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1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

Titel: 1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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der Magistrat wissen musste.
    »Die Franzosen requirierten vorhin viel mehr als die geforderte Menge Pech, dazu Reisig und anderes mehr. Sie können damit nicht nur die Elsterbrücke sprengen, sondern jedes einzelne Haus am gesamten Ranstädter Weg in Brand stecken.«
    »Der Herr steh uns bei! Und was ist mit der Sprengladung am Grimmaischen Tor? Ist sie inzwischen unauffällig beseitigt?«, fragte Bürgermeister Friedrich Huldreich Carl Siegmann entsetzt. Er war krank, so krank, dass er das ganze Jahr über sein Amt kaum hatte ausüben können. Aber in diesen furchtbaren Tagen durfte er darauf keine Rücksicht nehmen.
    »Ja«, bestätigte der Schreiber, und der Bürgermeister wischte sich erleichtert den Schweiß von der Stirn.
    Ein Polizeileutnant hatte bemerkt, dass große Mengen Patronen und Pulver unter der Brücke am Grimmaischen Tor lagen. Deshalb beauftragte der Magistrat ein paar Sänftenträger, das explosive Material klammheimlich wegzuschaffen und in den Wassergraben zu werfen.
    »Wir können sicher die Fuhrleute dazu bringen, den Transport des Pechs zu sabotieren und die Wagen in dem Gedränge, das unweigerlich am Ranstädter Weg herrschen wird, umkippen zu lassen«, schlug Artur Reinhold Münchow vor. »Soll ich das unauffällig arrangieren?«
    »Tun Sie das, tun Sie das!«, meinte der Jurist und Bürgermeister Siegmann sofort und atmete deutlich hörbar auf. »Und lassen Sie uns alle beten, dass die Alliierten dem Kaiser die drei Tage für den Abzug gewähren!«
    Alle im Saal Versammelten nickten. Doch niemand glaubte daran.
     
    Die Pferde Napoleons und seiner Begleiter wurden schon seit zwei Uhr morgens zum Aufbruch bereitgehalten. Doch der Kaiser hatte bis tief in die Nacht zusammen mit Berthier, Caulaincourt und Außenminister Maret im Hotel de Russie am Rossplatz gearbeitet und Befehle bis ins kleinste Detail diktiert: sämtliche Festlegungen für den weiteren Rückzug, Anweisungen für Dresden und Torgau, Hamburg, Erfurt, Fulda, zur Proviant- und Munitionsbeschaffung …
    Dies hier war noch lange nicht das Ende. Er würde sich wieder erheben!
    Und wenn sich Leipzig auch zu einer Niederlage wandelte – durch Schuld der Sachsen, nur durch Schuld der abtrünnigen Rheinbündler, die ihm in den Rücken gefallen waren! –, so wollte er sich nicht noch zusätzlich dadurch demütigen, die Stadt bei Nacht und Nebel oder in würdeloser Hast zu verlassen.
    Seine Equipagen und die Trainwagen mit seiner Ausrüstung wusste er bereits sicher in Lindenau, und die Straße dorthin, weg von Leipzig in Richtung Weißenfels, hielt ihm sein Schwiegervater frei, der Kaiser Franz .
    Morgens halb neun klangen schon Schüsse von der Grimmaischen Vorstadt her.
    Doch ein Napoleon Bonaparte ließ sich davon nicht zur Eile treiben.
    Kurz vor neun Uhr bestieg der Kaiser sein Pferd und ließ sich durch das Grimmaische Tor zum Quartier des sächsischen Königs geleiten.
    Dieser erwartete den Besuch schon; sie hatten an diesem Tag bereits Briefe ausgetauscht. Der Kaiser schickte die Mitteilung, er habe dem König sein Sächsisches Gardebataillon zurückgesandt, damit es für den Schutz der königlichen Familie sorge. Und Friedrich August bedankte sich unterwürfigst dafür. Er unterzeichnete mit »Euer guter Bruder«, obwohl er wusste, dass dies sein letzter Brief an den schon so gut wie besiegten Kaiser sein würde.
    Jetzt gebot die Stunde, Verbindung mit dem Zaren, Kaiser Franz und notgedrungenermaßen auch mit Friedrich Wilhelm von Preußen aufzunehmen.
    Doch diesen Gedanken behielt Friedrich August von Sachsen wohlweislich für sich, als er Bonaparte ehrerbietig und in voller Uniform auf der prachtvollen Treppe des Apelschen Hauses entgegenging.
    Die beiden Herrscher – der besiegte Kaiser und der König, der noch nicht begriff, dass auch er zu den Besiegten zählte – umarmten sich protokollgemäß und gingen hinauf in die Beletage.
    Alle anderen mussten im Vorzimmer bleiben. Diesmal nahm sich Napoleon keine Zeit dafür, mit der Königin und der Prinzessin ein paar galante Worte auszutauschen. Er dirigierte den König sofort ans Fenster, damit sie dort leise und unter vier Augen sprechen konnten.
    »Wollen Eure Majestät mich wirklich nicht begleiten?«, erneuerte der Kaiser seine Offerte, den König mit sich zu nehmen, seinen vermeintlich treuen Vasallen. »In Sicherheit, bevor die Stadt von den Alliierten gestürmt wird?«
    Friedrich August von Sachsen bedankte sich höflich für dieses Angebot vermeintlicher Rettung.

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