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1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

Titel: 1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Gnade, sofern sie nur Reue zeigen. Bonne nuit!«
    Als sie die Tür des Salons hinter sich geschlossen wusste, fragte Jette leise: »Wer ist der Hofrat Becker, und weshalb hat man ihn inhaftiert?«
    »Rudolph Zacharias Becker, der unter anderem den
Allgemeinen Anzeiger der Deutschen
herausgibt«, erklärte der Oheim. »Er besitzt eine Buchhandlung in Gotha. Verhaftet wurde er wegen eines Aufsatzes in seiner
Nationalzeitung.
«
    Jette war sich völlig sicher, dass der Major diese Meldung keineswegs fast vergessen hätte. Es sollte eine Warnung sein. Sie standen also nach wie vor unter Verdacht.
    Und jetzt sollte sie auch noch mit diesen beiden Männern tanzen, dem durchtriebenen, Gefahr verheißenden Major und seinem sich so charmant gebenden Sohn.
    Kaum hatte sie die Tür zur Bibliothek hinter sich geschlossen, zerrte sie das Band aus den Haaren, das die Locken zusammenhielt, und fuhr sich mit den Fingern so oft durch die Haare, bis sie wieder beinahe glatt waren.
     
    »Hast du gesehen, wie sie errötet ist?«, fragte der Major seinen Sohn, als sie im Salon unter sich waren. »Ganz bestimmt noch eine Jungfrau. Obwohl man nie sicher sein kann, bevor man sie nicht selbst probiert hat. Sie gefällt dir, nicht wahr? Hol sie dir – sie wird keine Herausforderung für dich sein. Ein paar tiefe Blicke in die Augen, ein paar Komplimente, und schon liegt sie in deinen Armen. Sollte sie sich zieren, kann ich ja ein wenig nachhelfen. Diese Buchdrucker haben immer irgendwo irgendwelche verbotenen Sachen versteckt. Und sie wird doch nicht wollen, dass dem lieben Oheim etwas zustößt, da sie ohnehin schon Waise ist?« Er lachte auf. »Lass dir nicht zu viel Zeit! Sonst hole ich sie mir.«
    »Danke für Ihren Rat, aber ich schaffe das allein«, wehrte sein Sohn ab. Das Letzte, was er wollte, war, dass sich sein Vater da einmischte.

Auf der anderen Seite
    Kaiserlich-Russisches Hauptquartier in Wurschen, östlich von Bautzen, 12 . Mai 1813
    O hne Torgau und Ihre Truppen sind Sie hier kaum von Nutzen.«
    Diese kühle Begrüßung durch den Chef des russischen Generalstabs, Fürst Wolkonsky, traf den aus sächsischen Diensten geschiedenen Freiherrn von Thielmann wie ein Hieb in den Nacken. Zu anderen Zeiten wäre er aufgebraust. Aber nach den Ereignissen der letzten Tage, seinen Selbstzweifeln, Selbstvorwürfen und dem jähen Ende seiner glanzvollen sächsischen Militärlaufbahn hatte er dem nichts entgegenzusetzen.
    Er brachte nur ein knappes »Wie Euer Exzellenz meinen« heraus, grüßte und verließ den Empfangsraum des Herrengutes in dem kleinen sorbischen Bauerndorf, wo die Verbündeten vorübergehend ihr Hauptquartier eingerichtet hatten.
    Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, verharrte er, statt zur Treppe zu gehen.
    Blieb ihm jetzt nichts weiter übrig, als bei den Preußen um Aufnahme zu bitten, nachdem die Russen ihn so eiskalt abgewiesen hatten? Wenn er daran dachte, wie ungünstig die Audienz beim preußischen König vorigen Monat in Dresden verlaufen war, konnte er sich nicht dazu durchringen. Vielleicht hätte er sich doch lieber eine Kugel durch den Kopf jagen sollen.
    Der Gedanke war verlockend. Ja, es schien der einzige Ausweg. Er würde sich einen ruhigen Ort suchen, einen Abschiedsbrief an seine Frau schreiben und dann mit eigener Hand und aus eigenem Entschluss tun, was ihm noch blieb. Spätere Generationen würden hoffentlich ein gerechtes Urteil über ihn fällen. Er war kein Verräter.
    Jemand kam die Treppe herauf: der Generaladjutant des Zaren, Oberst Ludwig von Wolzogen, der ihn erkannte und aus seiner zivilen Kleidung und seiner Miene sofort die richtigen Schlüsse zog.
    »Sie haben Ihren Dienst in Sachsen quittiert. Und Fürst Wolkonsky hat Sie nicht gerade gnädig empfangen?«, meinte er vage lächelnd nach einem kurzen Blick in Thielmanns Gesicht. »Nehmen Sie sich das nicht zu Herzen, Exzellenz. Es geht hier gerade etwas turbulent zu. Ich verschaffe Ihnen eine Audienz bei Seiner Kaiserlichen Hoheit. Der Zar schätzt Sie. Ich versichere Ihnen, er wird Sie im Rang eines Generalleutnants der russischen Armee einstellen und mit ausreichend Geld versehen, damit Sie und Ihre Familie ein standesgemäßes Leben führen können. Gehen Sie in den linken Flügel, dort treffen Sie weitere Landsleute, die nach der Rückkehr Ihres Königs zu Napoleon die sächsische Armee verlassen haben. Es gab da in den letzten Tagen einen regelrechten Kahlschlag in Generalität und Offizierskorps …«
    Thielmann bedankte

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