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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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und ihren Rückzug zu stören. Boleslaw ritt mit seinen Leuten den Fluß über eine Stunde weit entlang. Überall, wo sich nur der Anschein einer Furt bot, war er der erste, welcher den Versuch machte, hindurchzureiten. Doch fand er nicht, was er suchte, und hätte fast einige Leute dabei eingebüßt. Verdrießlich, daß es ihm nicht gelingen wollte, den Auftrag zu vollführen, wollte er eben umwenden, als er hinter sich den Donner einer Batterie vernahm. Er schaute rückwärts und erblickte das Ufer mit gewaltigen Massen von Artillerie besetzt, welche auf die jenseit des Stroms langsam sich fortbewegende russische Armee feuerte. Jetzt stellte auch diese einige Batterien auf, um das feindliche Feuer zum Schweigen zu bringen, und bald gewahrte man die furchtbaren Wirkungen desselben. Eine schwarze Wolke lagerte sich gleich einem Ungeheuer über das Gefilde; nur einzelne rote Blitze züngelten daraus hervor, denen der tobende Donner sogleich folgte. Boleslaw, der die Hoffnung, eine Furt zu finden, aufgegeben hatte, beschloß nunmehr mit seinen Leuten zurückzureiten. So hatte er denn das Feld der Verwüstung und des Todes vor sich; denn nicht allein daß jene Batterien ununterbrochen aufeinander feuerten, sondern auch das ganze Gefilde vor Smolensk wogte vom erbitterten Gefecht.
    Der Kaiser hatte den Angriff auf die Stadt befohlen, der er sich jetzt auf das schnellste bemächtigen wollte. Darum rückten die schwarzen Massen der Infanterie von allen Seiten heran, um den Feind, nachdem er durch das Feuer der Artillerie geschwächt war, zu vertreiben. Die Erde schien unter dem dumpfen Getöse angstvoll zu beben; graue Rauchwolken zogen langsam, dicht überhin und beschatteten das Feld des Todes. Wie ein blutiges Auge blickte die umdüsterte Sonne herab. Die Vögel flatterten ängstlich und erschreckt hinweg und flüchteten von dem Schauplatz der Verheerung. Außer dem dumpfen Donner der Schlacht, den Boleslaw nur in der Ferne vernahm, war kein Laut hörbar. In tiefer Stille lag die Natur regungslos; kein Lüftchen bewegte die Zweige. Sie schien, erstarrt vor dem unheilvollen Treiben der Menschen, ihr Todeslos zu erwarten. Schweigend und ernst ritt Boleslaw an der Spitze der Seinigen auf dem Rücken des Hügels entlang, dem Schlachtfelde näher. Der Kampf, der die Krieger mit flammendem Mute erfüllt, wenn sie sich mitten in dessen Wogen gestürzt sehen, erzeugte jetzt, da sie ihn aus der Ferne betrachten mußten und keinen Anteil an der Entscheidung hatten, eine spannende Beklemmung in ihrer Brust. Außerhalb des Ereignisses gestellt, empfanden sie dessen furchtbare Bedeutung tiefer, weil sie es weiter überschauten. »Dort in dem Loche tobt der leibhaftige Satan, glaube ich«, sprach der alte Petrowski und zeigte nach einer Stelle hin, wo die französische Artillerie im dichtesten Dampfe verhüllt stand. – »Sie scheinen im dreifachen Kreuzfeuer zu stehen«, erwiderte Boleslaw.
    »Freilich, die drei schwarzen Wolken da drüben blitzen ja darauflos! Und sie treffen. Die Protzkasten fliegen in die Luft, als ständen sie auf Konterminen. Da trabt eine Reservebatterie heran; sie müssen schon verdammt zusammengeschossen sein. Die Moskowiter fangen an Ernst zu machen. Hätten wir sie nur auf dem Blachfelde, wo die Kavallerie ihnen auch beikommen kann! Der Säbel ist mir heute so leicht in der Faust wie ein Spazierstock! Wetter, ich wollte – Pest und Hölle! Wieder ein Protzkasten zum Teufel!« In der Tat glich die Stelle, auf welche Petrowski gedeutet hatte, zumal jetzt, wo man näher kam, einem feuerspeienden Vulkan. Der Rauch wirbelte in schwarzen, getürmten Wolken darüber empor und zog langsam, sich tief und schwer wälzend, hinter der Batterie ins Feld hinein. Darum wurde eben das Feuer des Feindes so verderblich, weil er den Vorteil hatte, den Gegner deutlich zu sehen, während er selbst durch den vorwärts ziehenden Rauch dicht verhüllt war. So schlugen denn die Kugeln und Granaten unaufhörlich mit verheerender Gewalt in die Batterie ein. Räder und Achsen splitterten, die Pferde bäumten sich und zerrissen das Geschirr, Granaten platzten, Pulverkasten wurden gesprengt, die Trümmer flogen weit durch die Lüfte. Und zu dem allen krachte das eigene Lagerfeuer der Batterien, daß der Grund, auf dem sie standen, zitterte. »Wir müssen, glaube ich, noch weiter links reiten,« sprach Boleslaw zu Petrowski, »sonst kommen wir in die Schußlinie.« – »Ich denke auch,« erwiderte der Alte; »wir könnten ganz ohne

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