1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)
Armeen vereinigen, und für die von ihnen Eingeschlossenen gab es keinen Rückzugsweg mehr.
Das war also Napoleons Plan: die mit Eintreffen von Neys Armee zahlenmäßig fast um die Hälfte unterlegenen Alliierten einzukesseln und zu vernichten.
Um ein Uhr hatte die Brigade Röder unter blutigen Opfern Preititz zurückerobert und erhielt Befehl, das Dorf wieder an Barclay de Tolly zu übergeben und sofort erneut auf den Kreckwitzer Höhen Stellung zu beziehen. Vier von Treptes Männern waren gefallen. Drei Verwundete, die nicht laufen konnten, mussten sie zurücklassen und darauf vertrauen, dass sich dort jemand ihrer annahm.
Die Hälfte der Männer, die er wieder mitgebracht hatte und die nun schweißüberströmt und erschöpft den Höhenzug erklommen hatten, war zumindest leicht verwundet.
Marie, die Frau seines Korporals Beier, die ihren Mann als Marketenderin auf den Feldzügen begleitete, kam ihnen schwer atmend mit zwei Eimern voll Wasser entgegen.
Sie warf einen Blick auf die feindlichen Truppen, die sich gegenüber in Stellung gebracht hatten, drehte ihnen ungerührt den Rücken zu und meinte zu Trepte: »Ich dachte, es ist gerade noch Zeit, um etwas zu trinken. Quellwasser, eiskalt, ich hab’s von sonst wo hergeschleppt für euch.«
Die Männer starrten Marie wie einen Engel an, obwohl sie äußerlich wenig von einem Engel hatte: stämmig, das struppige braune Haar verschwitzt unter der weißen Haube, die blaue Regimentsjacke über dem Rock.
Sie waren alle wie ausgedörrt von der Hitze des Tages, dem Rauch und dem Kampf, und ihre Feldflaschen längst leer.
Nur Werslow, ein hünenhafter Füsilier mit einer immer noch blutenden Wunde über der Schläfe, beschwerte sich. »Sonst kriegen wir von dir Stärkeres als Wasser vor der Schlacht! Ist dein Branntweinfässchen leer? Dann würde ich Kapitulation in Betracht ziehen.«
»Ihr seid gerade
nach
der Schlacht und müsst trinken bei der Hitze, sonst fallt ihr mir um wie die Fliegen«, wies ihn Marie ungerührt zurecht. »Bis
vor
der Schlacht, jedenfalls bis zur nächsten, sind noch ein paar Minuten, schätze ich. Also hab hier nicht die große Klappe, Werslow, und sei dankbar für die Erfrischung! Dann kriegst du von mir auch einen schmucken Verband um deinen angeschlagenen Schädel. Lässt dich sicher etwas hübscher aussehen.«
Die Männer belustigten sich darüber, wie die Marketenderin wieder einmal dem Großmaul Paroli bot, der tatsächlich grinsend verstummte, zumindest für den Moment.
Trepte bekam als Erster einen zerbeulten Becher voll mit klarem, kühlem Quellwasser. Durstig trank er und bedankte sich. Am liebsten hätte er den ganzen Eimer über sich gegossen. Marie Beier tauchte den Becher erneut in den Eimer aus starkem Leinen und füllte Treptes Feldflasche auf. Dann begann sie, die schubsenden Männer unter Einsatz ihrer beträchtlichen Muskelkraft ein wenig zu ordnen und zur Eile anzutreiben.
»Und nicht mit euern verdreckten Flaschen in mein schönes Quellwasser! Ach, ihr traurigen Helden!«, schimpfte sie. »Triskow, überwach du das Verteilen. Ich kümmere mich derweil um die Wunden von Werslow und Müller. Dachte ich mir schon, dass sich keiner von den Feldchirurgen bei euch blicken lässt …«
»Gott segne dich, du prachtvolles Weib!«, dröhnte der hünenhafte Werslow, der offensichtlich seine Sprache wiedergefunden hatte, während Marie zusammengerollte Leinenstreifen aus ihren ausgebeulten Schürzentaschen holte, ihm die Kopfwunde säuberte und verband.
»Solltest du endlich zu der weisen Erkenntnis kommen, dass du es bei mir besser haben könntest als bei deinem Heinrich – ich würde dich auf Händen tragen!«
Marie warf ihm einen spöttischen Blick zu. »Auf
den
Pranken? Niemals, du Hänfling! Mein Heinrich hat Qualitäten, die ich dir nicht zutraue.«
Doch nach einem Blick auf den Premierleutnant würgte sie die sofort einsetzenden Prahlereien der Männer mit einer ungeduldigen Handbewegung ab. Auch sie hatte gesehen, was gegenüber vor sich ging. »Los, beeilt euch, füllt eure Flaschen!«
»Gehen Sie nach hinten und suchen Sie Deckung, hier wird es gleich sehr heftig zugehen!«, wies Trepte sie an, nachdem sie rasch noch die klaffende Wunde am Kinn des Soldaten Müller verbunden hatte.
Marie nickte, gab unter allgemeinem Johlen ihrem Heinrich einen Kuss und ermahnte ihn: »Lass dir ja nicht einfallen, dich hier von einer französischen Kugel umpusten zu lassen! Sonst geh ich doch zu Werslow!«
»Komm zu mir,
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