernhard konnte bei dem Schein eines nicht entfernt vom Gezelt brennenden Feuers, an dem die kaiserliche Küche besorgt wurde, die edeln ausdrucksvollen Züge des Fürsten, auf dessen Stirn sich finstere Wolken der Sorge zusammengezogen hatten, betrachten. Es lag so viel Mildes in diesem

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