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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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als er schon Befehl erhielt, wieder mit seinem Regimente zu der Masse der Kavallerie zu stoßen, die sich dem zum dritten Male neuhergestellten linken Zentrum des Feindes entgegenwerfen sollte. In einer Talvertiefung, wo ein kleiner Bach floß, wurden die Truppen unter dem Schutze des Terrains gesammelt. Zugleich sah man ungeheuere Kolonnen Infanterie sich entwickeln, die zum Sturm gegen die Redoute herangeführt werden sollten. »Ich glaube, es ist leichter, den Sitz des Donnergottes zu stürmen als diese Höllenwerkstatt der Zyklopen«, sprach Bernhard zu Ludwig und deutete hinüber. Doch schon rückten die Kolonnen in raschem Schritt mit gefälltem Gewehr heran. Da erscholl ein furchtbarer Donner. Es war eine Lage aus allen Geschützen der Redoute zugleich. Ein Hagel von Kartätschen prasselte den Truppen entgegen, als sollten sie mit einem schmetternden Schlage vernichtet werden. Der hoch aufgewirbelte Staub ließ nicht unterscheiden, was fiel und stand. Doch bald sah man die Adler wieder strahlend leuchten, und in neugeschlossenen Gliedern rückten die Stürmenden heran. Das eiserne Ungeheuer auf dem Hügel schien verstummt zu sein. Doch hatte es nur gelauert, um den Raub desto sicherer zu haben; denn als jetzt die Kolonnen wieder zu einer dichtern Masse geschlossen waren, reckte es die blitzenden Zungen aus allen seinen vierundzwanzig Höllenrachen zugleich hervor, und das Erde und Himmel erschütternde Gebrüll krachte durch die Lüfte. Wie wenn der Sturmwind über ein Kornfeld rast und die Halme in breiter Fläche zu Boden drückt, so mähte jetzt die Sichel des Todes über die Stürmenden hin. Es schien, als sei die Hälfte mit einem Streich vernichtet. Der eiserne Strom, welcher über sie hinbrauste, gönnte ihnen kaum einen freien Atemzug. Mit unersättlichem Grimm sandte die Furie des Verderbens, in den düstern Mantel der dampfenden Gewölke gehüllt, ihre Blitze nieder und betäubte das Ohr mit schmetterndem Getöse. Das Entsetzen gewann die Übermacht; die Reihen wankten, wichen, zersprengten sich in eiliger Flucht. Neue Heere wurden herangeführt und ersetzten die Zerschmetterten und Geflüchteten; aber ebenso unerschöpft ergoß sich die alles niederreißende Flut der Kartätschen über das Feld. Leichen stürzten über Leichen, als wolle man einen Wall von Gefallenen um diesen Tod ausspeienden Krater türmen.
    An beide Seiten der Redoute, die wie ein uneinnehmbares Gibraltar allen Anstrengungen des verwegensten Mutes trotzte, lehnten sich die Flügel des russischen Heeres. Auch sie sandten den Tod in die Reihen der Angreifenden. Murat sendet zwei Kavallerieregimenter gegen diese Kolonnen, um den Versuch zu machen, sie zu werfen und dann die Redoute in der Kehle anzugreifen und sie so zu nehmen. Allein kaum gelangen sie in den Bereich des feindlichen Feuers, so bricht der Tod verheerend in ihre Reihen ein; eine Kugel reißt ihren Führer, den tapfern Montbrun, nieder. Da sie ihn fallen sehen, stutzen sie, beginnen zu weichen. Doch schnell sprengt der General Caulaincourt heran, um Montbruns Stelle zu ersetzen. »Freunde,« ruft er, »nicht beweinen, rächen wollen wir den Gefallenen!«
    Auf Befehl des Königs von Neapel setzt sich nunmehr die ganze versammelte. Masse der Kavallerie in Bewegung. Zwei sächsische Kürassierregimenter bilden den linken Flügel; ein polnisches schließt sich ihnen an. Dann folgt Rasinski mit seinen Scharen, dann die übrige leichte Kavallerie. Langsam rücken sie vor, bis sie in gleicher Höhe sind. Jetzt tönt das Kommandowort, die Trompete schmettert, die eiserne Brandung wogt pfeilschnell über das Gefilde. Der Donner der Kanonen wird übertäubt von dem tobenden Stampfen und Brausen der Rosse, dem furchtbaren Schlachtruf der Krieger. Eine Staubwolke hüllt sie in Nacht, nur die Blitze der feindlichen Geschütze zeigen ihnen noch den Weg. Mann an Mann geschlossen rasseln sie dahin. Dieser ungeheuern Gewalt vermag nichts zu widerstehen. Jetzt fällt der Wurf, auf dem zwei Kaiserkronen stehen; er entscheidet die Schlacht, die Herrschaft der Welt. Furchtbar brechen die anstürmenden Reiterscharen in die Linien des Feindes ein und werfen ihn mit siegender Gewalt zurück in die Ebene. Dieser Anblick entflammt den Mut der schon verzagenden Infanterie, welche gegen die Schanze hingeführt wird, aufs neue. Wie? Jenen sollte der Ruhm des Sieges allein bleiben? Und bräche der glühende Phlegethon dort aus den donnernden Schlünden hervor, kein Tapferer zagt, ihm die

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