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182 - Im Dorf der Telepathen

182 - Im Dorf der Telepathen

Titel: 182 - Im Dorf der Telepathen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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wenn jemand kam, an dem sie sich reiben mussten?
    Welch schreckliche Vorstellung, dass eine Gottheit mit den Menschen Schabernack trieb. Statt einer handfesten Hölle präsentierte sie ihnen die Kulissen eines billigen Schmierentheaters: ein kaltes Gebäude in einer öden, schmutzig-verschneiten Landschaft, in der dürre Bäumchen kahle Äste in die Luft reckten…
    Malie schüttelte sich. Dann: ein Scharren. Sie fuhr herum.
    Und prallte mit jemandem zusammen. Sein Schädel war hart wie Stein. Malie rutschte aus, verlor die Laterne.
    Knochige Finger krallten sich in ihre Oberarme. Sie verlor den Boden unter den Füßen und schlug mit dem Kopf auf. In einer winzigen Kammer ihres Hirns blitzten furchtbare Bilder auf. Nie mehr zurück, durchzuckte es sie.
    Nie mehr zurück…
    Ihre Sinne schwanden. Sie schloss mit dem Leben ab.
    ***
    Und erwachte in angenehmer Wärme in einem Himmelbett.
    Roter Schein. Malie räkelte sich. Sie war in Felle gehüllt. Ihr Blick huschte umher. Hohe Wände.
    Quadersteine. Irgendwo brannte ein Feuer. Roter Schein.
    Zwielicht. Es knisterte und knackte.
    Niemand zeigte sich. Malie tastete sich ab. Nichts gebrochen. Ihre Knochen waren gut in Schuss. Und ihr Geist? In ihr machte sich Nervosität breit.
    Malie versuchte sich zu entspannen. Sie verkroch sich in die Wärme ihres eigenen Körpers. Atmete langsam ein und aus. Schätzte die Lage ein. Zählte die Sekunden.
    Sie kam nicht weit. Schritte näherten sich. Malie spannte ihre Muskeln.
    Der Mann trug einen dunkelbraunen Samtanzug und kniehohe Lederstiefel. Er hatte blaue Augen und dunkles Haar. Er war schlank. Sah aus wie dreißig.
    Erst als er den Mund öffnete, fiel Malie ein, dass sie ihn kannte. Theopheel stand in Graf Zarrats Diensten. Er gehörte wohl zu den Menschen, die man geflissentlich übersah. Deswegen hatte er sich zum Alchimisten hochgestapelt.
    Laut Aruula war er nicht dumm. Malie war schon beim ersten Besuch im Land der Ewigen Nacht zu dem Schluss gelangt, dass er kein Avatar war, sondern ein Prüfling wie sie.
    »Kennst du mich noch? Wie lange war ich fort?«
    »Eine Woche? Ich weiß nicht.«
    Malie hatte ihre Fragen kaum gestellt, als ihr etwas einfiel: In Dymonton war sie Theopheel nicht begegnet.
    Bedeutete dies, dass er sich an einem anderen Ort aufhielt – oder existierte er in seiner bisherigen Rolle gar nicht? War er ein Agent des Weißen Ritters? Hatte er die Gehirnwäsche schon hinter sich?
    Beantworte die Frage nicht, Theopheel, sagte ihr telepathischer Sinn schnell. Ich weiß nicht, wer mithört.
    »Und natürlich kenne ich dich auch noch«, erwiderte Theopheel. »Du bist mit Aruula durch das Tor ins Freie gesprungen, nicht wahr? Entschuldige, dass ich dich umgehauen habe. Ich habe gedacht, du wärst einer von denen…«
    So gut, so schlecht: Er war nicht der, der zu sein er vorgab. Er hatte ihre Warnung nicht empfangen. Er war vermutlich doch nur ein Avatar, einer der Platzhalter, die die Macht einsetzte, um Prüflinge zu bewerten.
    Malie beschloss dennoch, auf sein Spiel einzugehen.
    Sie nannte ihren Namen und erkundigte sich nach denen, die mit ihr gekommen oder schon vor ihr hier gewesen waren. Gleichzeitig versuchte sie einen Weg aus dem Netz zu finden, in das zu verstricken sie sich fürchtete.
    »Wer kann das schon sagen.« Der Pseudo-Theopheel musterte sie treuherzig. »Ich schätze, momentan sind sie da und dort.« Er breitete die Arme aus. »Nachdem sich für Xordimor und seine Schergen die Pforte in die Freiheit geöffnet hatte, sind die meisten fort gegangen. Frag mich aber nicht, wohin. Sie wollten den Weg zurückgehen, den sie gekommen sind, weil sie hofften, dass sie dann wieder nach Hause kommen. Aber wenn du mich fragst, wurden sie inzwischen von den Taratzen gefressen, die in diesen Wäldern leben.« Er seufzte.
    »Einige sind aber auch hier geblieben. Sie klopfen die Wände ab, um das Tor zu finden, das in die Wirklichkeit führt… Das Tor, durch das auch ihr geflohen seid. Es ist wohl nicht mehr dort, wo es früher war…«
    »Wir sind nicht geflohen« , sagte Malie fast aufgebracht.
    Das klang ja fast, als wären sie fahnenflüchtig geworden.
    »Aruula hatte die Prüfung bestanden und…« Sie hielt inne. Was redete sie da? Hatte sie es nötig, sich vor einem Avatar zu rechtfertigen? Außerdem hatte Theopheel die Aktion ja mit eigenen Augen gesehen. Der echte Theopheel, korrigierte sie sich.
    Der Pseudo-Theopheel kicherte. »Nun ja. Einige sehen es wohl anders. Sie meinen, ihr hättet sie im

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