Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

Titel: 1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
Vom Netzwerk:
mussten die Bewegungen noch einmal vorführen, dann hatten alle zu üben, bis jeder es beherrschte.
    »Darf ich Sie etwas fragen?«, flüsterte Sebastian, als sie eng beieinanderstanden.
    Jette zuckte nur mit den Schultern, weil der Moment der Nähe schon wieder vorbei war.
    »Der französische Seconde-Lieutenant im Haus Ihres Vormunds …«, fing von Trebra an, sah ihr forschend ins Gesicht und setzte den Satz nach kurzer Unterbrechung fort: »Gerüchten zufolge soll er Ihnen auf dem Marktplatz einen Kuss gegeben haben …«
    Wieder wurden sie durch die Schrittfolge getrennt, bis er endlich fragte: »Wie viel bedeutet er Ihnen?«
    Henriette funkelte ihn wütend an. »Sein Vater kann meinen Oheim um den Broterwerb bringen.
Das
bedeutet er mir! Und es war gar kein richtiger Kuss!«
    Sebastian wirkte sehr zufrieden. »Ich verstehe.«
    Doch mitten in die nächsten Anweisungen des Maître und das Klavierspiel seiner Frau hinein hämmerte es an der Tür, und schon wurde sie aufgerissen. Zu ihrem Erstaunen sah Jette den Adjutanten des Majors hereinplatzen.
    »Demoiselle Gerlachs Gegenwart ist dringend erwünscht. Mein Offizier befiehlt, ich soll sie umgehend zu ihm geleiten«, erklärte er auf Französisch.
    Jette wurde blass vor Schreck. Was war geschehen? Was wollte der Major von ihr? Sie warf einen hilflosen Blick auf Eduard, der sofort an ihre Seite tat und erklärte, er werde seine Cousine begleiten.
    Der Maître entließ sie mit einer gnädigen Geste. Beklommen nahm sie ihr schwarzes Samtjäckchen entgegen und ließ sich von Sebastian hineinhelfen.
    »Haben Sie keine Angst!«, flüsterte er. »Ihnen wird schon nichts passieren. Im Notfall bitte ich meinen Großonkel zu intervenieren.«
    Sie setzte ihren Hut auf und schlang mit zittrigen Fingern die Bänder zu einer Schleife.
    Der Adjutant ging voraus, die Treppe hinunter auf die Erbische Straße. Noch nie war Jette der Weg bis zum Untermarkt so lang vorgekommen. Sie unternahm einen Versuch, von dem Mann zu erfahren, weshalb sie so dringend gerufen wurde, aber dieser lehnte jede Auskunft ab. Der Herr Major werde ihr das schon mitteilen.
    Ob sie doch noch herausgefunden haben, was ich in Weißenfels Schreckliches tat?, fragte sie sich. Welche Strafe steht wohl darauf?
    Auch Eduard wirkte besorgt. Anfangs versuchte er, seiner Cousine ein paar harmlose Erklärungen anzubieten, aber als sie nichts darauf antwortete, liefen sie beide schweigend neben dem Adjutanten an der Rückfront des Rathauses vorbei und durch die Weingasse.
    Es hat bestimmt mit dem zu tun, was mir Franz gleich nach der Ankunft zugeflüstert hat, argwöhnte er. Mit diesem toten Franzosen.
    Ich hätte Eduard nicht mitkommen lassen sollen, dachte Jette voller Reue. Vielleicht nehmen sie ihn auch gleich fest.
    Im Haus bedeutete ihr der Adjutant, die Treppe hochzugehen, und folgte ihr. Eduard wollte hinterher, wurde aber weggeschickt und wartete beleidigt unten. Vielleicht bekam er ja von hier aus etwas mit und konnte einspringen, falls Jette in Not geriet. Sein Vater war nicht im Haus, das wusste er. Der legte dem Zensor die Seiten der nächsten Ausgabe vor, und das konnte dauern.
    Sollte er für alle Fälle Lisbeths Söhne als Verstärkung holen? Aber die durften sich nicht ohne triftigen Grund von der Arbeit wegstehlen … Oder ob er sich für den Notfall eines der großen Messer aus der Küche besorgte?
     
    Der Major ging im Salon ruhelos auf und ab, als Jette und der Adjutant eintraten. Seine Hand umklammerte einen Brief, und seine Miene war sehr ernst; sie hatte nichts von seiner sonstigen herablassenden Galanterie ihr gegenüber. De Trousteau schien geradezu erleichtert über ihr Kommen.
    »Henriette, ich brauche Sie zum Übersetzen, denn Ihr Vater ist nicht im Hause. Begleiten Sie mich zu dem Fuhrmann, dem Mann Ihrer Köchin!«
    Sie musste wohl sehr verblüfft aussehen, deshalb erklärte er ihr mit sorgenvoller Stimme: »Eben kam die Nachricht, dass mein Sohn verwundet wurde. Ich sollte glücklich sein, dass er nicht tot ist. Das Korps Oudinot hat bei Bautzen hart gekämpft und dabei jeden dritten Mann verloren. Aber niemand weiß, wo er steckt. Und die Schlacht von Bautzen liegt nun schon mehr als zwei Wochen zurück. Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass er vielleicht auch auf einem dieser Schubkarren durchs Land geschleift wird und erbärmlich zugrunde geht.«
    Getroffen von der Nachricht und den Schreckensbildern, die sofort in ihr aufstiegen, taumelte Henriette und lehnte sich gegen die

Weitere Kostenlose Bücher