1821 - Aus den Tiefen der Hölle
stehen, aber er schwankte leicht, sodass die Befürchtung bestand, dass er kippen könnte. Deshalb stützten Suko und ich ihn.
Jetzt ging es besser.
Auch Dr. Smith war zufrieden. Das zeigte uns sein Nicken. Er lächelte zudem. »Wenn er so bleibt, ist es okay.«
»Das will ich auch schwer hoffen«, sagte ich.
Nur ging er noch nicht. Da brauchte er einen Stoß, um seine Trägheit zu überwinden. Suko und ich packten ihn wieder. Diesmal an den Armen in Höhe der Ellbogen, und so zogen wir ihn auch vorwärts. Wenn er nicht auf den Bauch fallen wollte, musste er einen Schritt nach vorn machen, und das wäre ein Anfang gewesen.
Er tat es nicht.
Stattdessen blieb er stehen, und ich spürte, dass er seine Muskeln anspannte. Zugleich wurde die Rötung in seinem Gesicht noch intensiver.
Etwas passierte mit ihm, und das konnte mir nicht gefallen. Suko und ich warnten uns gegenseitig.
»Aufpassen, John.«
»Ich weiß.«
»Der steckt voller Aggressionen. Oder etwas in dieser Richtung.« Mehr brauchte Suko nicht zu sagen, denn wir erlebten selbst die Veränderung. Auch Dr. Smith, der vor uns stand, seinen Mund weit geöffnet hatte und uns regelrecht anstaunte. Die Rötung in Hales Gesicht nahm zu. Das war schon mehr als unnatürlich. Der Arzt schaute zu und winkte dabei mit beiden Händen ab. Er gab auch seinen Kommentar.
»Ich kann es mir nicht erklären. Das ist unmöglich. Wie kann sich jemand nur so verändern? Was ist das? Was steckt da in ihm?«
Wir konnten ihm keine Antwort geben, aber es war tatsächlich etwas vorhanden, das auch wir spürten. Es war die Hitze in seinem Innern, die jetzt durch die Haut nach außen drang.
Wir spürten sie, und wir sahen die tiefe Rötung in seinem Gesicht. Es wurde so heiß, dass wir ein schreckliches Ende befürchteten. Und das tat auch Richard Hale.
Er schrie plötzlich auf.
Dann riss er sich los. Er tat es so heftig, dass weder Suko noch ich ihn festhalten konnten. Wir flogen sogar zur Seite, sodass er freie Bahn hatte.
Ich fing mich und schaute wieder nach vorn.
Ich sah ihn.
Ich sah vor allen Dingen sein Gesicht, das eine dunkelrote Farbe angenommen hatte. Sein Mund war verzerrt und in die Breite gezogen, die Augen weit aufgerissen, sodass wir das Weiße darin sahen. Die Arme und die Schultern zuckten, als würden sie Stromschläge erhalten.
Das war nicht mehr normal. Es war sowieso hier nur noch wenig normal. Richard Hale hatte die Kontrolle über sich verloren. Seine Bewegungen wurden nicht mehr von ihm gelenkt.
Der Schrei!
Der letzte Schrei, der in seiner Kehle geboren wurde und durch den Raum hallte.
Wir hatten es geahnt, doch jetzt bekamen wir Gewissheit. Sein Kopf hatte nicht grundlos diese Farbe angenommen. Sie war zu intensiv, sie erhielt von innen Druck, und dem konnte die Haut nicht mehr widerstehen. Sie blähte sich auf – und platzte weg!
Wir hatten es uns schon gedacht und schauten entsetzt zu. Es sah schlimm aus, wie der Kopf explodierte und in alle Richtungen auseinander flog.
Knochen, Blut, Gehirnmasse, all dies verteilte sich im Raum. Es klatschte gegen die Wände, landete am Boden, und wir hatten Glück, dass wir nicht getroffen wurden.
Suko und ich hatten an den Seiten Deckung gefunden. Von dort aus beobachteten wir den Fortgang, und wir sahen einen kopflosen Körper im Raum stehen.
Er stand noch immer auf den Füßen, bis er anfing zu zucken. Das war der Anfang des Falls. Als hätte man ihm die Beine unter dem Köper weggeschlagen, so kippte der Torso um und blieb liegen…
***
Wir wagten kaum, Luft zu holen und standen nur da und starrten ins Leere.
Zahlreiche Gedanken schossen mir durch den Kopf. Suko erging es bestimmt ähnlich, und auch Dr. Smith war noch vorhanden. Er stand ein wenig abseits von uns und wischte mit einem Tuch durch sein Gesicht. Es hatte bei der Explosion etwas abbekommen. Auch sein Kittel war befleckt.
Sein Gesicht sah bleich aus. Als er das Tuch in einen Papierkorb warf, stöhnte er auf und schüttelte den Kopf, wobei er sich an uns wandte.
»Haben Sie eine Erklärung?«
Ich gab die Antwort. »Keine, auf die ich bauen würde. Da liegt einiges im Argen.«
»Das sehe ich auch so«, sagte Suko.
Der Arzt ballte die Hand zur Faust. »Aber es muss doch eine Erklärung geben. Das kann man doch nicht einfach so hinnehmen. Das ist alles nur – ach, ich weiß auch nicht. Ich bin Arzt, und ich muss hier passen.«
Ich konnte ihn verstehen. Auch ich stand da und schaute ins Leere. Aber in meinem Kopf jagten sich die
Weitere Kostenlose Bücher