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1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

Titel: 1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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doch das brachte sie nicht über sich.
    Und außerdem hätte sie dann auch sagen müssen: Das ist meine Buße. Ich habe getötet, und diese Schuld werde ich nie mehr abwerfen können.
    Außerdem ließ Étiennes Schicksal sie nicht kalt. Sie hoffte und fürchtete gleichzeitig, ihn unter den Männern zu finden, die sich in Schmerzen wanden, ihre Gliedmaßen verloren, im Fieber brannten. Manchmal fürchtete sie auch, hier Maximilian zu sehen. Bis sie sich in Erinnerung rief, dass der preußische Premierleutnant irgendwo weit im Osten in einem Lazarett liegen würde, falls er in Bautzen verwundet worden war. Hier waren nur Angehörige der französischen Armee.
    Erschöpft bahnte sie sich den Weg nach draußen, was nicht leicht war, wenn sie nicht auf einen der Verwundeten treten wollte. Sie sehnte sich nach frischer Luft in all dem Gestank nach Exkrementen, Fäulnis, Blut und Schweiß. Dem
Geruch
von
Schmerz.
    Doch plötzlich hielt Jette inne. »Und wenn er nicht reden konnte, als er eingeliefert wurde? Vielleicht war er bewusstlos oder fieberte stark? Es gibt noch einen Ort, wo er sein könnte!«
    Der Major packte sie am Arm, so grob, dass es sie schmerzte, aber das schien er gar nicht zu merken. »Wo?«
    »Einige der Hochfiebernden liegen abgesondert wegen der Ansteckungsgefahr.«
    »Führen Sie mich dorthin. Bitte!«, sagte der Major beinahe flehend und ließ ihren Arm los.
    Sie wies in die Richtung, und de Trousteau ging mit der Fackel voran. Dann, die Treppe hinauf, lief sie vorweg, den langen Flur entlang, wo ebenfalls Verwundete lagen, die sie um Wasser oder etwas zu essen anflehten.
    Endlich, ganz hinten, stieß sie die Tür auf, und im flackernden Schein ihrer Kerze entdeckte sie ihn, abgemagert und durch den Bart kaum zu erkennen.
    Étienne.
    Dem Tod ganz nah.
    Sie hatte hier schon genug Sterbende gesehen, um das zu wissen. Von ihm ging eine fiebrige Hitze aus, die sie spüren konnte, sein Gesicht war hohlwangig, die Lippen waren ausgetrocknet und aufgesprungen, um den linken Arm trug er einen blutigen Verband.
    Henriette ging zu ihm und suchte seinen Puls, der kaum noch zu fühlen war. Seine Stirn glühte. Er schlug die Augen auch bei der Berührung nicht auf, sondern stöhnte nur, als wollte er grässliche Traumgespinste von dem düsteren Ort verscheuchen, an dem sein Geist jetzt weilte.
    Doch Jette war nicht bereit, ihn einfach sterben zu lassen.
    »Besorgen Sie kaltes Wasser und Tücher!«, wies sie den Major an, und der wunderte sich nicht einmal, dass sie jetzt die Befehle gab.
    Er starrte nur auf seinen todkranken Sohn.
    »Holen Sie ihn mir zurück. Bitte!«, flüsterte er.

Waffenstillstand?
    Nahe Plauen im Vogtland, 9 . Juni 1813
    E s war ein heißer Tag. Die Sonne sengte, und die Hufe der Reiter wirbelten zwei immer größer werdende Staubwolken auf, als die Lützower und die Colombsche Streifschar am vereinbarten Treff aufeinander zuritten.
    »Ich bringe schlechte Nachrichten«, begrüßte der Rittmeister den Major. »Die Kolonne ist schon bei Zittau über die Grenze gegangen, damit ist uns der Waffentransport entwischt. Aber wir müssen ohnehin alle Operationen einstellen – es ist Waffenstillstand verabredet worden, schon vor fünf Tagen. Heute erhielt ich die Nachricht.«
    »Ja, ich auch«, erwiderte der Major von Lützow missgestimmt. »Die städtischen Behörden von Plauen informierten mich.«
    »Wissen Sie Einzelheiten? Bis wann müssen wir uns hinter die Demarkationslinie zurückziehen?«
    »Keine Einzelheiten. Und ich glaube auch noch nicht an die Geschichte mit dem Waffenstillstand«, meinte der Major. »Wozu sollte der gut sein? Damit Bonaparte noch mehr Truppen aushebt? Jeden Tag können die Österreicher auf unsere Seite überwechseln, dann ändert sich das Kräfteverhältnis grundlegend … Die wollen uns in die Irre führen, weil sie unser nicht mehr Herr werden. Freiwillig sollen wir die Waffen niederlegen. Das akzeptiere ich nicht, das werde ich niemals tun! Auch meine Männer sind entschlossen weiterzukämpfen.«
    »Wir haben doch beide unabhängig voneinander davon erfahren«, widersprach der Rittmeister vehement. »Das dürfen wir nicht auf die leichte Schulter nehmen! Ich hatte mir als nächstes Ziel schon einen Artilleriepark in Augsburg ausgespäht, aber daraus wird nun nichts. Ich ziehe mich umgehend mit meinem Kommando nach Neustadt an der Orla zurück, wo uns die Bevölkerung wohlgesinnt ist, und schicke Eckardt als Parlamentär nach Jena. Er soll beim dortigen Kommandanten

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