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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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dem Schlage etwas betäubt, doch wohlbehalten wieder unter dem Roß hervorgewunden, schnell ein lediges Pferd aufgefangen und sich dann dem Regimente wieder angeschlossen habe, bis die plötzlich rückwärts flutenden Wogen auch ihn mit fortrissen. Als die Freunde sich sammeln, wiederfinden, fehlt Bernhard. Ohne ihn kein Leben! Mit verhängtem Zügel sprengt er auf das Schlachtfeld zurück, doch noch ehe er die Stelle erreicht hat, wo die gefallenen Kameraden liegen müssen, sieht er Bernhard von weitem, erkennt ihn an der Uniform, ruft ihm zu und rettet den, der ihn retten wollte.
    So mit neuen Banden der Liebe aneinander geflochten, wächst ihre Freundschaft mit den größern Schickungen mächtig empor und läutert sich wie edles Gold in der Flamme der Prüfung. Doch aufs neue reißt der Wirbel der Schlacht sie fort. Auf das Geheiß des Königs von Neapel sammeln sich die Kavallerieregimenter wieder, um den durch gewaltiges Artilleriefeuer erschütterten Feind vollends in die Flucht zu werfen. Rasinski stößt zu den tapfern Brigaden, welche Bruyeres und Nansouty befehligen. Diese Massen brechen in den Feind ein und werfen ihn auf sein Zentrum zurück; doch, zahllose Tote, die Opfer des Sieges, bedecken das Schlachtfeld.
    Der Saum der Höhen hinter dem Dorfe Semenowskoi ist noch immer mit furchtbaren Batterien bedeckt, die unaufhörlich ihren schwarzen Hagelschauer von Kartätschen in die Ebene hinabsenden. Der Sieg schwankt hin und her wie die Woge des gehobenen Meeres. Mit Leichen erkauft man jeden Schritt vorwärts, mit Leichen zeichnet sich die Bahn des Rückzugs. Endlich stürmt die Infanterie mit dem Aufwand der letzten Kräfte die steilen Höhen hinan, das Feuer des Feindes schweigt, es tritt ein neuer Augenblick der Ruhe ein.
    Rasinski hielt mit seinem Regimente in der Vertiefung einer Schlucht, wo er, während die Infanterie das Gefecht auf ein der Kavallerie ungünstiges Terrain versetzt hatte, vor den Kugeln des Feindes gedeckt war. Ernst ritt er an den gelichteten Reihen hinunter und überschlug die Zahl derer, die er vermißte. Eine düstere Wolke trübte seine Stirn, als er nicht völlig mehr die Hälfte der Seinigen unversehrt von dem Geschosse des Todes sah. Ein volles Dritteil war unter den Toten, die übrigen verwundet. Und doch stand die Sonne erst im Mittag, und vielleicht war die blutigste Arbeit noch zu tun. Ein pfeilschnell heransprengender Adjutant Murats brachte ihm den Befehl, sich gegen den linken Flügel der Armee zu ziehen und mit seinem Regimente die in Massen vorrückende Artillerie zu decken. Zugleich ritt der Offizier mit ihm auf die nächste Höhe und bezeichnete ihm den Punkt genauer, wohin ihn der Befehl sandte. Die Schlacht war nun schon um ein bedeutendes weiter gegen die Stellung des Feindes vorgerückt. Dieser zog seine Reserven heran, um mit ausdauernder Tapferkeit einen zweiten Akt des furchtbaren Schauspiels zu beginnen. Zur Vereitelung seiner Absichten ließ der Kaiser jetzt die ganze ungeheuere Linie seiner Artillerie sich vorbewegen, um mit dieser furchtbaren Waffe schon von fernher die andringenden Kolonnen zu erschüttern. Rasinski folgte drei schweren Batterien, die einen etwas vorgeschobenen Punkt einnahmen, wo sie, leicht durch feindliche leichte Kavallerie überrascht werden konnten; er war bestimmt, sie für diesen Fall zu decken.
    Das Schlachtgetöse, welches man bisher vernommen, glich nur einem fern heranziehenden Gewitter gegen die krachenden Donnerschläge, die jetzt aus dieser ehernen Wetterwolke hervorbrachen. Auf den jenseitigen Höhen waren die Russen in langen Kolonnen aufgestellt. Die Kugeln schlugen mit fürchterlicher Sicherheit in die schwarzen Massen ein. Man sah, wie der Feind in ganzen Reihen stürzte; doch ordnete er sich mit kaltblütiger Ausdauer immer von neuem. »Sie leisten einen zähen Widerstand«, sprach Rasinski, der von der Stelle, wo er hielt, das ganze Schlachtfeld übersah. »Aber sie opfern sich vergeblich. Nicht dort sollten sie sich sammeln, sondern entweder weiter zurück, oder sie müßten rasch vorgehen. Diesen Fehler werden sie teuer bezahlen müssen.«
    Da für den Augenblick der Anteil des Regiments am Kampfe nur der eines Zuschauers war, gesellten sich Bernhard und Ludwig und die andern Freunde zu ihrem Führer. »Sieh, sieh,« rief Jaromir, »wie immer der blaue Himmel hinter der schwarzen Mauer sichtbar wird, wenn die Kugeln eine Bresche legen. Sie sind wahrhaft unsinnig, ihre besten Leute so zu opfern!« – »Aber wir

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