1813 - Die Mörder von Bröhnder
erwartete ich das ungleiche Quartett, denn die anderen Piraten blieben in einer Entfernung von gut 30 Metern stehen. Die vier kamen bis auf etwa drei Meter heran und blieben dann ebenfalls stehen. Sie musterten mich eindringlich und mit deutlich erkennbarer Neugier und Spannung.
„Es ist nicht Kummerog", sagte Vaikhuur und lehnte sich auf seinen abgewetzten Krückstock.
Er benutzte die in Bröhnder übliche Sprache, das Bröhn, das ich seit der Unterjochung von Kummerogs Haut problemlos beherrschte.
„Es ist aber die CANT", stellte Settheran fest. „Wenn es nicht Kummerog ist, wer ist es dann?"
Gonzerol besaß eine entfernte Ähnlichkeit mit dem umgekommenen Yokanrog, denn er hatte auch nur ein Auge. Dieses fuhr er an einem langen Stiel in meine Richtung aus.
„Seht doch!" rief er aufgeregt. „Er trägt seine Haut!"
Nun kamen die anderen drei noch näher heran.
„Tatsächlich", staunte Kaydessel. „Wer bist du?"
„Du kannst mich nicht kennen, Kaydessel", antwortete ich. „Ich habe einen fremden Körper übernommen. Ich bin Alaska."
Das Quartett verstummte.
Und meine Gedanken überschlugen sich.
Die Gestalten steckten ebenfalls in Häuten Kummerogs! Aus der Nähe konnte ich das ganz deutlich erkennen. Warum hatte ich das aus dem Wissen der Haut nicht erfahren?
Die in dezentem Abstand respektvoll wartenden Piraten waren allerdings keine Hautträger.
Das war schon eine merkwürdige Geschichte. Nach den Informationen der Haut hatte es damals auf Klinker etwa 50 Piraten gegeben, von denen 15 Hautträger waren. Die vier Gestalten vor mir gehörten dazu.
Es war schon erstaunlich, daß diese Wesen ihrem verschwundenen Herren über so lange Zeit ganz offensichtlich die Treue gehalten hatten.
Wo waren die anderen Hautträger? Yokanrog war tot. Mußte ich also hier mit zehn weiteren Versklavten rechnen?
Vaikhuur war ein Humanoider, eine alte und runzlige Gestalt, die sich auf einen Krückstock stützte.
Seine Körperhaut war dunkelblau, die einteilige Kombination mit einer Vielzahl von Taschen und Löchern ebenfalls. Auf dem Kopf trug er ein breites Stirnband aus Metall, auf dem verschiedene kleine technische Systeme zu erkennen waren.
Worum es sich dabei genau handelte, wußte ich nicht. Meine Haut besaß darüber keine Informationen, was wohl bedeutete, daß der Wissenschaftler die Instrumente erst nach Kummerogs Abflug vor 66 Jahren auf seinem Kopf angebracht hatte. An der Hüfte baumelte ein schwerer Kombistrahler.
Settheran besaß zwar auch zwei Beine, dafür aber drei Armpaare. Er mußte von insektoiden Wesen abstammen, was ich aus seiner Wespentaille und den vielen Gliedmaßen schloß. Zwei Armpaare wuchsen aus dem tonnenförmigen Oberkörper, das dritte aus dem Kopf oberhalb der Ohren. Auch er trug eine einfache, halboffene Kombination aus dunkelblauer Farbe. Umseinen Hals hing an einem Band ein Gerät, bei dem es sich augenscheinlich um einen tragbaren Computer oder etwas Ähnliches handelte.
Kaydessels Statur hatte eine entfernte Ähnlichkeit mit einem zu klein geratenen Haluter. Er besaß vier Arme und einen humanoiden Schädel mit drei glühenden Augen. Er war völlig unbekleidet. Seine Haut war weiß, so daß die Haut bei ihm kaum zu erkennen war.
Gonzerol stammte aus dem Zwergvolk der Blibb. Er war höchstens 50 Zentimeter groß, Abgesehen von seiner Einäugigkeit konnte man ihn gerade noch als Humanoiden einstufen. Er hockte auf einem eineinhalb Meter großen Kasten, der selbst auf einem Antigravkissen dicht über dem Boden schwebte. Sein Stielauge hatte er wieder eingezogen. Was sich sonst noch in dem Kasten befand, ließ sich nicht feststellen.
„Wir müssen ihn fragen", sagte der Blibb.
Vaikhuur fuchtelte mit seinem Krückstock in der Luft herum und tippte mir dann damit auf die Brust.
„Wo ist des Herr?" keuchte er. „Wo ist der Meister? Wo ist Kummerog?"
„Und wo ist Yokanrog?" fügte Settheran hinzu.
Ich wußte nun, wie ich mich zu verhalten hatte.
„Yokanrog ist tot", antwortete ich. „Und unser Herr ist verschollen."
Die vier Halunken starrten mich mißtrauisch an und schwiegen. Meine Antwort schien ihnen gar nicht zu gefallen.
*
Ich ahnte das Mißtrauen, das sie mir entgegenbrachten, nicht nur. Ich spürte es förmlich. Weder meine Worte noch meine Erscheinung schien ihnen zu gefallen. Irgendwie war das verwunderlich, denn als Hautträger mußten sie mich doch akzeptieren.
Oder gab es einen ganz anderen Grund für ihr merkwürdiges, ablehnendes
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