1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)
ausführen wollte, was bei näherer Ortskenntnis völlig unmöglich war.
»Sire, alles, was uns jetzt noch retten kann, ist der schnellste Abmarsch der österreichischen Reserven hierher! Wenn es nicht schon zu spät ist. Es wird Stunden dauern, bis sie hier sind – und schauen Sie selbst, Majestät!«
Er wies auf Prinz Eugens Zweites Korps, das sich südlich von Wachau erneut aufgestellt und schon mindestens die Hälfte der Leute verloren hatte.
Mit einem Fernrohr hielt er Ausschau nach seinem einstigen Schützling; der ritt die Reihe entlang und schien seine Männer aufzufordern standzuhalten.
Jetzt flog eine Kanonenkugel direkt auf ihn zu – Wolzogen durchfuhr es eiskalt – und riss Eugens Pferd zu Boden. Der Prinz stürzte und wurde unter dem Pferdekadaver begraben. Doch dann atmete der kaiserliche Adjutant auf; zwei Männer halfen dem Generalleutnant unter dem toten Pferd hervor. Er schien unversehrt.
Die Stimme des Zaren riss seine Aufmerksamkeit von der Szene los.
»Wolzogen, Sie reiten sofort zu Schwarzenberg und reden ihm diesen Unfug aus! Ich will seine österreichischen Reserven
hier!
Und zwar so schnell es geht! Ihnen gebe ich ein Detachement meiner Leibkosaken mit; Sie werden mir durch diese ständig Nachricht über die Lage zwischen Pleiße und Elster sowie über Blüchers Armee zukommen lassen. Bleiben Sie zwischen den Flüssen!«
Wolzogen salutierte und trat ab, nachdem er einen letzten Blick auf seinen früheren Schüler geworfen hatte. Er lebte. Noch.
Durch die Schwierigkeiten des sumpfigen Geländes, in dem die Pferde nur mühsam vorwärtskamen, und die Notwendigkeit, eine Furt durch die Pleiße zu finden, da sämtliche Brücken zerstört waren, erreichte Ludwig von Wolzogen den Oberbefehlshaber und dessen Generalstabschef Radetzky erst gegen halb elf. In drastischen Worten schilderte er die Lage bei Wachau und richtete die Befehle des Zaren aus.
»Das hier ist nur ein Gefecht, die wahre Schlacht findet im Süden statt!«, beschwor er den Feldmarschall.
Merveldt habe bei Connewitz schon viertausend Mann und zwei Generäle verloren, gestand Schwarzenberg zögernd ein. Man werde dort wohl kaum durchdringen.
Langenau sei noch der Einzige, der an dieser Idee festhält, schnaubte Radetzky verärgert. Die habe ihm schon von Anfang an nicht gefallen.
Als der Oberbefehlshaber zögerte, schlug ihm der immer ungeduldiger werdende Jomini vor, er möge sich doch von einem Kirchturm aus von der Lage überzeugen.
Dann endlich, eine ganze Stunde nach Wolzogens Ankunft, befahl Schwarzenberg den sofortigen Abmarsch der Reservekorps: der Kavalleriedivision Nostitz, der Grenadierdivision Weißenwolf und der ungarischen Infanteriedivision Bianchi. Allerdings würden sie mindestens drei Stunden brauchen, bis sie zugunsten von Prinz Eugen und General Kleist ins Kampfgeschehen eingreifen konnten.
Halb zwölf war die Lage der Alliierten im Süden nahezu hoffnungslos. Eugen von Württemberg hatte über die Hälfte seines Korps verloren, das Gros seiner Offiziere war gefallen, und er wunderte sich, dass er selbst noch lebte.
Napoleon ließ immer mehr und mehr Truppen und Kanonen gegen sie auffahren. Bald feuerte eine hundertfünfzig Geschütze starke Batterie auf sie. Seine Männer standen im Feuer, ohne sich verteidigen zu können.
Da preschte zu ihrer Überraschung und Erleichterung Hetman Platow heran und überbrachte die Nachricht, dass die russische Reservearmee unter Benningsen im Anmarsch sei. Seine Kosaken stürzten sich derweil schon mit Wutgeschrei auf die Flanken des Gegners.
»Wie lange?«, schrie Eugen über den Lärm hinweg.
»Bei dem Gelände wenigstens drei Stunden«, beschied ihm der Kosakengeneral, der kurz zuvor noch bei der Pfarrersfamilie Vater in Seifertshain bewirtet und von den Kindern ob seines Bärenfellmantels bestaunt worden war. Doch die Nachricht von der Notlage im Süden Leipzigs hatte ihn sofort aufbrechen lassen.
Drei Stunden waren eine Ewigkeit unter diesen Umständen. Also konzentrierte Eugen seine gefährlich ausgedünnten Truppen bei Güldengossa und schärfte ihnen ein, diesen Platz um jeden Preis zu halten. Er ließ neue Geschütze von der Reserveartillerie anfahren, um das feindliche Feuer erwidern zu können, und sandte Boten mit der dringenden Bitte um Verstärkung aus.
Inzwischen war General Rajewski Kleist zu Hilfe geeilt, der Markkleeberg ein weiteres Mal an Poniatowski verlor. Klenau und Pahlen besetzten mit ihren Truppen das Gelände südlich von
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