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1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

Titel: 1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Kommandanten, so aufgewühlt, dass er darüber vergaß, nicht ohne Aufforderung vor Ranghöheren sprechen zu dürfen. Mehrere junge Offiziere in seiner Nähe stimmten ihm zu.
    »Ja, dies ist eine Schicksalsstunde für unser Land!«, antwortete Thielmann ihnen. »Die Regierung steht unter höchstem Druck. Vielleicht wartet sie nur darauf, dass wir hier einen kühnen Entschluss fassen und alles wagen?«
    Auffordernd sah er in die Runde … und erkannte Scham und Verlegenheit auf den meisten Gesichtern.
    Er atmete tief durch, sprach in Gedanken ein kurzes Gebet und sagte: »Wenn Sie sich einstimmig dazu bekennen, werde ich das Kommando behalten und Torgau weiter neutral halten, sowohl gegen die Franzosen als gegen die Verbündeten.«
    In Voraussicht dieser Lage hatte er größere Vorräte an Proviant und Futter anlegen lassen als vorgeschrieben; wenn Offiziere und Mannschaften hinter ihm standen, konnten sie auch einer längeren Belagerung trotzen – lange genug, bis die Alliierten hier waren.
    Er richtete einen auffordernden Blick auf den Gardeleutnant Franz von Dreßler. »Wir erbitten diesbezüglich eine separate Besprechung unter uns«, erklärte dieser zögernd nach einer wortlosen Verständigung mit den jüngeren Offizieren, die bei ihm standen. Die Armee war sein ganzer Stolz; schon sein Vater hatte als Offizier im Leibgrenadierregiment gedient, sein älterer Bruder Friedrich ebenso. Und jetzt wusste er einfach nicht, was richtig war. Auf keinen Fall wollte er Schande über die Familie bringen.
    Die anderen Offiziere signalisierten Zustimmung. Thielmann akzeptierte, und die Männer gingen hinaus bis auf ihn und von Aster. Es dauerte keine zehn Minuten, bis sie zurückkamen und mit betretenen Mienen verkündeten, sie würden es nicht über sich bringen, sich dem Befehl des Königs zu widersetzen.
    Thielmann tauschte mit Aster einen Blick.
    »Dann übertrage ich hiermit das Kommando an General von Steindel. General von Gersdorff, bringen Sie das dem König.«
    Er reichte ihm das kurze Entlassungsgesuch, das er am Nachmittag geschrieben hatte.
    Ein weiteres Bündel Papiere hielt er hoch und warf es für alle sichtbar in die Flammen des Kamins. »Dies sind die Verpflichtungserklärungen der Kommandanten der Außenwerke. Sie sind von Ihrem Eid an mich entbunden. Meine Herren, seien Sie mit Gott! Die Zukunft wird zeigen, wer von uns dem Vaterland den wahren Dienst erwiesen hat.«
    Ohne ein weiteres Wort verließ er den Raum, von dem aus er mehrere Monate lang die Geschicke Torgaus gelenkt hatte. Ernst Ludwig von Aster folgte ihm.
     
    Die Kunde vom demonstrativen Weggang des Kommandanten und dem drohenden Einzug der Franzosen hatte sich wie ein Lauffeuer in der Stadt verbreitet. Eine riesige Menschenansammlung wartete vor dem Schlosstor, Soldaten wie Zivilisten.
    »Bleiben Sie!«
    »Lassen Sie uns nicht im Stich, Euer Hochwohlgeboren!«
    »Liefern Sie uns nicht den Franzosen aus!«
    Solche Rufe vermischten sich zu einer einzigen lärmenden Klage.
    »Schauen Sie auf diese Menschen! Jetzt ist genau das eingetreten, was ich seit langem fürchtete – der Bruch zwischen dem König und seinem Volk«, sagte Thielmann zu seinem früheren Adjutanten. »Aber ein Soldat, das ist meine tiefste Überzeugung, sollte immer auch Soldat seines Volkes sein.«
    Die Bitternis der Stunde, die aufwühlenden Rufe der Torgauer ließen ihn erneut im Fieber erschauern und jagten eine Welle von Schmerz durch seinen Körper. Doch über Nacht zu bleiben kam nicht in Frage. Er wusste, dass von Steindel trotz der Dunkelheit schon einen Offizier mit der Nachricht zu Reynier geschickt hatte, dieser könne morgen früh die Festung übernehmen.
    Das anzusehen vermochte er nicht zu ertragen. Ganz abgesehen davon, dass ihn die Franzosen wahrscheinlich umgehend vor ein Exekutionskommando stellen würden.
    »Zu den Russen oder den Preußen?«, fragte von Aster lakonisch.
    »Richtung Bautzen«, entschied Thielmann sofort. Der Zar würde ihn vermutlich eher in seine Dienste nehmen als der König von Preußen.
    »Dann sind wir in guter Gesellschaft«, meinte der Militäringenieur mit gespielter Leichtigkeit. Ihnen beiden war klar, dass sie im Falle eines Kampfes nun auch der sächsischen Armee gegenüberstehen würden, den Truppen, die Thielmann bis eben noch in Torgau kommandiert hatte, den eigenen Landsleuten. Offizieren, mit denen sie bis eben noch an einem Tisch gesessen hatten.
     
    Als Napoleon vom Übergang Thielmanns erfuhr, schrieb er dem

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