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1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

Titel: 1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Güldengossa und Seifertshain, verloren es aber bald wieder an die Franzosen.
     
    Kurz darauf bezog Napoleon Posten in Liebertwolkwitz, ließ Drouot noch mehr Geschütze auffahren und auf das Zentrum der Alliierten feuern – genau auf die letzten Reste des zweiten Korps Eugens von Württemberg, die sich nun doch ein Stück zurückziehen mussten.
    Von seinem nahen Triumph überzeugt, schickte Bonaparte eine Nachricht an den sächsischen König, dass die Dinge gut stünden, und befahl, in Leipzig die Siegesglocken zu läuten. Wachau, Liebertwolkwitz und der Kolmberg waren erobert, und gleich würde er mit einem gewaltigen Reiterangriff, ähnlich dem vor zwei Tagen, den Gegner vollkommen vernichten.

Siegesgeläut
    Leipzig, 16 . Oktober 1813
    H enriette saß am Samstagmorgen noch mit Greta am Tisch, beide mit Flickarbeiten beschäftigt. Greta stopfte Löcher in Kinderhosen und Strümpfen, und Jette besserte ihre Kleidung aus, die auf der anstrengenden Reise gelitten hatte.
    Als die ersten Kanonensalven von Süden her zu hören waren und die Fensterscheiben klirren ließen, vernähte sie den letzten Faden, legte Nadel und Garn auf den Tisch und stand auf.
    »Es beginnt. Ich muss jetzt los«, sagte sie, während sie in langsamen, bedächtigen Bewegungen den Mantel anzog und sich ein warmes Tuch um Kopf und Schultern schlang.
    »Musst du das wirklich? Felix wollte, dass wir für dich sorgen«, wandte Greta voller Sorge ein. »Bleib bei uns! Hier hast du einen Schlafplatz, auch wenn es nur eine winzige Kammer ist. Ich könnte Hilfe brauchen, wenn das Kind kommt. Und du selbst solltest dich nach dem gestrigen Unglück lieber schonen.«
    »Gerade deshalb darf ich Felix nie mehr sehen«, erwiderte Jette leise und bedrückt. »Ich will ihm die Enttäuschung und mir die Schande ersparen.«
    »In den Lazaretten haben sie weder Brot noch Medikamente, erzählen die Leute«, sagte Greta.
    »Wasser werden sie wohl haben. Dann kann man den Männern immer noch etwas zu trinken geben und ihnen die Stirn kühlen.«
    Sie legte den größten Teil des Geldes auf den Tisch, das sie in ihrem Unterkleid versteckt hatte. »Für euch, ihr werdet es brauchen. Danke für alles.«
    Entschieden schob Greta die Taler zurück.
    »Das kann ich nicht annehmen. Wovon willst du denn leben?«
    »Ich werde nicht viel brauchen. Du sagst doch selbst, es gibt bald für alles Geld der Welt kein Brot mehr in Leipzig.«
    »Die Leute laufen bis nach Großzschocher, um sich dort welches zu holen.«
    »Das konnten sie noch gestern. Aber nicht mehr heute.«
    Sie griff nach ihrem Korb, aber Greta ließ sie nicht ziehen, ohne sie umarmt zu haben und einen letzten Versuch zu unternehmen, sie umzustimmen. »Komm wieder, schlaf wenigstens bei uns! Du brauchst doch ein Bett für die Nacht. Ich schwöre, ich werde weder Hermann noch Felix verraten, was gestern geschah …«
     
    Kein Sonnenstrahl drang durch die grauen Wolken. Der Kanonendonner wurde immer lauter und stärker. Durch die Stadt strömten gewaltige Truppenkontingente. Doch Henriette hatte nicht weit zu gehen: in die Börse am Naschmarkt, wo das Lazarett-Komitee seinen Sitz eingerichtet hatte. Das war ein überaus prächtiges Bauwerk, doch nun drängten sich davor unzählige Verwundete, wütend oder erschöpft. Wer nicht mehr stehen konnte, lag oder saß auf der kalten Straße, gegen eine Wand gelehnt.
    Wie Jette den Rufen der Aufgebrachten entnahm, hatten diese an den Stadttoren Billetts für das Lazarett im Kornhaus erhalten. Doch das war hoffnungslos überfüllt.
    »Bitte lassen Sie mich durch, ich werde helfen!«, rief sie. Wider Erwarten schob ein kräftiger Grenadier die Männer beiseite, damit sie hineingehen konnte.
    Sie fragte sich zum diensthabenden Lazarettverwalter durch, einem älteren Mann mit dichtem grauem Backenbart. Der musterte sie unwirsch, als sie erklärte, sich freiwillig als Krankenpflegerin zu melden.
    »Trauen Sie sich das wirklich zu, Fräulein?«, knurrte er. »Wir können zwar weiß Gott jede Hand brauchen, aber wenn Sie beim ersten Anblick von Blut ohnmächtig werden, ist niemandem geholfen.«
    »Ich habe bereits seit Monaten in den Freiberger Lazaretten geholfen. Hier ist ein Empfehlungsschreiben von Dr. Bursian.« Sie holte aus ihrem Korb das Papier hervor, das sie Bursian unter dem Vorwand abgerungen hatte, sich später vielleicht einmal eine Anstellung als Pflegerin zu suchen.
    Mit hochgezogenen Augenbrauen las der grimmige Verwalter die Zeilen. »Wirklich ausgezeichnete

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