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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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Vorschlag; beide heißen ihn willkommen; gemeinschaftlich beschließen sie, ihn sofort dem Kaiser mitzuteilen, und folgen ihm in die Hütte. In gespannter Erwartung harrte Rasinski auf die Entscheidung. Es vergeht über eine Viertelstunde; niemand läßt sich sehen. Schon wird es zu spät – schon will Rasinski es wagen, selbst in den Kaiser zu dringen, – da tritt Ney wieder heraus, geht ihm langsam entgegen und spricht: »Graf Rasinski! Der Kaiser ist nicht zu bewegen, das Heer zu verlassen. Wir erwarten hier gemeinschaftlich den Tag, den Feind, den Untergang!«
    Der rauhe Ton, mit dem der Marschall sprach, zeigte, wie tief er bewegt war, und wie viel Gewalt er sich antat, um es nicht zu scheinen. Rasinski stand unbeweglich; ein unnennbarer Schmerz zuckte durch seine Brust, aber nicht warm und erweichend, sondern kalt, grauend. »Haben Sie dem Kaiser gesagt –«, begann er endlich wieder, wurde aber sogleich vom Marschall unterbrochen: »Alles! alles, was Vernunft und Liebe vermögen; der König von Neapel, der Vizekönig von Italien, Davoust, Mortier, Rapp, Graf Daru, Berthier selbst – es fehlte wenig, so hätten wir uns ihm zu Füßen geworfen. Aber er blieb wie ein eherner Fels; ›der Soldat hat sein Vertrauen auf mich gesetzt, ich will es nicht täuschen‹, war seine Antwort.«
    »Und Paris, Frankreich, Europa – wogen diese Gewichte in der andern Schale noch zu leicht?« – »›Hier ist die dringendere Gefahr,‹ sprach er kurz, ›eher gehe ich nicht, bis sie vorüber ist.‹« – »Dann ist's zu spät!« rief Rasinski außer sich; »gestatten Sie mir, daß ich noch einmal –« – »Nichts, Graf,« antwortete der Marschall; »der Kaiser läßt sich nicht durch Bitten in seinen Beschlüssen irremachen. Auch ich sagte ihm: dann ist's zu spät. ›Jetzt aber ist's zu früh,‹ war seine Antwort, ›und,‹ setzte er nach einer kurzen Pause hinzu, ›wollt ihr denn mit Gewalt, daß ich zu dem Unglück Schande auf mein Haupt lade? Ich werde gehen, ich werde nicht bis Paris an der Spitze des Heers marschieren, aber erst dann, wenn euere Gegenwart hier genügt. Der Augenblick ist noch nicht gekommen.‹«
    Rasinski schwieg. So tief ihn der Gedanke erschütterte und seine Brust zerriß, daß der große Mann hier im Angesicht der Rettung unwiderruflichen Untergang finden sollte, so tief durchdrang ihn doch auch das Gefühl erhebender Bewunderung, welche der feste Beschluß des Kaisers erweckte. Einige Minuten dauerte dieser Kampf in seiner Brust, dann rief er, durchdrungen von dem würdigen Entschluß, aus: »Wahrlich, er durfte nicht anders, er hat uns auch diesmal übertroffen und beschämt. So ist es besser. Wir wollten ihm die menschliche Berechtigung jeder Brust nehmen, edel, würdig, groß zu handeln. Wohl ihm, wohl uns, daß er es nicht duldete. Auch der wahre Vorteil ist hier! Die Weltgeschichte gewinnt wenig, wenn er noch einige Jahre über Europa herrscht; sie gewinnt aber, wenn er würdig fällt. Für den Glanz des Ruhms hat er zehnfach genug getan, jetzt handelt er für das echte Gold desselben. Marschall, ich bin mehr als getröstet, ich bin freudig erhoben und gestärkt.«
    »Und Sie haben recht, und unser tiefer Schmerz ist der untrüglichste Beweis dafür.« Sie reichten einander die Hände mit herzlichem Druck; dann schieden sie. Rasinski ritt zurück zu den Seinigen und erzählte ihnen, was geschehen war. Da schlug ihre flammende Begeisterung für den Feldherrn mächtig lodernd empor, und alle erwarteten die Sonne des Verderbens, die über ihnen aufgehen sollte, mit Stolz und trotzigem Mut.

Drittes Kapitel.
    Der Tag fing an zu grauen. Jetzt spähten aller Blicke durch die weichenden Schleier der Nacht, um die Feinde zu zählen, die sich vor die Pforten der Rettung gelagert hatten. Rasinski war mit Boleslaw, durch Buschwerk gedeckt, eine kleine Anhöhe hinangeritten, von der er den Lauf des Stroms und die Krümmung seiner Ufer weit überschauen konnte. Noch schimmerten die Flammen der russischen Wachtfeuer mattrötlich durch die Morgennebel und das bläulich dämmernde Licht des Tages. Doch war alles still auf den beschneiten Höhen.
    »Mir deucht,« sprach Rasinski, »man müßte doch schon die Leute sich bewegen sehen; oder sollten sie sich etwas hinter den Rand der Anhöhen gezogen haben?« – »Soweit ich erkennen kann, sind die Wachtfeuer verlassen,« antwortete Boleslaw; »wenigstens die vordern. Dort hinten am Waldsaum mögen sie wohl besetzt sein.« – »Sie werden sich,«

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