1818 - Altar der Teuflischen
Nische in der Wand.
Der breite Stahl tastete sich vor. Sein Ende bewegte sich zur linken Seite hin. Es erfasste das Gerüst. Der Lichtstrahl ließ das Geländer an einigen Stellen glänzen und huschte über das Mauerwerk hin, bis er dort anhielt, wo sich die Stelle mit der Nische in der Wand befand. Mit dem Altar, auf dem die steinernen Teuflischen befunden hatten. Er konnte es von hier unten aus nicht genau erkennen, aber er war überzeugt davon, dass die Nische immer noch leer war.
Er stieß einen leisen Fluch aus. Er überlegte, ob er noch einmal nach seinem Freund rufen sollte. Er kannte diese Geduldspiele, mit denen man Menschen mürbe machen konnte.
Etwas wollte Johnny trotzdem noch wissen. »Gib ein Zeichen, Tim, damit ich weiß, dass du noch lebst.«
Nein, er gab kein Zeichen. Man ließ ihn nicht. Oder er war nicht mehr dazu in der Lage, einen Laut hervorzubringen.
Johnny kam sich vor wie ein Spielball. Die andere Seite führte Regie, sie bestimmte den Ablauf, und Johnny konnte daran nichts ändern.
Die Vorstellung, dass Tim nicht mehr lebte, trieb ihm den Schweiß auf die Stirn. Er spürte in seiner Kehle ein Würgen und bekam nicht mehr richtig Luft. Wie gern hätte er jetzt einen Helfer an der Seite gehabt, aber das war nicht der Fall.
»Warum sagst du nichts, Tim? Lassen die Feiglinge dich nicht sprechen?«
Johnny hatte bewusst einen anderen Ton angeschlagen. Er hoffte, seine Gegner aus der Reserve zu locken, aber auch jetzt hatte er kein Glück. Sie blieben stumm und im Hintergrund.
Bewegungen gab es nicht auf der Galerie. Man konnte da von einer Ruhe vor dem Sturm sprechen, die aber nicht blieb, denn plötzlich war etwas zu hören.
Zwar nur ein Geräusch, aber immerhin. Zudem war es von oben herab geklungen.
Johnny hielt den Atem an.
Das Geräusch hatte sich wie das Echo eines Schritts angehört, und dabei blieb es nicht. Er hörte jetzt die Schritte auf den Holzbohlen, und jetzt war es gut, dass er die Lampe noch in der linken Hand hielt. Er brauchte sie nur anzuheben und in eine bestimmte Richtung zu leuchten, was er sofort tat.
Das Licht erwischte das Gerüst und nicht nur das, denn es holte auch zwei Gestalten aus der Dunkelheit.
Die eine war Tim!
Er war bis an den Rand geschoben worden und wurde von einem der Steinernen gehalten. Das heißt, mehr umschlungen, denn der Unterarm lag an Tims Kehle.
Johnny fiel zunächst ein Stein vom Herzen, denn jetzt war er sicher, dass Tim noch lebte. Er musste nur eine Möglichkeit finden, ihn aus der Gewalt des Trios zu befreien.
Die anderen beiden Typen hatten sich hinter Tim und seinem Bewacher aufgebaut und starrten ebenfalls in die Tiefe.
Johnny wartete darauf, dass sich etwas tat, dass man ihm Bedingungen stellte, was aber nicht der Fall war. Die Gestalten auf dem Gerüst blieben vorerst stumm.
Johnny wartete. Er hoffte, dass der eine oder andere die Nerven verlor, aber das passierte nicht.
Der Zustand blieb.
Bis Johnny es nicht mehr aushielt. »Was soll das werden? Warum haltet ihr ihn fest? Er hat euch nichts getan.«
Und jetzt bekam er eine Antwort.
»Er war zu neugierig. Die Zeit war noch nicht reif. Auch sein Freund ist von der Neugierde gepackt worden, und wo das hinführt, das hast du gesehen. Wir werden nicht zulassen, dass etwas Bestimmtes passiert.«
»Was denn?«
»Dass man zu viel über uns weiß. Wir werden uns die Welt anschauen und dann entscheiden, was wir mit ihr machen.«
»Ihr?«
»Ja.«
»Darf ich fragen, wer ihr seid?«
»Das kannst du. Wir sind diejenigen gewesen, die man damals beim Bau der Kirche eingemauert hat. Wir sollten so etwas wie eine Abwehr bilden.«
»Wieso das denn?«
»Gegen andere. Gegen Angreifer aus fremden und mörderischen Reichen. Lebendig wurden wir eingemauert, aber wir starben nicht, und jetzt sind wir frei, und diese Freiheit werden wir nutzen. Die Kirche gehört uns, das war schon beim Bau so. Wer sich mit uns einlässt, der muss auch unsere Bedingungen akzeptieren.«
»Und die Menschen werden das tun? Seid ihr sicher?«
»Ja, es bleibt ihnen nichts anderes übrig. Der Baumeister dieser Kirche stand in Verbindung mit einem Dämon.«
»Das behauptest du!«
»Ja, wir sind die Hüter der Kirche, mehr kann ich dir nicht sagen.«
»Und was passiert jetzt?«
»Das ist ganz einfach. Wir werden unsere Kirche sauber halten. Kein menschlicher Müll darf uns stören. Und dein Freund ist menschlicher Müll. Wie auch sein Freund. Bei dir sind wir uns nicht sicher, aber wir glauben, dass
Weitere Kostenlose Bücher